# taz.de -- Union streitet um Homo-Gleichstellung: Denkt denn keiner an die Kin… | |
> Der Chef der Unionsfraktion, Volker Kauder, will kein volles | |
> Adoptionsrecht für Homo-Paare. Parteifreunde reagieren empört. | |
Bild: Pocht mal wieder auf das Kindeswohl: Volker Kauder. | |
BERLIN taz | Bevor sich CDU-Politiker im harmonieseligen | |
Bundestagswahlkampf öffentlich per Pressemitteilung anraunzen, muss schon | |
ein mittlerer Hammer passieren. Das jüngste Interview von Volker Kauder, | |
Chef der Unionsfraktion im Bundestag, mit dem stark traditionsfamiliär | |
orientierten [1][c][2][hristlichen Magazin] [3][pro] gehörte nach Ansicht | |
einiger Parteifreunde wohl in diese Kategorie. | |
Volker Kauder („Jesus Christus ist unser Maßstab“) machte der evangelikalen | |
pro-Leserschaft – die man mit dieser Charakterisierung gewiss nicht | |
beleidigt – ein Wahlversprechen, das Schwule und Lesben in der christlichen | |
Partei selbst als Affront empfinden müssen. Das volle Adoptionsrecht für | |
homosexuelle Paare könne mit der Union „in keiner Koalition vereinbart | |
werden“, versicherte Kauder. Begründung für diesen Superlativ, der so tut, | |
als sei die Union allein in der Regierungswelt: Beim Adoptionsrecht dürfe | |
es ausschließlich um das Kindeswohl gehen. Doch nach den „Erkenntnissen der | |
analytischen Psychotherapie“, welche auch immer er meinen könnte, sei es | |
„für Kinder das Beste, wenn sie väterliches und mütterliches Prinzip | |
erleben“. | |
Die Gruppe der [4][Lesben- und Schwulen in der Union (LSU)] reagierte | |
empört. Kauder biedere sich mit seinen weder wissenschaftlich noch | |
gesellschaftlich haltbaren Thesen zum Kindeswohl bei „christlichen | |
Fundamentalisten an“, sagte LSU-Chef Alexander Vogt in einer schriftlichen | |
Mitteilung an die Presse. Und: Diese Position des Fraktionschefs sei „nicht | |
zukunftsfähig“ – denn: „Der Logik zufolge müsste man alleinerziehenden | |
Eltern die Kinder wegnehmen und sie in Obhut von Pflegeeltern geben – das | |
kann selbst Volker Kauder nicht ernsthaft wollen.“ | |
„Selbst Volker Kauder nicht“? – So grüßen sich wohl echte Parteifreunde. | |
Sicher ist: Der Streit wird der Union auch nach der Bundestagswahl in knapp | |
drei Wochen erhalten bleiben. Denn ihre potenziellen KoalitionspartnerInnen | |
– sowohl die FDP als auch SPD und die Grünen – versprechen dieser Tage den | |
WählerInnen, die Gleichstellung von Homosexuellen beim Adoptionsrecht zügig | |
voranzutreiben. Und auch das Bundesverfassungsgericht hat das | |
Adoptionsrecht für homosexuelle Paare auf der Agenda. | |
Zur Erinnerung: Bislang hat der traditionskonservative Mainstream in der | |
CDU und noch stärker der CSU alles versucht, die rechtliche Gleichstellung | |
Homosexueller zu sabotieren, wenigstens zu verschleppen. Alle | |
bürgerrechtlichen Projekte mussten mithilfe des höchsten Gerichts in | |
Karlsruhe durchgesetzt werden, hauptsächlich gegen die Parteien mit dem C – | |
dem Verfassungsgericht beugte sich die seit 2005 wirkende Regierungspartei | |
wenigstens teilweise. Inzwischen arbeiten in der Kanzlerinnenpartei auch | |
Abgeordnete, die offen bekennen, die bürgerrechtlichen Anliegen der Lesben- | |
und Schwulenbewegung zu teilen. | |
## Kaufmann: „Nicht vorfestlegen“ | |
Einer von ihnen ist Stefan Kaufmann, CDU-Direktkandidat in Stuttgart und | |
dort Konkurrent von Grünenchef Cem Özdemir. Er äußerte zum Zank um das | |
Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren der taz gegenüber: „Es ist | |
sinnvoll, sich in dieser strittigen Frage nicht zu weit aus dem Fenster zu | |
lehnen und Vorfestlegungen zu vermeiden“, so der Unionsparlamentarier, seit | |
2009 im Bundestag und dort erster offen schwules Fraktionsmitglied seiner | |
Partei im Bundestag. | |
Die Bemerkung des baden-württembergischen Kandidaten wird beim potenziellen | |
Koalitionspartner der Union, der SPD, Gefallen finden. Auf die Bekundung | |
Volker Kauders antworteten nämlich Johannes Kahrs, | |
SPD-Bundestagsabgeordneter aus Hamburg und Sprecher für schwul-lesbische | |
Angelegenheiten, und Johannes Dittmar, Vorsitzender Schwusos, eindeutig: | |
„Ein so diskriminierender und realitätsferner Standpunkt, wie ihn Herr | |
Kauder vertritt, ist für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht | |
hinnehmbar.“ | |
Seine Thesen seien auch in dem von ihm anvisierten Kreis von Christen nicht | |
mehrheitsfähig. „Die Mehrheit der evangelischen und auch der katholischen | |
Gläubigen ist weitaus offener als Herr Kauder.“ Es sei darüber hinaus | |
„gänzlich unverschämt“ und dreist, wenn Kauder sage, dass die Union „al… | |
tun“ werde, um die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare zu verhindern. | |
1 Sep 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.pro-medienmagazin.de/politik.html?&news%5Baction%5D=detail&a… | |
[2] http://www.pro-medienmagazin.de/politik.html?&news%5Baction%5D=detail&a… | |
[3] http://www.pro-medienmagazin.de/politik.html?&news%5Baction%5D=detail&a… | |
[4] http://www.lsu-online.de | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
Astrid Geisler | |
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