| # taz.de -- Parlamentswahl in Ruanda: Ruhe an der Heimatfront | |
| > Die regierende Exguerilla RPF bleibt an der Macht, trotz außenpolitischer | |
| > Krisen: Bomben aus dem Kongo und Flüchtlinge aus Tansania. | |
| Bild: Eine der Stimmen, die zur Dreiviertelmehrheit beitrug: Präsident Paul Ka… | |
| BERLIN taz | Überraschend ist es nicht, dass in Ruanda die regierende | |
| ehemalige Guerillabewegung RPF (Ruandische Patriotische Front) die | |
| Parlamentswahl vom Montag gewonnen hat. Nach Auszählung von über drei | |
| Vierteln der Stimmen lag die Partei von Präsident Paul Kagame bei rund 76 | |
| Prozent, teilte die Wahlkommission am Dienstag mit. | |
| Ruandas Sozialdemokraten kamen demnach auf 12 Prozent, die Liberalen auf | |
| 9,4. Keine andere Partei überspringt die Fünfprozenthürde. Die Ergebnisse | |
| unterscheiden sich nur marginal von denen der letzten Parlamentswahl 2008. | |
| Die Botschaft: Die politischen Verhältnisse in Ruanda sind unverrückbar. | |
| Die RPF beherrscht Ruanda, seit sie als Tutsi-Rebellenbewegung 1994 das | |
| Land eroberte und den Völkermord des Vorgängerregimes an den Tutsi | |
| beendete. Sie hat Ruanda einem ehrgeizigen und längst nicht vollendeten | |
| Modernisierungsprogramm unterzogen, das auf lange Sicht jede Erinnerung an | |
| die Zustände, die 1994 zum Genozid der Hutu an den Tutsi führten, vergessen | |
| machen soll. | |
| Das Volk wird permanent zur Beteiligung aufgefordert – bis hin zum Gang an | |
| die Wahlurne. 94 Prozent Beteiligung bei dieser Parlamentswahl zeugen | |
| davon. | |
| ## Kämpfe hinter der Grenze zum Kongo | |
| Ruandas Regierung schart ihr Volk um sich, während sie außenpolitisch unter | |
| Druck steht. UN-Vorwürfe, Ruanda unterstütze die Rebellenbewegung M23 | |
| (Bewegung des 23. März) in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo, | |
| halten sich hartnäckig. Die jüngsten Kämpfe zwischen M23 und Kongos Armee | |
| bei Goma im Ostkongo fanden nur wenige Kilometer jenseits der Grenze statt. | |
| Laut Verteidigungsministerium wurde seit Wiederaufnahme der Kämpfe Mitte | |
| Juli 28-mal ruandisches Gebiet aus dem Kongo heraus beschossen. | |
| Am 29. August gab es dabei in der Grenzstadt Gisenyi Tote und Verletzte, | |
| woraufhin Ruanda starke Truppenverbände in die Grenzregion schickte. Dies | |
| führte am 11. September zu einer Verurteilung durch den | |
| Verteidigungsausschuss der Regionalorganisation SADC | |
| (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika). | |
| Für Truppenbewegungen im eigenen Land kritisiert zu werden, während früher | |
| sogar Truppenbewegungen tief im Kongo hingenommen wurden, ist eine neue | |
| Erfahrung für Ruandas Präsident Kagame. Hohe kongolesische Militärs | |
| sprachen in den vergangenen Monaten sogar davon, den Krieg gegen die M23 | |
| bis nach Ruanda zu tragen. Am Samstag nahm die Polizei in Gisenyi einen | |
| kongolesischen Soldaten fest, der bewaffnet über die Grenze marschiert war | |
| – er sollte am Dienstag wieder freigelassen werden. | |
| Ruandas Regierung wirft Kongos Armee Zusammenarbeit mit der ruandischen | |
| Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) vor, der | |
| Nachfolgeorganisation der Völkermordtäter. FDLR-Aktivisten werden für | |
| Granatenanschläge in Ruandas Hauptstadt Kigali verantwortlich gemacht – den | |
| letzten gab es am Samstag, er forderte zwei Tote. | |
| Dazu kommen Verstimmungen zwischen Ruanda und seinem östlichen Nachbarn | |
| Tansania, der eine neue UN-Eingreifbrigade im Ostkongo kommandiert. | |
| Tansania hat zahlreiche Abkömmlinge ruandischer Einwanderer aus dem Land | |
| geworfen. Hilfswerke versorgen jetzt rund 10.000 Rückkehrer aus Tansania in | |
| ruandischen Lagern, zusätzlich zu rund 66.000 Flüchtlingen aus dem Kongo. | |
| ## Grüne Opposition legalisiert | |
| Ruhe an der Heimatfront ist da wichtig. In Ruanda regieren alle drei im | |
| Parlament vertretenen Parteien gemeinsam. Doch in einem Zugeständnis an die | |
| Opposition wurde kurz vor der Wahl, wenn auch zu spät für eine Kandidatur, | |
| eine Grüne Partei unter Führung eines RPF-Dissidenten legalisiert. | |
| Die Frage ist nun, ob es vor den Präsidentschaftswahlen 2017 eine | |
| politische Öffnung geben wird – und ob Präsident Kagame dann wirklich, wie | |
| es Ruandas Verfassung vorschreibt, nach zwei gewählten Amtszeiten die | |
| politische Bühne verlässt. | |
| 17 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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