# taz.de -- Oppositionspolitiker aus Ruanda: „Die Jugend muss zusammenleben“ | |
> Der ruandische Hutu-Exilpolitiker Twagiramungu kehrt ins Land zurück und | |
> will dort eine neue Partei gründen: „Es gibt auch junge Ruander, die | |
> keinen Genozid predigen“. | |
Bild: Ruandische Flüchtlinge in Tansania – 1994. | |
taz: Herr Twagiramungu, Sie wollen heute aus dem belgischen Exil nach | |
Ruanda zurückkehren. In welcher Funktion? Als heimkehrender Flüchtling? | |
Faustin Twagiramungu: Ich habe die letzten 18 Jahre nicht in Ruanda gelebt. | |
Ich bin Exilpolitiker, lebe in Belgien, und ich habe beschlossen, jetzt in | |
Ruanda Politik zu machen, weil sich dort die Ruander befinden. | |
Reisen Sie auf ruandischem Pass? | |
Ich habe einen ruandischen und einen belgischen Pass. Ich bin Kosmopolit | |
geworden. | |
Was wollen Sie denn in Ruanda tun? | |
Zum einen bin ich Ruander, niemand verbietet mit die Rückkehr. Und ich bin | |
Politiker, ich denke, ich habe noch die Kraft, mein Recht auf | |
Meinungsäußerung wahrzunehmen. | |
Wird man Ihnen das erlauben? Andere Oppositionelle aus dem Exil wie | |
Victoire Ingabire wurden festgenommen. | |
Wir werden erst einmal unsere Partei „Rwanda Dream Initiative“ anmelden, | |
und ich denke, dass dies im Rahmen der ruandischen Parteiengesetzes möglich | |
ist. Wenn sie zugelassen wird, werden wir politisch aktiv. Wenn nicht, | |
treffen wir andere Entscheidungen. Wir wollen aber nicht den Rahmen des | |
Parteiengesetzes verlassen. Wir können nicht politisch tätig werden, wenn | |
das Land das nicht will. | |
Was ist Ihr Programm? | |
Ganz einfach. Es gibt zu verteidigende demokratische Werte und Grundsätze. | |
Freiheit ist universell. Jeder möchte die Freiheit, seine Rechte auszuüben. | |
Und wir müssen in Ruanda den Wert der Wahrheit verteidigen. Die Wahrheit | |
über unsere Geschichte, über unsere dramatischen Momente und auch die | |
schönen. Drittens müssen wir vor allem die Jugend ausbilden, | |
zusammenzuleben und nicht getrennt nach Ideen, Ethnien, Stämmen oder Rasse. | |
2017 gibt es eine Präsidentschaftswahl. Treten Sie an? | |
Ich bin ruandischer Bürger. Niemand kann mich an einer Kandidatur hindern, | |
wenn ich das will. Aber heute kann nicht sagen, ob ich Kandidat sein werde. | |
Erst einmal geht es mir um die Versöhnung des ruandischen Volkes, die | |
Verteidigung der Freiheit und der demokratischen Werte und vor allem, nicht | |
unehrlich zu sein. | |
Sie sagen Versöhnung. Tansanias Präsident Kikwete hat Ruandas Regierung zum | |
Dialog mit der bewaffneten Opposition aufgefordert. Sie haben diesen Appell | |
begrüßt. Aber kann man mit bewaffneten Gegnern wie der FDLR (Demokratische | |
Kräfte zur Befreiung Ruandas) im Kongo reden, die den Genozid predigen? | |
Ich glaube nicht, dass diejenigen, die Genozid predigen, nach Ruanda | |
zurückwollen. Was wäre das für eine Rückkehr? Ein Triumphzug oder ein Gang | |
ins Gefängnis? Wenn sie ins Gefängnis wollen, sollen sie kommen. Aber ich | |
glaube, es gibt im Kongo auch junge Ruander, die nach Hause wollen, die | |
keinen Genozid predigen, die den Genozid nicht einmal kannten. Es sind | |
Kinder, die 1994 oder später geboren wurden, oder 1989 oder 1990. Dass | |
diese Leute einen neuen Völkermord verüben wollen, halte ich für eine Lüge. | |
21 Jun 2013 | |
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