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# taz.de -- Porträt CSU-Kandidat in Bayern: Schwul ja, tuntig nein
> Peter Ostenrieder ist homosexuell. Zieht er nach der Wahl in Bayern in
> den Landtag ein, ist er der erste offen schwule Abgeordnete der CSU.
Bild: Will offen anders sein, aber eben doch ganz normal arbeiten: der CSU-Kand…
HOHENPEIßENBERG taz | Peter Ostenrieder hat den Ort für das Treffen mit
Bedacht gewählt: Ein Ausflugslokal auf dem Hohen Peißenberg, einer Erhebung
knapp 1.000 Meter über dem Meeresspiegel im Voralpenland, im
oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau. Es ist sein Landkreis. Denn
Ostenrieder engagiert sich seit knapp 20 Jahren für die örtliche CSU.
Bei gutem Wetter reicht die Sicht vom Gipfelplateau bis nach Augsburg und
München, dorthin also, wo viele Menschen aus dem Landkreis täglich fahren,
um ihrer Arbeit nachzugehen. „Stadt und Land“, das ist Ostenrieders Thema.
Geht es nach ihm, muss der Staat die richtigen Rahmenbedingungen schaffen,
damit sich Unternehmen auch im „ländlichen Raum“ ansiedeln und nicht nur in
den „Metropolregionen“. Peter Ostenrieder ist selbst Unternehmer. In seiner
Heimatgemeinde Peiting betreibt er eine Werbeagentur mit acht Mitarbeitern.
Nun aber zieht es auch den 41-Jährigen nach München. Bei der Landtagswahl
am 15. September kandidiert Ostenrieder auf einem Listenplatz der CSU für
den Bayerischen Landtag. Schafft er den Einzug, ist er der erste schwule
Abgeordnete der CSU, der offen zu seiner homosexuellen Identität steht. Das
wiederum ist nur auf Nachfrage Ostenrieders Thema.
„Ich will, dass das ganz normal ist“, sagt der groß gewachsene Mann. „Ich
glaube, ich erweise der Community den größten Dienst, wenn ich als einer
von vielen Abgeordneten ganz normal meine Arbeit tue“, sagt er. „Ich kann
nicht von anderen verlangen, mit mir normal umzugehen, wenn ich selbst
nicht normal mit mir umgehe.“
## Keine Provokation
Will heißen: Schwul sein ja, aber nicht tuntig; nicht so, dass sich andere
Menschen davon belästigt fühlen, wie von zu viel Nacktheit und Provokation
beim Christopher Street Day zum Beispiel.
Er selbst hatte sein Coming-out mit 30 Jahren. Damals saß er schon seit
sieben Jahren für die CSU im Gemeinderat von Peiting. „Ich habe gemerkt,
dass ich das Versteckspiel nicht mehr mag.“ Nach seinem Outing bot er dem
damaligen Fraktionsvorsitzenden an, nicht mehr zu kandidieren. Dieser
ermutigte ihn, in der Politik zu bleiben. „Das hat mir einen Ruck
versetzt“, sagt Ostenrieder heute.
Deshalb ist für ihn auch kein Widerspruch, in einer Partei beheimatet zu
sein, die die heterosexuelle Ehe über gleichgeschlechtliche Familienmodelle
stellt und die sich schwertut mit dem Gedanken, das Ehegattensplitting
abzuschaffen. Die Union müsse der „stillen Mehrheit“ eine Stimme gegen
„eine schrille Minderheit“ geben, hatte CSU-Generalsekretär Alexander
Dobrindt noch im Frühjahr in einem Interview gesagt und damit für eine
gewisse Furore gesorgt.
Nun stammen Alexander Dobrindt und Peter Ostenrieder, der Generalsekretär
und der Landtagskandidat, aus demselben Wahlkreis. Alexander Dobrinth ist
Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes, Ostenrieder sein Stellvertreter. „Wir
kennen uns gut“, sagt Ostenrieder und grinst. „Ich war sogar auf seine
Hochzeit eingeladen – zusammen mit meinem Freund.“
## Keine negativen Äußerungen
Nach den Verbalattacken habe er mit Dobrindt das Gespräch gesucht, sagt
Ostenrieder. „Ich wusste, dass er damit kein Problem hat. Da ist der
verbale Gaul mit ihm durchgegangen.“ Heute, behauptet der
Kommunalpolitiker, gebe es vonseiten der Partei und ihren führenden
Protagonisten keine negativen Äußerungen mehr gegenüber Homosexuellen.
Ein möglichst konservativ-traditionelles Familienbild zu kolportieren,
scheint vor allem im Hinblick auf die Landtagswahl wichtig zu sein. Im
Alltag regiert an der Basis der CSU die viel zitierte Libertas Bavariae,
das bayerische Lebensgefühl des leben und leben lassen. Das weiß man auch
an der Spitze der Partei.
Die Chancen, dass Ostenrieder am kommenden Sonntag den Einzug in den
Bayerischen Landtag schafft, stehen gut – einfach deshalb, weil es für
seine Partei gut aussieht. Derzeit sagen die Demografen der CSU eine
absolute Mehrheit der Stimmen voraus.
Weil Ostenrieder aber nicht als Direktkandidat antritt, hat er sich einen
Spruch ausgedacht, damit sich die Wähler in der Kabine an ihn erinnern und
ihr Kreuzchen auch bei seinem Namen machen: „O wie Ostenrieder, O wie
Oberland, O wie Oberbayern und O wie Oanadreißg“, wiederholt er auf seinen
Veranstaltungen.
Die 31 ist sein Platz auf der Wahlliste, Ostenrieder ein in seiner Gemeinde
verwurzelter Kandidat.
13 Sep 2013
## AUTOREN
Marlene Halser
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