# taz.de -- Kommentar Brasilien und NSA: Konsequent-kalkulierte Empörung | |
> Es ist ein diplomatischer Eklat. Brasiliens Präsidentin sagt ihren | |
> USA-Besuch ab, weil Fragen zur NSA unbeantwortet blieben. Eine sehr | |
> erfreuliche Entscheidung. | |
Bild: Zeigefinger, nicht Stinkefinger: Dilma Rousseff. | |
Von der Entschiedenheit Dilma Rousseffs hätte sich Angela Merkel eine | |
Scheibe abschneiden können. Nachdem die brasilianische Präsidentin | |
monatelang erfolglos Erklärungen von ihrem US-Amtskollegen Barack Obama | |
verlangt hatte, was es auf sich habe mit der Ausspähung Brasiliens, | |
einschließlich ihrer eigenen Person und der staatlichen Erdölgesellschaft | |
Petrobras, sagte sie am Dienstag den für Oktober geplanten Staatsbesuch in | |
Washington einfach ab. | |
Es ist ein diplomatischer Vorgang, der gar nicht hoch genug bewertet werden | |
kann. Immerhin sollten Rousseff höchste Ehren zuteilwerden, unter anderem | |
das einzige Staatsdinner, das Obama in diesem Jahr überhaupt geben wollte. | |
Brasilien, stärkste Wirtschaftsmacht Lateinamerikas und im Vergleich zu | |
anderen Linksregierungen des Kontinents eher US-freundlich, setzt mit der | |
Absage ein dickes Ausrufezeichen. Und das ist auch nötig: Die Regierungen | |
der meisten anderen Länder, über deren Ausspähung durch die NSA wir durch | |
den Whistleblower Edward Snowden erfahren haben, sind möglichst galant oder | |
mit nur leisem Tadel über die Ungeheuerlichkeit des US-Verhaltens | |
hinweggegangen, auch die deutsche Bundesregierung. | |
Beim Versuch, Snowdens habhaft zu werden, haben sie hingegen mitgemacht – | |
ein wundervolles Ergebnis für die US-Regierung: Wer so mit Wattebäuschchen | |
beworfen wird, hat nichts zu befürchten. Und wird nichts ändern. Hätten | |
alle so reagiert wie Dilma Rousseff, sähe die Situation anders aus. | |
Allerdings: Ganz uneigennützig dürfte auch Rousseffs Entscheidung nicht | |
gewesen sein. Es ist erst ein paar Wochen her, dass die Präsidentin sich im | |
eigenen, auf die Weltbühne strebenden Land plötzlich einer riesigen | |
Protestbewegung von unten – und von links – gegenübersah. Im kommenden Jahr | |
findet in Brasilien nicht nur die Fußballweltmeisterschaft statt, an deren | |
Kosten und Scheinwelten sich der Protest entzündet hatte, im Oktober sind | |
auch Wahlen. | |
Kritik an den USA kommt in Lateinamerika allemal gut an, etwa so wie Kritik | |
an Israel in der arabischen Welt. Es liegt daher nahe, Rousseffs zur Schau | |
gestellter und durch die Absage an ihren US-Kollegen Obama untermauerter | |
Empörung, auch politisches Kalkül zu unterstellen. Den Wert ihrer | |
begrüßenswert klaren Haltung mindert das jedoch nicht. | |
18 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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