# taz.de -- Beschluss auf Kongo-Gipfel: Kriegsparteien sollen wieder reden | |
> Neuer Anlauf zum Frieden: Staatschefs der Region vereinbaren neue | |
> Friedensverhandlungen für den Kongo – aber keine Feuerpause. | |
Bild: Auch Kongos Präsident Joseph Kabila wohnte dem Regionalgipfel bei. | |
BERLIN taz | Die Länder Zentral- und Ostafrikas starten einen neuen Anlauf | |
zur Beendigung des Krieges in der Demokratischen Republik Kongo. Ein | |
Gipfeltreffen der Regionalorganisation ICGLR (Internationale Konferenz der | |
Region der Großen Seen) in Uganda verfügte am späten Donnerstagabend die | |
unverzügliche Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen Kongos | |
Regierung und der ostkongolesischen Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. | |
März), die seit mehreren Monaten auf Eis liegen. | |
Die Gespräche in der ugandischen Hauptstadt Kampala sollen in drei Tagen | |
beginnen und innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen werden, erklärten die | |
versammelten Staatschefs laut des in der Nacht zum Freitg verbreiteten | |
Abschlusserklärung ihres Gipfels. Während dieser Zeit sollen alle | |
Kriegsparteien im Ostkongo „maximale Zurückhaltung üben“. | |
Die ICGLR hatte sich zu einem Dringlichkeitsgipfel getroffen, nachdem | |
Kämpfe zwischen M23 und kongolesischen Regierungstruppen in den letzten | |
Wochen eskaliert waren. Letztere wurden aktiv von Kampftruppen aus | |
Südafrika und Tansania im Rahmen der UN-Mission im Kongo unterstützt. Bei | |
Artilleriebeschuss waren zahlreiche Zivilisten in der ostkongolesischen | |
Provinzhauptstadt Goma an der Grenze zu Ruanda getötet oder verletzt | |
worden. | |
Als auch Geschosse auf der ruandischen Seite der Grenze landeten und Opfer | |
forderte, hatte auch Ruanda seine Armee in Bewegung ins Grenzgebiet | |
gesetzt. Weil Kongos Regierung sowie die UN-Mission im Kongo (Monusco) | |
Ruanda die Unterstützung der M23 vorwirft, Ruanda wiederum dem Kongo sowie | |
dem UN-Truppensteller Tansania Zusammenarbeit mit ruandischen Hutu-Milizen | |
im Kongo unterstellt, nährte dies Ängste vor einem regionalen Krieg. | |
## Erfolg für die ostkongolesischen M23-Rebellen | |
Die Einigung der ICGLR auf neue Gespräche stellt einen Erfolg für die M23 | |
dar, die vor einer Woche eine einseitige Feuerpause und einen Teilrückzug | |
aus dem Kampfgebiet ausgerufen hatte, um Gespräche sowie unabhängige | |
Untersuchungen der Artillerieduelle zu ermöglichen. Letzteres ist ebenfalls | |
Bestandteil des ICGLR-Gipfelbeschlusses. In einer Erklärung sagte die M23, | |
der Gipfelbeschluss sei ein „Sieg der Vernunft“. | |
Weniger eindeutig ist die Reaktion der kongolesischen Regierungsseite. | |
Während Regierungssprecher Lambert Mende zunächst die Einigung von Kampala | |
begrüßte, übten regierungstreue Medien und Beobachter in der kongolesischen | |
Hauptstadt Kinshasa scharfe Kritik, weil die Regierung zuletzt neue | |
Gespräche mit der M23 immer abgelehnt hatte. | |
Ein Sprecher von Präsident Joseph Kabila dementierte in der Nacht, dass | |
Kabila sich in Kampala separat mit Ruandas Präsident Paul Kagame getroffen | |
habe – das hatten die ugandischen Gastgeber am Donnerstag vermeldet. | |
Kinshasas größte Tageszeitung Le Potentiel schlagzeilte am Freitag, die | |
„geheime Agenda“ der geplanten Gespräche in Kampala sei eine Zerschlagung | |
des Kongo. | |
## Gipfelbeschluss verwässert | |
Immerhin schaffte es Kongos Regierung offenbar in letzter Minute, den | |
Gippfelbeschluss zu verwässern. Laut einem Protokoll der vorbereitenden | |
Sitzung der ICGLR-Verteidigungsminister, das der taz vorliegt, weigerte | |
sich der Stabschef der kongolesischen Armee, eine als Gipfelvorlage | |
vorbereitete gemeinsame Erklärung der Stabschefs der Region zu | |
unterzeichnen, weil darin für die Dauer der geplanten Gespräche mit den | |
Rebellen eine „Einstellung der Feindseligkeiten“ zwischen Armee und M23 | |
festgelegt wurde. | |
Der Kongo wolle sich nicht „einem juristischen Rahmen verpflichten, der ihm | |
während des Konflikts die Hände binden würde“, habe der kongolesische | |
Verteidigungsminister zur Begründung gesagt. Außerdem hätten die | |
M23-Rebellen vergangene Feuerpausen immer dazu genutzt, sich zu | |
reorganisieren und neu aufzurüsten. Deswegen fordert die Abschlusserklärung | |
des Gipfels jetzt nur „maximale Zurückhaltung“ und keine Einstellung der | |
Kämpfe. | |
Ob dies ausreichen wird, wirklich Ruhe an der Front zu schaffen, die | |
mittlerweile rund 30 Kilometer nördlich von Goma liegt, bleibt abzuwarten. | |
Angesichts massiver Verluste beider Parteien bei den Kämpfen der | |
vergangenen Woche ist der Wunsch nach einer Atempause, aber auch nach Rache | |
auf beiden Seiten sehr groß. | |
## Gilpfeleinigung nicht genug | |
Ugandas Präsident Yoweri Museveni, der die Gipfeleinigung einfädelte, denkt | |
schon weiter: Die internationale Gemeinschaft sollte sich endlich auch um | |
andere Dinge im Ostkongo kümmern als nur die M23, findet er. | |
„Obwohl am meisten von den Kämpfen bei Goma gesprochen wird, sind viele | |
andere Gebiete Ostkongos nahe unserer Grenzen von terroristischen Gruppen | |
durchsetzt“, sagte Museveni nach Abschluss des Gipfels. Wenn die | |
Verhandlungen zwischen Kongos Regierung und M23 erfolgreich sein, „können | |
wir die M23 befrieden, damit die UN-Interventionstruppen sich mit anderen | |
Gruppen beschäftigen können.“ | |
Unklar ist, welchen Zusammenhang es zwischen den jetzt von der ICGLR | |
angesetzten Verhandlungen in Kampala und einer von Kongos Regierung | |
angesetzten „nationalen Konzertation“ in Kinshasa geben soll. Auf letzterer | |
Veranstaltung will die Regierung Kabila mit einer selbst definierten | |
Tagesordnung und unter Ausschluss bewaffneter Gruppen über politische | |
Reformen im Kongo reden. | |
Nachdem die politischen Oppositionsparteien des Landes zunächst geschlossen | |
einen Boykott verkündet hatten, nehmen einzelne Oppositionspolitiker jetzt | |
doch teil, vermutlich im Hinblick auf die versprochenen fetten Tagessätze | |
für Teilnehmer. 780 Delegierte werden zu der „Konzertation“ in Kinshasa | |
erwartet, die am Samstag im Beisein des deutschen UN-Missionschefs Martin | |
Kobler feierlich eröffnet werden soll. | |
6 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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