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# taz.de -- 40 Jahre Militärputsch in Chile: Der alte Gegensatz lebt fort
> Die beiden Präsidentschaftskandidatinnen verkörpern die unversöhnte
> Geschichte des Landes. Gemeinsam ist beiden der Blick in die Zukunft des
> Landes.
Bild: Die Präsidentschaftskandidatin der Sozialdemokraten, Michelle Bachelet, …
BUENOS AIRES taz | Es ist ein merkwürdiger Zufall der Geschichte und auch
ein Spiegelbild der chilenischen Gesellschaft , dass sich am 40. Jahrestag
des Militärputsches vom 11. September die Töchter zweier
Luftwaffengeneräle, Michelle Bachelet und Evelyn Matthei, im Kampf um das
Präsidentenamt gegenüber stehen. Als Kinder lebten beide in der
Luftwaffenbasis Cerro Moreno, die Familien waren eng befreundet.
Am 11. September 1973 putschte das Militär gegen die demokratisch gewählte
Regierung des Sozialisten Salvador Allende. Unter der Diktatur von Augusto
Pinochet von 1973 bis 1990 wurden mehr als 3.000 Menschen getötet und
Zehntausende gefoltert.
Am 14. September 1973 wurde Vater Alberto Bachelet verhaftet. Er wurde
wegen Landesverrats angeklagt und mehrfach gefoltert. Er starb am 12. März
1974 im Alter von 51 Jahren an den Folgen der Haft in einem Gefängnis in
der Hauptstadt Santiago. Michelle Bachelet und ihre Mutter Ángela wurden im
Januar 1975 verhaftetet. In der berüchtigten Folterzentrale Villa Grimaldi
wurden sie mehr als zwei Wochen festgehalten.
Im Mai 1975 reisten beide ins Exil in die DDR. 1979 kehrten sie zurück.
Fernando Matthei half dabei, dass sie vor Ende der Diktatur zurückkehrten.
## Mitglied der Militärjunta
Evelyn Matthei war am 11. September mit der Familie in London. Vater
Fernando Matthei war seit 1971 Luftwaffenattaché in London. Unter Pinochet
wurde er 1978 Chef der Luftwaffe und er war Mitglied der Militärjunta.
Bei den offiziellen Gedenkveranstaltungen am Montag traten beide Töchter
nahezu zeitgleich bei verschiedenen Veranstaltungen auf: Michelle Bachelet
als einzige Rednerin auf der Gedenkveranstaltung des Mitte-Links-Bündnisses
Neue Mehrheit im Museum für Erinnerung und Menschenrechte.
Und Evelyn Matthei bei der Rede von Staatspräsident Sebastián Piñera im Hof
des Präsidentenpalastes. „Als der Putsch passierte, war ich 20 Jahre alt.
Ich muss nicht um Verzeihung bitten“, kommentierte sie die öffentlichen
Entschuldigungen von Parteikollegen.
## Spuren der Diktatur
Der gemeinsame Nenner der offiziellen Reden ist der Blick in die Zukunft.
Während Präsident Piñera davon spricht, dass nach der „Transformation vom
Militärregime zur Demokratie“ eine neue Phase eingeleitet werden müsse,
wirkt die Präsidentschaftskandidatin Bachelet daraufhin, dass die
Verfassung neu formuliert werden müsse und eine Wahlrechts- und
Bildungsreform anstehe.
Noch immer gilt die unter der Diktatur verabschiedete Verfassung. Noch
immer sorgt das Wahlrecht aus Diktaturzeiten für ein Patt zwischen
konservativen und fortschrittlichen Parteiallianzen und steht so
grundlegenden Verfassungsänderungen im Weg.
Und noch immer ist die Bildungsreform der Diktatur in Kraft, mit der das
weitgehend staatliche System der privatwirtschaftlichen Bildungsindustrie
übereignet wurde.
11 Sep 2013
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Chile
Militärputsch
Augusto Pinochet
Salvador Allende
Folter
Militärdiktatur
Michelle Bachelet
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Homophobie
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