# taz.de -- Grundsätze für Überwachung: Im Einklang mit Menschenrechten | |
> Die Überwachung muss endlich gestoppt werden – weltweit. 13 Grundsätze | |
> für mehr Privatsphäre und Meinungsfreiheit im Netz. | |
Bild: Nach welchen Prinzipien guckt hier die Kamera zu? | |
Die Häufigkeit, mit der Staaten Kommunikation überwachen, abhören, | |
analysieren und speichern, steigt dramatisch – mit der Gefahr, dass anhand | |
der gesammelten Daten Profile zu Personen erstellt werden, die sensible | |
Informationen, etwa politische und religiöse Ansichten enthalten. Eine | |
klare Verletzung der Privatsphäre. | |
Trotz dieses enormen Missbrauchspotenzials besteht oftmals kein | |
ausreichender Schutz der Kommunikationsdaten. Umgekehrt fehlt es an | |
Beschränkungen dafür, wie die Daten von Behörden gewonnen, geteilt und | |
gespeichert werden dürfen. | |
Damit Staaten tatsächlich ihren internationalen menschenrechtlichen | |
Verpflichtungen in Bezug auf Kommunikationsüberwachung nachkommen, müssen | |
sie Grundsätze einhalten, die sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres | |
Staatsgebietes gelten – und außerdem rechtlich höher zu bewerten sind als | |
der Zweck der Überwachung, sei es Strafverfolgung, nationale Sicherheit | |
oder sonstige behördliche Ziele. Deshalb muss Kommunikationsüberwachung, | |
die geschützte Informationen betrifft, im Einklang mit den folgenden | |
Grundsätzen stehen. | |
Gesetzmäßigkeit: Jede Beschränkung des Rechts auf Privatsphäre muss | |
gesetzlich vorgeschrieben sein. Ohne präzise Rechtsgrundlage darf der Staat | |
keine entsprechende Maßnahmen einführen oder durchsetzen. Angesichts der | |
Geschwindigkeit des technologischen Wandels sollten Gesetze, die das Recht | |
auf Privatsphäre beschränken, regelmäßig parlamentarischer Kontrolle | |
unterliegen. | |
Rechtmäßiges Ziel: Gesetze sollten nur Kommunikationsüberwachung durch | |
spezifizierte Behörden erlauben, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgen, das | |
im Einklang mit der demokratischen Gesellschaftsordnung steht. | |
Notwendigkeit: Gesetze, die Kommunikationsüberwachung durch den Staat | |
erlauben, müssen die Überwachung auf das zweifellos und nachweislich | |
Notwendige beschränken, um ein legitimes Ziel zu erreichen. | |
Kommunikationsüberwachung darf nur durchgeführt werden, wenn es das einzige | |
Mittel zur Erreichung eines rechtmäßigen Ziels ist. | |
Angemessenheit: Jeder Fall der gesetzlich autorisierten | |
Kommunikationsüberwachung muss geeignet sein, das spezifische legitime | |
Ziel, welches festgelegt wurde, zu erfüllen. | |
Verhältnismäßigkeit: Kommunikationsüberwachung sollte als hochgradig | |
invasive Handlung angesehen werden, die in die Privatsphäre und die freie | |
Meinungsäußerung eingreift und somit die Grundlagen einer demokratischen | |
Gesellschaft bedroht. Entscheidungen über solche Eingriffe müssen die | |
gesuchten Vorteile gegen die Schäden der Eingriffe abwägen und deren | |
Schwere berücksichtigen. | |
Zuständige gerichtliche Behörden: Bestimmungen in Bezug auf die | |
Kommunikationsüberwachung dürfen nur von zuständigen gerichtlichen | |
Behörden, die unparteiisch und unabhängig sind, festgelegt werden. | |
Rechtsstaatliches Verfahren: Staaten müssen die Menschenrechte jedes | |
Einzelnen respektieren und garantieren. Dazu bedarf es rechtsstaatlicher | |
Prozesse, die jegliche Beeinträchtigung der Menschenrechte ordnungsgemäß | |
regeln, durchführen und der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich sind. | |
Benachrichtigung des Nutzers: Personen sollten über die angeordnete | |
Kommunikationsüberwachung informiert werden, sodass sie Entscheidung | |
anfechten können. Des Weiteren sollten sie Zugang zu dem Material bekommen, | |
welches für den Antrag der Autorisierung vorgelegt wurde. | |
Transparenz: Staaten sollten bezüglich der Nutzung und des Umfangs der | |
Kommunikationsüberwachung transparent sein. Sie sollten mindestens die | |
gesammelten Informationen über die Anzahl der genehmigten und abgelehnten | |
Anfragen, eine Aufschlüsselung der Anfragen nach Dienstanbieter und nach | |
Ermittlungsart und -zweck veröffentlichen. Staaten sollten Personen | |
genügend Informationen bereitstellen, dass sie über den Umfang, die Art und | |
die Anwendung der Kommunikationsüberwachung informiert sind. | |
Öffentliche Aufsicht: Staaten sollten unabhängige Aufsichtsmechanismen | |
schaffen, die auf alle potenziell relevanten Informationen über staatliche | |
Maßnahmen zugreifen können –wenn notwendig auch auf geheime oder als | |
Verschlusssachen gekennzeichnete Informationen. | |
Integrität der Kommunikation und der Systeme: Staaten sollten die | |
Dienstleister oder Hardware- oder Softwarehändler nicht zwingen, | |
Überwachungs- oder Beobachtungsfunktionen in ihre Systeme einzubauen oder | |
bestimmte Informationen lediglich für Zwecke der staatlichen Überwachung zu | |
sammeln oder zu speichern. | |
Schutzmaßnahmen für die internationale Zusammenarbeit: Wenn Staaten Hilfe | |
von einem ausländischen Dienstleister anfordern, sollten Verträge | |
sicherstellen, dass immer das Gesetz desjenigen Staates angewendet wird, | |
das ein höheres Schutzniveau für den Bürger aufweist. Staaten dürfen | |
grenzüberschreitenden Informationsaustausch nicht dazu nutzen, bestehende | |
gesetzliche Beschränkungen der Kommunikationsüberwachung zu umgehen. | |
Schutzmaßnahmen gegen unrechtmäßigen Zugang: Die Staaten sollten Gesetze | |
erlassen, die illegale Kommunikationsüberwachung durch öffentliche oder | |
private Akteure kriminalisiert. Die Gesetze sollten ausreichende zivil- und | |
strafrechtliche Sanktionen, Schutz für Whistleblower und Wege der | |
Wiedergutmachung zugunsten Geschädigter enthalten. Alle unrechtmäßig | |
gesammelten Informationen zählen in einem Verfahren nicht als Beweise. Das | |
gesammelte Material muss nach der Auswertung zerstört oder an die | |
überwachte Person zurückgegeben werden. | |
Unter [1][https://de.necessaryandproportionate.org/text] sind die | |
kompletten Grundsätze zu finden. Zusammenfassung von taz-Redakteur Ralf | |
Pauli | |
30 Sep 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://de.necessaryandproportionate.org/text | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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