# taz.de -- Italiens Regierung: Berlusconi setzt auf Erpressung | |
> Mit Weinerlichkeit und Wut zwingt der Cavaliere seine Abgeordneten zur | |
> Vasallentreue. Damit nimmt er eine Regierungskrise in Kauf. | |
Bild: Silvio Berlusconi in besseren Tagen. | |
ROM taz | Italien ist einen weiteren Schritt an eine Regierungskrise | |
herangerückt. Am Mittwochabend beschlossen die Fraktionen der | |
Berlusconi-Rechten in Abgeordnetenhaus und Senat die kollektive | |
Niederlegung der Mandate, wenn Silvio Berlusconi sein Senatssitz entzogen | |
werden sollte. | |
Berlusconi selbst hatte zwar wiederholt zugesichert, er wolle die Regierung | |
– in der seine Forza Italia zweitstärkster Koalitionspartner ist – nicht | |
gefährden. Offensichtlich aber hat er es sich anders überlegt. Am Mittwoch | |
hielt er auf der gemeinsamen Sitzung seiner Fraktionen eine zwischen | |
Weinerlichkeit und Wut angesiedelte Brandrede. | |
„Seit 55 Tagen schlafe ich nicht mehr“, teilte er mit, außerdem habe er �… | |
Kilo verloren“, wegen eines „absurden und ungerechten Urteils“. Schlimmer | |
noch, in Italien sei „ein Staatsstreich im Gange“, „eine subversive Aktio… | |
die den Rechtsstaat unterminiert. Die Demokratie gibt es nicht mehr.“ | |
## Berlusconis Partei verlangt, das Immunitätsgesetz zu ignorieren | |
Am 4. Oktober wird der Immunitätsausschuss des Senats zusammentreten, um | |
das Votum über Berlusconi zu fällen. Nach dessen Verurteilung zu vier | |
Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung ist sein Ausschluss aus dem Parlament | |
nach geltender Rechtslage zwingend vorgeschrieben, doch Forza Italia – so | |
heißt die Berlusconi-Truppe jetzt wieder – verlangt, das bestehende Gesetz | |
zu ignorieren, weil es verfassungswidrig sei. Dabei wollen die anderen | |
Fraktionen jedoch nicht mitspielen. | |
Berlusconis größte Sorge ist, dass er mit dem Verlust des Senatssitzes bald | |
zum Objekt neuer Haftbefehle werden könnte. Die Staatsanwaltschaft Neapel | |
ermittelt gegen ihn, weil er in den Jahren von 2006 bis 2008 mehrere | |
Senatoren aus der damaligen Mitte-links-Koalition unter Romano Prodi | |
herausgekauft haben soll; einer dieser Senatoren sagte aus, er selbst habe | |
3 Millionen Euro erhalten. | |
## Platzen der Koalition rückt näher | |
Vor diesem Hintergrund hat Forza Italia sich zur Vorwärtsverteidigung | |
entschlossen, in der Hoffnung mit dem angedrohten kollektiven Rückzug ihrer | |
Parlamentarier zunächst den Staatspräsidenten Giorgio Napolitano unter | |
Druck zu setzen, damit der eine „politische Lösung“ findet, sprich einen | |
wie immer gearteten Gnadenakt für Berlusconi unterschreibt. | |
Und sollte Napolitano sich dazu nicht bereit zeigen, bliebe die zweite | |
Option, die Niederlegung der Mandate am 4. Oktober. Ein Platzen der | |
Koalition wäre damit unausweichlich; in der Folge hofft die Rechte auf | |
schnelle Neuwahlen, die sie zu einem Referendum für Berlusconi und gegen | |
die Justiz machen möchte. | |
26 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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