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# taz.de -- Lebenspartnerschaft Ole von Beusts: Die Verführbaren
> Hamburgs Exbürgermeister von Beust ist eingetragen lebensverpartnert –
> mit einem 36 Jahre jüngeren Mann. Das verletzt angeblich das
> Stilempfinden.
Bild: Die Verführungen der Macht hinter sich gelassen: Ole von Beust.
Die Union hat sich, um es höflich auszudrücken, etwas schwer getan mit der
„Eingetragenen Lebenspartnerschaft“ für Homosexuelle – da ist es nur gut,
wenn ein prominentes CDU-Mitglied mit gutem Beispiel voranschreitet und
zeigt, wie es geht: Ole von Beust ist vor fünf Wochen, also schon vor dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der steuerlichen
Gleichstellung, eine solche mit seinem Lebensgefährten eingegangen.
Allein dies wäre eine hübsche Pointe, wenn nicht eine andere Geschichte
darunterläge, die die Gemüter beschäftigt: Der Altersunterschied zwischen
Ole von Beust (58) und Lukas Förster (22) beläuft sich auf 36 Jahre – und
in der Berichterstattung wird selten versäumt zu berichten, dass Förster 19
Jahre alt war, als die beiden sich kennenlernten. Und seinerzeit
Schülerpraktikant im Rathaus, eine Tatsache, die diverse Assoziationsketten
auslöst.
Schon als die beiden sich 2010 erstmals in der Öffentlichkeit zeigten,
wurde spekuliert, ob Ole von Beust sein Amt aufgegeben hätte, weil dieses
mit einer „solchen“ Liaison nicht vereinbar gewesen wäre – ganz so, als …
von Beust etwas Illegales täte. Dabei lag weder ein „Missbrauch von
Schutzbefohlenen“ vor, noch könnte sich jemand ernsthaft auf überkommene
„Verführungstheorien“ berufen, die womöglich noch immer irgendwo im
gesunden Volksempfinden herumwabern mögen und gleichwohl jeder Grundlage
entbehren.
Früher jedenfalls dachte man, dass junge Männer zur Homosexualität
verführbar seien, weshalb man das Schutzalter für solche höher hielt als
für Mädchen. Vorbei – so wie eben auch die Zeiten, in denen Menschen
aufgrund ihrer Homosexualität erpresst werden konnten, unvergessen der im
Jahr 2003 gescheiterte Versuch des damaligen Hamburger Innensenators Roland
Schill, Ole von Beust mit einem unterstellten Verhältnis zum damaligen
Justizsenator Roger Kusch unter Druck zu setzen.
## Der Mann könnte sein Vater sein
Doch bleibt es nicht allein bei schwulenfeindlichen Ressentiments, es gibt
ja schließlich auch noch die herkömmlichen: Der Mann könnte sein Vater
sein; wenigstens ist der junge Mann jetzt gut versorgt; wie peinlich es
doch ist, wenn sich alte Männer mit jungen … eigentlich: Frauen
verpartnern. Auch in heterosexuellen Zusammenhängen heben sich die Brauen,
wenn sich das Alter der Liebenden gar zu augenscheinlich unterscheidet.
Ist die Frau älter, so passt die Konstellation nicht mehr in die
Reproduktionslogik – weil sie womöglich keine Kinder mehr bekommen kann,
gilt die Bindung als nicht zulässig.
Ist der Mann zu alt, wird ihm egoistische Lieblosigkeit unterstellt, zu
mächtig ist das Klischee vom älter gewordenen Mann, der seine mit ihm älter
gewordene Frau zugunsten einer Jüngeren „im Stich lässt“ und womöglich
sogar noch einmal Kinder zeugt.
## „Gegen alte Autos ist überhaupt nichts einzuwenden“
Die ganz normale heteronormative Hölle, die Ole von Beust und Lukas Förster
getrost links liegen lassen können. Trotzdem es in ihr eigentlich nur
zutiefst menschlich zugeht: das verhüstelte Tuscheln ist häufig schlicht
von Neid geprägt. Was XY sich herausnimmt, das XY sich nicht schämt. Doch
wofür eigentlich? Und was meinte eigentlich das Hamburger Abendblatt, als
es verkündete, dass Ole von Beust aufgrund des Altersunterschiedes „das
Stilempfinden der Hamburger Bürger auf eine harte Probe“ stelle?
Wenn man sich schon auf die Ebene des Stils begibt, dann könnte man auch
konstatieren, dass sich Ole von Beust für sein Alter gut gehalten hat und
das Glück hat, zu lieben und geliebt zu werden – oder mit einem Zitat aus
den notorisch gut informierten queeren Kreisen der taz-Redaktion
ausgedrückt: „Gegen alte Autos ist überhaupt nichts einzuwenden, sie müssen
nur gepflegt sein.“
25 Jun 2013
## AUTOREN
Martin Reichert
## TAGS
Ole von Beust
Hamburg
Eingetragene Lebenspartnerschaft
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Lesestück Recherche und Reportage
Adoptionsrecht
Homosexualität
Homosexualität
Politikbetrieb
Homo-Ehe
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