Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Widerstand in Griechenland: Tausende protestieren bei 36 Grad
> Griechische Gewerkschafter gehen in Athen gegen drohende Entlassungen auf
> die Straße. Exfinanzminister Giorgos Papakonstantinou muss vor Gericht.
Bild: Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft Pame protestieren in Athen ge…
ATHEN taz | Einen „heißen Sommer in jeder Hinsicht“ haben Athener
Zeitungskommentatoren prophezeit – und sie behalten recht. Bei 36 Grad im
Schatten protestierten Tausende Staatsbedienstete am Dienstag in Athen
gegen die Sparmaßnahmen der konservativ-sozialistischen Regierung von
Antonis Samaras.
Unter dem Motto „Generalstreik – Wir sind Menschen, keine Zahlen“
schwenkten sie griechische Flaggen und schwarze Protestbanner. Die
kommunistische Gewerkschaft Pame rief zu einer Protestkundgebung am
Syntagmaplatz direkt vor dem Parlament auf. Einzelne Demonstranten wollten
vor Ort übernachten und ihre Streikaktionen am Mittwoch fortsetzen. Am
Dienstag fielen zahlreiche Flüge aus, die Fähren fuhren allerdings nach
Plan. Auch Hotels, Banken und Geschäfte sowie der öffentliche Nahverkehr in
Athen wurden nicht bestreikt.
Zuspruch erhielten die Gewerkschaften von der linken Oppositionspartei
Syriza: Am Parlamentseingang entrollten die Linksabgeordneten ein
Protestplakat mit dem Slogan „Entlasst die Regierung, nicht die
Arbeitnehmer“. Aktueller Anlass ist ein im Eilverfahren eingebrachter
Gesetzesentwurf, der Massenentlassungen und Zwangsversetzungen im
öffentlichen Dienst vorsieht. Das Gesetz soll am heutigen Mittwochabend vom
Parlament verabschiedet werden. Sollte die Regierung ihre äußerst knappe
Mehrheit nicht zusammenbekommen, droht ihr ein vorzeitiges Ende, meinen
Kommentatoren.
Die Verabschiedung des neuen Sparpakets gilt als Voraussetzung dafür, dass
Griechenland die nächste Hilfstranche der internationalen Geldgeber in Höhe
von 2,5 Milliarden Euro ausgezahlt bekommt. Von den Entlassungen betroffen
wären Angehörige der Stadtpolizei in Athen und anderen Großstädten sowie
Schülerlotsen. „Beim Sparen würde das kaum helfen, es geht nur darum,
Befehle der Troika blind auszuführen“, sagte Apostolos Kolovos,
Vorsitzender der Stadtpolizei-Gewerkschaft.
## Der Finanzminister verbreitet Optimismus
Die Protestaktionen haben schon am Wochenende begonnen. Seitdem bleibt der
Müll vielerorts liegen. Und während Finanzminister Jannis Stournaras am
Montag auf einer Europa-Tagung in einem Athener Luxushotel Optimismus
verbreitete und für 2014 eine Rückkehr zu Wirtschafts- und
Beschäftigungswachstum in Aussicht stellte, wurde seine Rede von einem
Hupkonzert übertönt. Denn ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt veranstaltete
die Stadtpolizei ein Auto- und Motorradkorso direkt vor dem Hotel.
Giorgos Papakonstantinou, der sozialistische Vorvorgänger von Stournaras,
hat derzeit ganz andere Sorgen. In der Nacht zum Dienstag hat das Parlament
seine Immunität aufgehoben. Nun muss sich Papakonstantinou aller
Voraussicht nach vor einem Sondergericht im Zusammenhang mit der
sogenannten Lagarde-Affäre verantworten: Es geht um eine Liste mutmaßlicher
Steuersünder mit Einlagen in der Schweiz, die er im Sommer 2010 von seiner
französischen Amtskollegin und heutigen IWF-Chefin Christine Lagarde
überreicht bekam.
Die Datei verschwand in der Bürokratie und tauchte im Oktober 2010 in
gekürzter Form wieder auf. Dem Exfinanzminister wird nun vorgeworfen, dass
er die Namen von Verwandten aus der Datei löschte. Er bestreitet dies und
sieht sich als Sündenbock. Seinem Nachfolger und heutigen
Vizeregierungschef Evangelos Venizelos wirft er mindestens Mitverschulden
vor. Immerhin hätten die beiden für jeweils neun Monate das
Finanzministerium übernommen.
16 Jul 2013
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
Griechenland
Eurokrise
Streik
Troika
Gewerkschaft
Demonstrationen
Griechenland
Griechenland
Athen
Wolfgang Schäuble
Griechenland
Wolfgang Schäuble
Niederlande
Polizei
Griechenland
Troika
Griechenland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Finanzkrise in Griechenland: Warum Athen mehr Geld braucht
Die Griechen kommen nicht auf die Füße. Ein drittes Hilfspaket ist
notwenig. Warum wird das Athener Finanzloch immer tiefer? Die wichtigsten
Antworten.
Staatshaushalt von Griechenland: Ein bisschen weniger pleite
Am Jahresende könnte Griechenland laut aktuellen Daten einen
Haushaltsüberschuss erreichen, da es weniger ausgibt. Diese Rechnung lässt
aber Zinsausgaben außen vor.
Drogenkonsum in Griechenland steigt: Überdosis Krise
„Ich hasse das Spritzen“, sagt Andreas aus Athen. Trotzdem ist der
arbeitslose Koch zurück auf Heroin. Die Billigdroge Sisa rührt er nicht an.
Schäubles Visite in Griechenland: Unter Freunden
Beim ersten Besuch seit Beginn der Krise lehnt der Finanzminister einen
neuen Schuldenschritt ab. Gleichzeitig sagt er dem Land weitere
Unterstützung zu.
Krise in Griechenland: Parlament verabschiedet Sparpaket
Die Debatte war hitzig, jetzt ist das Gesetz durch. 15.000 griechische
Staatsbedienstete werden entlassen. Pünktlich zum Besuch von Wolfang
Schäuble.
Besuch von Schäuble in Athen: Versuch einer Charme-Offensive
Deutschlands Finanzminister wagt sich nach Griechenland und bringt offenbar
Geschenke mit. Ein Vorvertrag für eine Förderbank soll unterzeichnet
werden.
Allianz rechter Parteien: Die europafeindliche Supergroup
Der Niederländer Geert Wilders bastelt an einer neuen taktischen
Rechtsallianz. Sie könnte bei den Wahlen zum EU-Parlament 2014 erfolgreich
sein.
Deutsche Hilfe für türkische Polizei: Die Linke verlangt Stopp
Ginge es nach der Linkspartei, sollte die Bundesregierung keine Hilfe für
die Polizei eines undemokratischen Regimes leisten. Doch ihre Forderung
stößt bis jetzt auf Ablehnung.
Kommentar Griechenland: Spaltmittel Vitamin B
Die Gewerkschaften protestieren gegen Entlassungen im Öffentlichen Dienst.
Doch nicht jeder teilt die Empörung, denn die Jobs dort werden meist über
Beziehungen verteilt.
EU-Kommissarin zur Euro-Krise: Reding will die Troika kippen
Europa braucht nicht mehr die Hilfe des IWF, findet EU-Justizkommissarin
Vivane Reding. Deswegen will sie die Troika zur Überwachung von
Euro-Krisenländern abschaffen.
Streik in Griechenland: Polizisten besetzen Gebäude
Die griechische Beamten-Gewerkschaft hat ihre Mitglieder zur Besetzung von
Verwaltungsgebäuden aufgerufen. Die Polizei kam dem Aufruf nach.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.