| # taz.de -- Konflikt im Afrika der großen Seen: Ein neuer Anlauf zum Frieden | |
| > Die M23-Miliz verhandelt mit der kongolesischen Regierung. Sie will den | |
| > Kampf aber erst einstellen, wenn auch die ruandischen Hutus die Waffen | |
| > strecken. | |
| Bild: Blauhelmsoldaten haben die M23-Rebellen im Ostkongo zurückgedrängt | |
| BERLIN taz | Im Stundentakt twittern die Mitglieder der Delegation des | |
| UN-Sicherheitsrats, die diese Woche durch Afrika tourt. Auf der Agenda: | |
| Endlich Frieden im Ostkongo und damit im Herzen Afrikas herzustellen. Seit | |
| Montag besuchte die Delegation die Hauptstädte Kongos, Ruandas und Ugandas. | |
| Am Dienstag nahmen sie in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, Sitz der | |
| Afrikanischen Union, an einem Gipfel zu den Krisenherden des Kontinents | |
| teil. Dabei geht es vor allem um den Kongo. | |
| Auf der Tagesordnung steht zuerst die Entwaffnung der Bewegung des 23. März | |
| (M23), die seit über einem Jahr den Ostkongo in Atem hält. | |
| Bis vor wenigen Wochen bekämpften sich Kongos Armee und die M23 am | |
| Stadtrand von Goma. Zum ersten Mal wurde die neue UN-Eingreiftruppe aktiv. | |
| Ihr gelang es, die M23 zurückzudrängen. Nach 14 Jahren Friedenseinsatz | |
| schlägt die UNO im Kongo jetzt neue Töne an. Feldherr dieser | |
| „Friedenserzwingung“ ist seit August der deutsche Diplomat Martin Kobler. | |
| „Wenn es um Menschenrechte geht, kann man ruhig richtig radikal sein“, | |
| kündigte er jüngst in einem Interview mit der taz an. | |
| Der militärische Erfolg der UNO war ein Wendepunkt. Kongos Regierung – | |
| jetzt in der stärkeren Position – begann wieder mit der M23 zu verhandeln. | |
| Unter der Vermittlung von Ugandas Präsident Yoweri Museveni sprechen die | |
| Kriegsparteien seit einem Jahr in Kampala miteinander – bislang erfolglos. | |
| Kongos Regierung schien nur Zeit zu schinden, um die maroden Armeeeinheiten | |
| auf Vordermann zu bekommen. | |
| ## Einfache Kämpfer sollen aufgenommen werden | |
| Jetzt legte sie den Rebellen zum ersten Mal ein konkretes Angebot vor: Sie | |
| verlangt deren freiwillige Entwaffnung. Die Armee sei bereit, die bis zu | |
| 1.700 einfachen M23-Kämpfer aufzunehmen – aber nicht die M23-Offiziere. Sie | |
| seien bereits mehrfach aus der Armee desertiert, um Rebellionen zu starten. | |
| Amnestie gäbe es für sie nicht mehr. Fast 80 Namen stehen auf der Liste, | |
| praktisch die gesamte M23-Führung. Jeder solle jetzt auf Hinweise auf | |
| Menschenrechtsverbrechen überprüft werden. | |
| Bis heute hat die M23 nicht auf diesen Vorschlag reagiert. Die schwarze | |
| Liste scheint vor allem für die Kommandeure ein harter Brocken zu sein. | |
| Ihnen droht lebenslange Haft oder Exil. Als offizielle Reaktion kam bislang | |
| nur: Die M23 werde erst Ruhe geben, wenn die ruandischen Hutu-Rebellen der | |
| FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) ebenfalls vernichtet | |
| würden. Sie sind die Erzfeinde der M23 und der ruandischen Regierung. Auch | |
| die kongolesischen Tutsi-Flüchtlinge müssten aus den Nachbarländern | |
| zurückkehren. Symbolträchtig marschierten daraufhin 200 Tutsi-Familien von | |
| Ruanda über die Grenze und ließen sich im M23-Gebiet im Kongo nieder. | |
| ## USA will Militärhilfe für Ruanda stoppen | |
| Ruanda unterstützt laut UN-Ermittlungen die M23. Die Entscheidung zur | |
| freiwilligen Entwaffnung würde nicht die M23-Führung selbst, sondern auch | |
| ihre Hintermänner in Ruandas Hauptstadt Kigali treffen, so die These. | |
| Gleichzeitig liegt dem UN-Sicherheitsrat ein Bericht vor, in dem es heißt, | |
| über 100 ruandische Kindersoldaten würden in der M23 dienen. | |
| Jetzt kündigten die USA an, ihre Militärhilfe an Ruanda einzustellen. Dabei | |
| handelt es sich nur um 500.000 Dollar für Ausbildung. Doch der | |
| Symbolcharakter zählt: Kigali wird durch diese Maßnahme für die Existenz | |
| der M23 verantwortlich gemacht. Insofern sei es jetzt an Kigali, die M23 | |
| zum Aufgeben zu bewegen. Umgekehrt versprach die UN-Delegation im Gespräch | |
| mit Ruandas Präsident Paul Kagame in Kigali am Montag, mit der neuen | |
| UN-Eingreiftruppe auch die FDLR zu bekämpfen. | |
| 9 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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