| # taz.de -- Kampagnen-Leiterin über Textilketten: „Es ist skandalös“ | |
| > Nur neun Textilketten kamen zu Verhandlungen für die Opfer der | |
| > eingestürzten Fabrik in Bangladesch. Dennoch ein Meilenstein, sagt | |
| > Kirsten Clodius. | |
| Bild: Die Entschädigungszahlungen für Textilarbeiter sind leider unsicher. | |
| taz: Frau Clodius, über 1.000 Beschäftigte starben beim Einsturz der | |
| Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch, die auch für deutsche | |
| Bekleidungsgeschäfte produzierte. Die Verhandlung über Entschädigungen für | |
| die Opfer sind nun vertagt worden. Warum? | |
| Kirsten Clodius: Von 29 Textilketten, die in Rana Plaza produzieren ließen, | |
| waren nur 9 in Genf präsent – so Bon Marché, El Corte Inglés und KiK aus | |
| Deutschland. Deshalb konnten sich die anwesenden Firmen nicht zu konkreten | |
| Entschädigungszusagen durchringen. Die Unternehmen wollen nun unter anderem | |
| versuchen, weitere Firmen heranzuholen, um die Zahlung pro Firma zu | |
| verringern. | |
| Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die die Verhandlungen | |
| moderiert, hat eine Entschädigungssumme von etwa 60 Millionen Euro | |
| errechnet. Knapp die Hälfte sollen die Firmen beisteuern. Akzeptieren diese | |
| die Summe grundsätzlich? | |
| Ja, das scheint so zu sein. Aber sie beziffern nicht genau, wer wie viel | |
| zahlt. Immerhin haben die Unternehmen zugesagt, die Verhandlungen in den | |
| kommenden zwei Wochen fortzusetzen. | |
| Über tausend Familien toter Rana-Plaza-Beschäftigter und Arbeitsunfähiger | |
| fehlt nun der Ernährer. Wie viel Geld sollten die Geschädigten erhalten, um | |
| künftig über die Runden zu kommen? | |
| Die ILO geht davon aus, dass die Entschädigung pro Familie der Hälfte des | |
| durchschnittlichen Gehalts von 25 Arbeitsjahren entsprechen muss, also etwa | |
| 3.600 Euro. Dass sich die Unternehmen über solch kleine Summen streiten, | |
| ist skandalös. | |
| Durch die Intervention der ILO ist das Problem auf der Ebene der Vereinten | |
| Nationen angekommen. Auch der internationale Gewerkschaftsbund Industrieall | |
| ist an den Verhandlungen beteiligt. Ist das kein Fortschritt? | |
| Doch, der langjährige Druck der Kampagne für Saubere Kleidung und anderer | |
| hat etwas bewirkt. Diese Verhandlungen sind ein Meilenstein. Vor einiger | |
| Zeit haben 80 Textilketten das neue Brandschutzabkommen für Bangladesch | |
| unterzeichnet. Und auch die Regierung des Landes kann die Probleme in den | |
| Fabriken nun nicht mehr ignorieren. | |
| Viele Verbraucher in den Industrieländern interessieren sich inzwischen | |
| mehr für sozial- und umweltverträgliche Produkte. Führt das dazu, dass die | |
| Konzerne derzeit die Arbeitsbedingungen weltweit verbessern? | |
| In der Tat reagieren die Unternehmen darauf, dass die Bürger kritischer | |
| nachfragen als früher. In ihrer Außendarstellung liefern sich die Konzerne | |
| geradezu einen Wettbewerb, wer die höchsten Standards vertritt. Konkrete | |
| Verbesserungen in der Produktion finden dagegen viel zu selten statt. So | |
| liegen die Löhne in den Entwicklungs- und Schwellenländern meist viel zu | |
| niedrig. Über existenzsichernde Bezahlung will kaum ein Konzern reden. | |
| 16 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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