# taz.de -- Begehrte Rohstoffe aus dem Kongo: „Gefährliche Kinderarbeit“ | |
> Die Gesetzgebung der USA gegen Konfliktrohstoffe ist kein Vorbild für | |
> Europa, meint Andreas Manhart vom Öko-Institut. Damit würden | |
> Arbeitsplätze vernichtet. | |
Bild: Coltan-Gewinnung in Ruanda. | |
taz: Herr Manhart, was wollte die US-Regierung mit dem als „Dodd-Frank Act“ | |
bekannten Gesetz im Kongo erreichen? | |
Andreas Manhart: Sie wollte vor allem im Osten des Landes einen Beitrag zur | |
Befriedung leisten. Dort herrscht, auch nach dem offiziellen Ende des | |
Krieges, immer noch ein Bürgerkrieg. | |
Ursache dafür sind die im Westen begehrten Rohstoffe? | |
Nicht nur, aber sie sind ein wichtiger Faktor. Viele Rebellengruppen | |
finanzieren sich, indem sie Gewinne aus dem Bergbau abschöpfen. | |
Und funktioniert der Dodd-Frank Act wie beabsichtigt? | |
Er hat das Thema „Rohstoffe aus Konfliktgebieten“ ganz oben auf die Agenda | |
gesetzt, global und bei der kongolesischen Regierung. Das ist gut. Für die | |
Rebellen ist es schwieriger geworden, sich über Rohstoffe zu finanzieren. | |
Aber es gibt auch negative Auswirkungen. Arbeitsplätze im Bergbau wurden | |
vernichtet, illegale Strukturen – etwa Schmuggel – haben sich verstärkt. | |
Die EU plant eine ähnliche Gesetzgebung. Was kann Brüssel von den USA | |
lernen? | |
Dort müssen alle Unternehmen, die bestimmte Erze verwenden, im Rahmen ihrer | |
Möglichkeiten die Konfliktfreiheit nachweisen. Nun zeigt sich: Das bewährt | |
sich etwa bei Minen oder Raffinerien, also zu Beginn der | |
Wertschöpfungskette. Aber von Herstellern von Endprodukten, etwa von | |
Autoherstellern oder Zulieferern, aufwendige Zertifikate zu verlangen, ist | |
nicht sinnvoll. In den USA hat das dazu geführt, dass die Unternehmen gar | |
kein Coltan oder Zinn mehr aus dem Kongo verwenden. „Conflict free“ | |
bedeutet in der Realität dann meist „Congo free“. | |
Ist ein Boykott nicht die beste Methode, die Finanzierung des Konflikts | |
auszutrocknen? | |
Nein, das zeigen die Berichte von vor Ort. Die meisten | |
Entwicklungsorganisationen, zivilgesellschaftliche Gruppen, aber auch die | |
UN sind sich einig: Wir müssen im Kongo präsent bleiben, die Region braucht | |
eine wirtschaftliche Perspektive. Wo sollen wir denn all die Kämpfer hin | |
demobilisieren, wenn es keine Einkommensmöglichkeiten gibt? | |
Was also soll die EU machen? | |
Wir empfehlen einen Ansatz, der staatliche Regulierung sowie Initiativen | |
mit der Bevölkerung und der lokalen Regierung verbindet. Wer also am Anfang | |
der Wertschöpfung steht, sollte nachweisen, dass seine Geschäfte keine | |
Konflikte finanzieren. Ansonsten brauchen wir Initiativen aus der | |
Industrie, mit der Bevölkerung vor Ort einen verantwortungsvollen Bergbau | |
zu etablieren. Dort arbeiten keine großen Konzerne, die Erze werden von | |
unzähligen Kleinunternehmern in Handarbeit abgebaut. Wir müssen „stabile | |
Inseln“ in der Region schaffen, die sich bei entsprechender Unterstützung | |
hoffentlich ausbreiten. | |
Rohstoffabbau ist in vielen Weltregionen mit sehr negativen sozialen und | |
ökologischen Folgen verbunden. Wieso brauchen wir Regeln nur für den Kongo? | |
Eine Regulierung sollte offen formuliert werden. Aber letztlich haben damit | |
natürlich alle den Kongo im Sinn, denn dort geht es um viel Schlimmeres: um | |
gefährliche Kinderarbeit, um katastrophale Menschenrechtsverletzungen und | |
Konflikte. Es ist richtig, das vorrangig zu behandeln. | |
Trotzdem, wenn die EU schon ein aufwendiges Regelwerk für | |
Rohstofftransparenz erstellt, sollte sie dann nicht gleich den ganz großen | |
Wurf versuchen? | |
Immerhin befassen sich Industrie, Politik und Öffentlichkeit nun | |
eingehender damit, woher unsere Rohstoffe eigentlich kommen. Aber so schade | |
es ist: Sie können nicht von heute auf morgen mit einer staatlichen | |
Regulierung die ganze Rohstoffwirtschaft komplett fair gestalten. | |
28 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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