# taz.de -- Politische Krise in Italien: Regierungskoalition vor dem Aus | |
> Berlusconis Minister sind zurückgetreten. Sie protestieren gegen Premier | |
> Lettas Absicht, alle Entscheidungen ruhen zu lassen, bis er eine | |
> Vertrauensabstimmung gewonnen hat. | |
Bild: Premier Enrico Letta sieht seinen Job flöten gehen. | |
ROM rtr/afp | Italiens Regierung steht vor dem Aus. Alle Minister der | |
konservativen Partei PDL des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi | |
traten am Samstag zurück, wie ein Sprecher von Vize-Ministerpräsident | |
Angelino Alfano sagte. | |
Berlusconi hatte zuvor die Minister seiner Partei Volk der Freiheit | |
aufgefordert, über einen Rücktritt als Protest gegen die Ankündigung von | |
Regierungschef Enrico Letta nachzudenken, vor der Vertrauensabstimmung in | |
der kommenden Woche keine politischen Entscheidungen mehr zu treffen. „Das | |
Ultimatum, das der Ministerpräsident und seine Demokratische Partei (PD) an | |
ihre Verbündeten schickten, erscheint unzulässig und inakzeptabel“, sagte | |
Berlusconi. | |
Schon seit Wochen befinden sich die Koalitionäre im Zerwürfnis miteinander. | |
Deshalb hatte Premier Letta áuf einer Kabinettssitzung am Freitag gesagt, | |
die Beilegung der politischen Krise sei Voraussetzung für die weitere | |
Gesetzgebung. Das Kabinett hatte unter anderem über Möglichkeiten beraten, | |
eine umstrittene Steuererhöhung zu verschieben. | |
Doch Letta erklärte anschließend, solange die politische Lage im Parlament | |
nicht geklärt sei, werde vorübergehend jede Regierungsentscheidung, sogar | |
zu Steuern oder Wirtschaftsfragen, gestoppt. | |
Hintergrund ist der Streit um den rechtskräftig wegen Steuerbetrugs | |
verurteilten ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi, der | |
möglicherweise seinen Sitz im Senat einbüßen wird. Zahlreiche | |
Parlamentarier von Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) hatten | |
deswegen schon mit ihrem Rücktritt und damit mit dem Bruch der | |
Regierungskoalition gedroht. | |
Letta hatte erklärt, Drohungen werde er sich nicht länger bieten lassen – | |
und hinzugefügt: „Entweder wir gehen voran, wobei an erster Stelle die | |
Interessen des Landes und seiner Bürger stehen. Oder die gemeinsame | |
Erfahrung ist hiermit beendet.“ | |
## Rücktrittsdrohungen sind nichts Neues | |
Die Regierungskoalition zwischen Lettas linksbürgerlicher Demokratischer | |
Partei und dem Volk der Freiheit ist seit fünf Monaten im Amt. Die | |
Berlusconi-Partei hatte in den vergangenen Wochen wiederholt damit gedroht, | |
aus dem Regierungsbündnis auszuscheren. | |
Berlusconi, der am Sonntag 77 Jahre alt wird, war am 1. August in letzter | |
Instanz wegen Steuerbetrugs bei seinem Medienkonzern und Korruption zu vier | |
Jahren Haft verurteilt worden, wovon er drei Jahre nicht verbüßen muss. | |
Weitere Verfahren sind anhängig, darunter eines wegen Amtsmissbrauchs und | |
Sex mit einer minderjährigen Prostituierten. | |
Die Anhänger des steinreichen Medienunternehmers argumentieren, dass das | |
sogenannte Severino-Gesetz von 2012, wonach jeder zu mehr als zwei Jahren | |
Haft verurteilte Politiker sein Mandat verliert, nicht auf frühere Delikte | |
anwendbar sei. Der Immunitätsausschuss des Senats muss am kommenden Freitag | |
in zweiter Abstimmung entscheiden, ob Berlusconi trotz seiner Verurteilung | |
wegen Steuerbetrugs seinen Sitz in der zweiten Parlamentskammer behalten | |
kann. | |
In einer ersten Abstimmung hatte der Ausschuss dies mehrheitlich abgelehnt. | |
Die endgültige Entscheidung soll voraussichtlich Mitte Oktober im | |
Senatsplenum erfolgen. | |
28 Sep 2013 | |
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