# taz.de -- Kommentar Homo-Gleichstellung: Die Unsicherheit der Kanzlerin | |
> Weil Angela Merkel „unsicher“ ist, werden Homosexuelle diskriminiert. | |
> Gut, dass sie das endlich vor einem Millionenpublikum kund tut. | |
Bild: Tut sich schwer mit den Homos: Kanzlerin Merkel in der ARD-Wahlarena. | |
Es kommt nicht oft vor, dass Angela Merkel ins Schwimmen gerät, dass sie | |
stottert. Die sonst so beherrschte Politikerin gerät selten in die | |
Defensive. | |
Am Montagabend ist das anders. In der [1][ARD-Wahlkampfarena] konfrontieren | |
150 Bürger die Kanzlerin mit ihren Fragen. Dabei sticht besonders ein Mann | |
hervor. Ob sie für das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare sei, will er | |
wissen. | |
Merkel windet sich. „Ich tue mich schwer damit“, sagt sie und stammelt vor | |
sich hin. „Ich bin ja nicht die einzige, die sich damit schwer tut.“ Sie | |
schaut den Mann nicht direkt an. | |
„Aber aus welchen Gründen?“, hakt der Zuschauer nach. | |
„Ich bin... ich denke... das ist ja eine kontroverse Diskussion. Es geht um | |
die Frage des Kindeswohls“, sagt Merkel. Sie möge da veraltet daherkommen, | |
aber „das muss ich jetzt aushalten.“ | |
„Sie stellen damit ihr Familienbild über den Gleichheitsgrundsatz“, wirft | |
der Zuschauer ihr vor. | |
„Ja ich..., schauen sie... Ich denke einfach, ich bin unsicher, was das | |
Kindeswohl anbelangt.“ | |
Dass sie derart unsouverän antwortet ist nicht verwunderlich. Denn | |
sachliche, nachvollziehbare Argumente, die gegen eine vollständige | |
Gleichstellung – auch im Adoptionsrecht – sprechen, gibt es schlicht nicht. | |
Deshalb muss sie ihre ablehnende Haltung mit Gefühlen, mit eigener | |
Unsicherheit und Vorurteilen erklären. Es wirkt, als fühle sie sich selbst | |
nicht wohl dabei. | |
## Es gibt relevante Unterschiede | |
Aber diese letzte Bastion kann sie nicht opfern, da muss sie standhaft | |
bleiben, auch wenn ihre Argumentation peinlich wirkt. Zu viel hat sie ihrer | |
Partei in den vergangenen Jahren abgerungen. Wehrpflicht weg, Atomausstieg | |
beschlossen, Hauptschule faktisch abgeschafft, für Mindestlöhne offen. Sie | |
hat die CDU entkernt. Vom Konservatismus ist nicht viel übrig geblieben. | |
Dass der Wahlkampf auch deshalb viele langweilt, weil sie kaum mehr | |
Unterschiede zwischen den Volksparteien Union und SPD erkennen, ist | |
verständlich. | |
Deshalb sind Merkels verschwurbelte Einlassungen zur Homogleichstellung so | |
wichtig, zeigen sie doch, dass es sehr wohl relevante Unterschiede gibt. | |
Wegen der Unsicherheit der Kanzlerin werden in Deutschland homosexuelle | |
Menschen diskriminiert. Gut, dass Merkel das am Montagabend vor einem | |
Millionenpublikum noch einmal deutlich gemacht hat. | |
10 Sep 2013 | |
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[1] http://www.ardmediathek.de/das-erste/ard-sondersendung/wahlarena-zuschauer-… | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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Ole von Beust | |
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