# taz.de -- Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie: „Änderungen bedeuten … | |
> Saskia Krämer arbeitet für die „Fair Wear Foundation“. Sie will | |
> Unternehmen für die Arbeitsbedingungen in Ländern wie Bangladesh | |
> sensibilisieren. | |
Bild: Trauer um die Toten: 1.131 Menschen starben in Rana Plaza, als im Juni ei… | |
taz: Worum wird es bei Ihrem Vortrag im Rahmen der Ethical Fashion Show | |
Anfang Juli in Berlin gehen? | |
Saskia Krämer: Unser „WellMade“-Workshop richtet sich hauptsächlich an | |
MitarbeiterInnen von Bekleidungsunternehmen, und möchte sie für ihren | |
Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten | |
sensibilisieren. Dafür haben wir ein Tool entwickelt, um den | |
MitarbeiternInnen europäischer Unternehmen zu zeigen, wie sich ihre | |
täglichen Entscheidungen, zum Beispiel im Bezug auf kurzfristige Änderungen | |
der Bestellungen, direkt auf die Arbeitszeiten vor Ort in den | |
Produktionsstätten auswirken. In dem Fall bedeuten kurzfristige Änderungen | |
übermäßige Überstunden für die ArbeiterInnen. | |
Haben die [1][Fabrikeinstürze in Bangladesch] zu einem Umdenken der | |
westlichen Kleidungshersteller geführt? | |
Zumindest hat es für eine Weile die Branche aufgerüttelt, unterschiedliche | |
Akteure an einen Tisch gebracht und zur Unterzeichnung des Brand- und | |
Gebäudeschutzabkommens geführt. Jedoch sind solche tragischen Unglücke in | |
der Vergangenheit schon öfters vorgekommen und sicherlich in Zukunft auch | |
nicht auszuschließen. Wir denken, die Unterzeichnung des Brand- und | |
Gebäudeschutzabkommens ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und | |
hoffen, dass weitere Maßnahmen folgen werden, um die Sicherheit der | |
ArbeiterInnen zu gewährleisten und weitere Arbeitsstandards, wie zum | |
Beispiel existenzsichernde Löhne, zu implementieren. | |
Inwiefern kann man die Einhaltung von neuen Brandschutzmaßnahmen als | |
Nichtansässiger überhaupt nachprüfen? | |
Ich kann nur von der Fair Wear Foundation sprechen, wie wir die | |
Implementierung von Arbeitsstandards nachprüfen: Die Unternehmen | |
verpflichten sich generell bei einer FWF-Mitgliedschaft freiwillig die | |
Arbeitsbedingungen vor Ort in ihren Produktionsstätten zu verbessern, | |
darunter fällt auch Arbeitsschutz und Gesundheit. Die FWF hat Kontrollteams | |
in mehreren Produktionsländern und auch telefonische Anlaufstellen für | |
Beschwerden in diesen Ländern, bei denen ArbeiterInnen anonym vor Ort | |
Verstöße gegen die Arbeitsgesetze melden können. | |
Wie viele Konzerne haben das neue Abkommen bisher unterschrieben? | |
Von unseren zwölf in Bangladesch produzierenden Mitgliedsunternehmen haben | |
zwei unterzeichnet – Switcher und HessNatur. | |
Was können die nationalen Gewerkschaften wie Ver.di tun, um Kampagnen zu | |
den Beschäftigungsrechten nicht nur verbal zu unterstützen? | |
Die FWF ist eine Multistakeholderinitivative. Das heißt, dass wir mit | |
lokalen und internationalen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden sowie | |
Nichtregierungsorganisationen wie der Kampagne für Saubere Kleidung eng | |
zusammenarbeiten. Die Idee ist, von der Expertise des anderen zu lernen und | |
praxisnahe, realistische Lösungen zu finden. | |
Die Gewerkschaften spielen, wie die anderen Interessengruppen auch, eine | |
wichtige Rolle. So erfahren wir von den Bedürfnissen der ArbeiterInnen und | |
Prozessen der ArbeitnehmerInnenvertretung. Hier können uns nicht nur lokale | |
Gewerkschaften in den Produktionsländern wertvolle Hinweise geben, sondern | |
natürlich auch die Gewerkschaften hierzulande mit ihrem Erfahrungsschatz | |
aus mehreren Dekaden Gewerkschaftsarbeit. | |
Bangladesch ist nicht der einzige Ort, an dem Stoffe hergestellt werden – | |
wie ist es mit anderen Standorten der Branche? | |
Die FWF hat ihren Fokus auf dem Bereich Nähen und Konfektionieren und nicht | |
auf der Stoffherstellung selber. Aber außer in Bangladesch sind wir noch in | |
drei weiteren Produktionsländern aktiv – China, Indien, Türkei, wo auch | |
immer mal wieder Probleme auftauchen. Aber zusammen mit unseren | |
Mitgliedsunternehmen, die in diesen Ländern produzieren lassen, arbeiten | |
wir daran, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. | |
Ist ein großes Handelsland wie die USA, in dem es auch früher Katastrophen | |
in der Textilbranche gegeben hat, in diesem Bereich heute vorbildlich? | |
Das kann ich an der Stelle nicht einschätzen. Unsere Mitgliedsunternehmen | |
sind aus dem europäischen Raum und produzieren größtenteils im Fernen Osten | |
beziehungsweise Osteuropa. | |
Wäre es eigentlich komplett undenkbar und auch unökonomisch, im eigenen | |
Land zu produzieren statt die Produktion ins Ausland zu verlegen? | |
Das wäre schon allein wegen der Rohstoff- und Fasergewinnung schwierig. | |
Darüber hinaus sehen sich europäische Bekleidungshersteller einer großen | |
Konkurrenz und einem hohen Preisdruck ausgesetzt, und daher wäre es eine | |
riesige Herausforderung, die Produktion hierher zu verlegen. | |
Die Zustände in den Fabriken und die schlechten Löhne sind doch bestimmt | |
nicht das einzige Problem in der Textilbranche – wie ist es mit Färben, | |
Rohstoffgewinnung und so weiter? | |
Natürlich machen die Probleme in Bangladesch oder jedem anderen | |
Produktionsland nicht an den Türen der Produktionsfabriken halt. Aber unser | |
Fokus liegt auf dem Bereich Nähen im Produktionsprozess, da hier die | |
meisten Menschen beschäftigt sind und wir – als eine | |
Menschenrechtsorganisation – die Arbeitsbedingungen möglichst vieler | |
Menschen verbessern möchten. Wir sehen hier, durch unsere Zusammenarbeit | |
mit unseren Mitgliedsunternehmen und Stakeholdern, die größten | |
Einflussmöglichkeiten und Potenziale. | |
1 Jul 2013 | |
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[1] /Textilindustrie-in-Bangladesch/!116276/ | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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