# taz.de -- Arbeitsbedingungen in Bangladesch: Jede zehnte Fabrik lahmgelegt | |
> ArbeiterInnen in Bangladesch demonstrieren seit Tagen für höhere Löhne. | |
> Und auch bei Arbeitszeiten und der Sicherheit gäbe es viel zu verbessern. | |
Bild: Schuften für 30 Euro im Monat: In Bangladesch streiken etwa 200.000 Arbe… | |
BANGKOK taz | Am Dienstag dauerten die Proteste den vierten Tag an: 200.000 | |
TextilarbeiterInnen in Bangladesch haben ihre Arbeitsplätze verlassen und | |
demonstrieren auf den Straßen. Mindestens jede zehnte der rund 5.000 | |
Textilfabriken des Landes musste vorerst die Produktion einstellen. | |
Die ArbeiterInnen fordern vor allem höhere Löhne. Verhandlungen zwischen | |
Fabrikbesitzern und Gewerkschaftsführern, die am Montag bis spät in die | |
Nacht gedauert hatten, führten zu keiner Einigung. | |
Die Streikenden verlangen eine Anhebung des Mindestlohns auf umgerechnet | |
rund 77 Euro – das wäre mehr als das Doppelte des derzeit gezahlten | |
Mindestlohns von gut 30 Euro. Bangladesch ist nach China der zweitgrößte | |
Exporteur von Textilien in der Welt. Die Löhne hier zählen zu den | |
niedrigsten, die in der Branche gezahlt werden. | |
Im April hatte der Einsturz eines illegal aufgestockten Fabrikgebäudes in | |
Savar am Rand der Hauptstadt Dhaka der Welt die Arbeitsbedingungen in | |
Bangladesch deutlich gemacht. Die Mauern und Decken des gewaltigen | |
Gebäudekomplex, in dem sich zahlreiche Textilfirmen befanden, hatte | |
Tausende Menschen unter sich begraben, mehr als 1.100 Frauen, Männer und | |
Kinder kamen dabei ums Leben, etwa 2.500 wurden verletzt, viele von ihnen | |
so schwer, dass ihnen Gliedmaßen amputiert werden mussten. | |
## Angehörige der Opfer warten noch auf Entschädigung | |
Die Angehörigen der meisten Opfer warten bis heute vergeblich auf | |
Schadenersatzzahlungen. Erst vor wenigen Tagen scheiterten in Genf | |
Gespräche zwischen IndustriAll, einem internationalen Gewerkschaftsverband, | |
und Vertretern der Firmen, die im Rana Plaza Billigkleidung fertigen | |
ließen. Nur ein Drittel der Unternehmen hatte überhaupt Vertreter zu den | |
Verhandlungen geschickt. | |
Benetton ließ wissen, es habe „Unklarheiten“ im Zusammenhang mit den | |
Gesprächen gegeben. Walmart, der größte Einzelhandelskonzern der Welt mit | |
einem Jahresumsatz von etwas weniger als einer halben Billion US-Dollar, | |
nahm an den Verhandlungen nicht teil. Ein Sprecher der Konzerns sagte, die | |
Firma konzentriere sich darauf, in die Sicherheit von Firmen in Bangladesch | |
zu investieren. Zu den Entschädigungsforderungen sagte er nichts. | |
In einer am Montag ausgestrahlten Investigativreportage zeigten Reporter | |
der britischen BBC, unter welchen Bedingungen in Bangladesch | |
weitergearbeitet wird: Die Arbeiterinnen in einer Firma, die unter anderem | |
für Gap und den deutschen Discounter Lidl Jeans herstellt, mussten 19 | |
Stunden am Tag arbeiten. Das Team filmte mit versteckter Kamera, wie ein | |
Wachmann spät am Abend die Eingangstür zu der Firma abschließt, als er sich | |
die Beine vertreten geht – trotz der vielen Todesfälle, die es immer wieder | |
bei Bränden in Textilfirmen gibt. | |
Die BBC-Journalisten recherchierten auch, dass viele Firmen zwei gesonderte | |
Auflistungen der Arbeitszeiten ihrer ArbeiterInnen führen – wenn | |
Inspekteure ausländischer Auftraggeber die Fabriken besuchen, werde die | |
gefälschte Version aus der Schublade gezogen. | |
Lidl bezeichnete die Erkenntnisse aus der Reportage als | |
„besorgniserregend“. | |
25 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zastiral | |
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