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# taz.de -- Redaktionsbeirat beim „Abendblatt“: Die Entdeckung der Kampfesl…
> Vor der Übernahme durch die Funke-Gruppe schließt man sich zusammen. Der
> neue Redaktionsbeirat beim „Hamburger Abendblatt“ steht. Was will er
> erreichen?
Bild: Unsichere Zeiten schweißen zusammen - auch beim „Hamburger Abendblatt�…
Dass Journalisten durchaus kampfeslustige Gesellen sein können, wenn es um
eigene Belange geht, erlebt man heute eher selten. Ende der 60er Jahre war
das noch anders. Als bei Gruner + Jahr der damalige Mitgesellschafter
Richard Gruner plante, seine Anteile zu verkaufen (sie sollten die dann
über einen kurzen Umweg bei Bertelsmann landen), entschieden sich die
Redakteure des Stern, einen Redaktionsbeirat zu formieren und ein
Redaktionsstatut auszutüfteln.
Man wollte verhindern, dass ein neuer Miteigentümer das Blatt umkrempelt.
Dieser 1969 eingeführte und bis heute existierende Redaktionsbeirat galt
als bahnbrechend, weil er sich ein Mitspracherecht bei der Bestellung des
Chefredakteursposten erkämpfte. Richard Gruner bezeichnete den Beirat,
deren erster Vorsitzende der spätere Chefredakteur Henri Nannen war, als
„erste westdeutsche Redaktions-Kommune". 1974 zog die Redaktion der Zeit
mit einer ähnlichen Regelung nach.
Seit vergangener Woche gibt es nun bei einem weiteren nicht traditionsarmen
Hamburger Printtitel einen Redaktionsbeirat: bei Springers Abendblatt. So
gesehen holt das Abendblatt nun mit leichter Verspätung seine 68er-Phase
nach. Kommunen-ähnlich geht es zwar nicht zu in dem Gremium, für
Springer-Verhältnisse ist die Bildung eines solchen Beirats aber ein
einmaliger Vorgang. Allerdings ist der Anlass auch gewichtig. Springer
plant bekanntlich, das Abendblatt an die Funke-Gruppe zu verkaufen - wie
auch seine beiden anderen Regionalzeitungen (Berliner Morgenpost,
Bergedorfer Zeitung) und diverse Zeitschriften. Das Bundeskartellamt muss
dem Deal noch zustimmen.
Dass eine dezente Kampfeslust am Axel-Springer-Platz ausgebrochen ist,
zeigte bereits die Wahlversammlung in der vergangenen Woche. Rund 90
Kollegen seien anwesend gewesen, sagen Teilnehmer. Die Initiatoren hatten
mit maximal 30 gerechnet. Am Dienstagabend dieser Woche hat das neu
gewählte Abendblatt-Gremium nun erstmals getagt. Elf Mitglieder hat es,
darunter sind ein leitender Redakteur und auch diverse Autoren. Zu ihnen
gehört der Sprecher, der langjährige Ressortleiter Jan Haarmeyer, der
kürzlich mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie Lokales
ausgezeichnet wurde. Als Makel gilt manchen, dass im Beirat acht Männer,
aber nur drei Frauen sitzen - obwohl auf der Vorschlagsliste
„überproportional viele“ Frauen gestanden hätten, wie ein Teilnehmer der
Wahlversammlung sagt.
## Kein Mitspracherecht
Eine offizielle Funktion, ein institutionalisiertes Mitspracherecht hat das
neue Gremium nicht. „Wir verstehen uns in dieser Übergangsphase von
Springer zu Funke in erster Linie als Ansprechpartner für die vielen Fragen
der Mitarbeiter, denen wir nachgehen wollen“, sagt Sprecher Haarmeyer. „Wie
sieht es mit der Beschäftigungssicherung nach dem Verkauf aus? Was passiert
mit den Freien? Was wird aus den Altersteilzeitregelungen? Wie ist der
Stand der Verkaufsverhandlungen? Welche Pläne verfolgt der neue Eigentümer?
Da gibt es bei vielen Kollegen ein Gefühl der Unsicherheit, und dann ist es
gut, enger zusammenzurücken.“
Vor allem die Frage, wie nach der Übernahme die Zukunft für die zahlreichen
freien Mitarbeiter aussieht, dürfte einiges an Arbeit mit sich bringen.
Auch was die „Kollegen betrifft, die von der Welt zu uns gewechselt sind,
bemühen wir uns um Informationen und Klärung“, sagt Haarmeyer. Hintergrund:
Im Herbst 2012 löste Springer die 20-köpfige Lokalredaktion der Welt auf
und integrierte die Mitarbeiter in die Redaktion des Abendblatts. Dieses
größer gewordene Team produziert seitdem neben dem Abendblatt auch die
Hamburg-Teile von Welt und Welt am Sonntag. Ähnlich funktioniert es schon
seit längerem zwischen Berliner Morgenpost und Welt.
## Wer gehört in welche Redaktion?
Hier muss der Verlag nun das Operationsbesteck ansetzen: Welcher Redakteur
gehört weiter zu Springer, welcher künftig zu Funke? Laut dem Fachblatt
Medium Magazin soll die Regel gelten, dass jemand bei Springer bleibt,
sofern er „überwiegend“ für die Welt gearbeitet hat. Streitfälle sind da
nicht ausgeschlossen.
Die Frage, wer zu wem gehört, ist auch deshalb von Belang, weil die
Redaktionsgemeinschaft ja weiter existieren soll. Die zukünftigen
Funke-Blätter sollen weiterhin das tun, was sie als Springer-Blätter schon
getan haben: der Welt-Gruppe das Lokale zuliefern. Das ist schon jetzt im
Alltag nicht unproblematisch, denn unterschiedlich lange Fassungen machen
Arbeit, erst recht, wenn sie inhaltlich anders akzentuiert sein sollen.
Wenn es darum geht, für Zeitungen zu arbeiten, die unterschiedlichen
Verlagen gehören, wird die Sache noch vertrackter. Warum er in absehbarer
Zeit Mehrarbeit für ein Unternehmen leisten solle, das ihn gar nicht
bezahlt, müsse man ihm erst einmal erklären, sagt ein
Abendblatt-Mitarbeiter.
Ein Redaktions-Statut, das in manchen anderen Häusern die innere
Pressefreiheit regelt, hat der Abendblatt-Beirat vorerst nicht im Blick.
Das sei „kein vorrangiges Ziel“, sagt Sprecher Haarmeyer. „Aber es ist
natürlich möglich, dass wir uns mittelfristig mit dem Thema beschäftigen.“
20 Sep 2013
## AUTOREN
René Martens
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