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# taz.de -- Oppositioneller aus Ruanda: Erwürgt im Hotelzimmer
> Die rätselhafte Ermordung des ruandischen Exilpolitikers Patrick Karegeya
> in Südafrika schlägt Wellen. Der Verdacht richtet sich gegen Ruandas
> Regierung.
Bild: Demonstration vor der ruandischen Botschaft in Südafrika gegen den Mord.
BRÜSSEL taz | Die Leiche lag erwürgt auf dem Hotelbett, das dazugehörige
blutverschmierte Handtuch und ein Strick lagen im Safe. Patrick Karegeya
hatte offensichtlich nicht Selbstmord begangen, bevor er in der Nacht zum
2. Januar im Hotel Michelangelo Towers im südafrikanischen Johannesburg tot
aufgefunden wurde.
Der gewaltsame Tod des 53-jährigen Ruanders, ehemals ein enger Vertrauter
von Ruandas Präsident Paul Kagame und zuletzt einer seiner größten Feinde,
schlägt hohe Wellen.
Ruandas Botschafter in Südafrika, Vicent Karega, dementiert zwar, dass
seine Regierung irgendetwas damit zu tun hätte; aber in Ruandas Hauptstadt
Kigali sagte Präsident Kagame am vergangenen Wochenende auf einem
US-amerikanischen „Prayer Breakfast“, ohne Namen zu nennen: „Man kann nic…
Ruanda verraten und damit durchkommen. Es hat Konsequenzen, wenn man sein
Land verrät.“
Ruandas Regierung benutzt Karegeyas Tod als Warnung an Dissidenten. Der
ruandische Botschafter in London, William Nkurunziza, bezeichnete Karegeya
als „Staatsfeind“.
## Er kannte alle Geheimnisse der RPF
Karegeya ist in Ruandas Geschichte eine Schlüsselfigur. Niemand, außer
Präsident Paul Kagame selbst, kannte so viele Geheimnisse der regierenden
ehemaligen Tutsi-Guerilla RPF (Ruandische Patriotische Front), die Ruanda
seit Beendigung des Völkermords an den Tutsi 1994 regiert. Mit RPF-Führer
Kagame lebte er einst im ugandischen Exil; von 1994 bis 2004 leitete er
Ruandas Auslandsgeheimdienst – bis zu seiner Verhaftung wegen „Ungehorsam“
und dem Entzug seines Rangs als Oberst.
Karegeya fand zunächst Zuflucht in Uganda, bevor er 2007 Asyl in Südafrika
erhielt. Zu ihm stieß drei Jahre später ein anderes in Ungnade gefallenes
ehemaliges Mitglied des engsten ruandischen Machtzirkels:
Exgeneralstabschef Faustin Kayumba Nyamwasa. General Kayumba fiel im Juni
2010, während der Fußball-WM, beinahe einem Anschlag zum Opfer und machte
anschließend Ruandas Regierung dafür verantwortlich.
Ein südafrikanischer Ermittler sagte später aus, ein ruandischer
Geschäftsmann habe ihn bestechen wollen, nachdem ruchbar geworden war, dass
er die sechs mutmaßlichen Täter bezahlt habe. Kein Wunder, dass der Mord an
Karegeya nun einen ähnlichen Verdacht erregt.
## Nach seinem Tod das Handy benutzt
Nach Angaben seines Neffen David war Patrick Karegeya am Silvesterabend mit
einem alten Freund verabredet: mit Appolo Kiririsi Gafaranga, einem
Geschäftsmann, den er noch aus Ruanda kannte. Als Karegeya am nächsten Tag
nicht ans Telefon ging, holten Freunde seinen Neffen, und der fand die
Leiche, aber nicht Karegeyas drei Handys und auch nicht das von Kiririsi.
Nach einem Bericht des französischen RFI-Rundfunks hat jemand Karegeyas
Mailbox zwei Tage nach seinem Tod geöffnet. Kiririsi ist verschwunden und
wird in Südafrika als Zeuge gesucht. Ruandas Exilopposition ist nun davon
überzeugt, dass Kiririsi auf Karegeya angesetzt wurde.
Seit Jahren verdächtigt Ruandas Regierung Karegeya und Kayumba, aus dem
südafrikanischen Exil heraus Verbindungen zu den ruandischen
Hutu-Milizionären der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) im
Kongo zu unterhalten, um einen bewaffneten Kampf in Ruanda zu beginnen.
Ihre Organisation RNC (Ruandischer Nationalkongress) ist nach eigenen
Angaben mit der nicht zugelassenen ruandischen Oppositionspartei FDU
(Vereinigte Demokratische Kräfte) verbündet, deren Führerin Victoire
Ingabire vor Kurzem in Kigali wegen Verschwörung zu 20 Jahren Haft
verurteilt wurde; mehrere Mitangeklagte hatten vor Gericht bekannt, zur
FDLR zu gehören.
## Untergrundarmee mit UN-Geldern?
Geld für den Aufbau einer Untergrundarmee könnte Karegeya, wie vor Jahren
ugandische Medien berichteten, über einen UN-Beratervertrag im Umfang von 4
Millionen Dollar zur Anwerbung privater Sicherheitskräfte zum Schutz der
Übergangsregierung von Somalia erworben haben – ein Auftrag, den der
Ruander gemeinsam mit seinem ugandischen Geschäftspartner Salim Saleh,
Halbbruder des ugandischen Präsidenten, ergattert haben soll.
Man kann angesichts dessen nachvollziehen, warum Ruandas Regierung weder
Südafrika noch der UNO traut und schon gar nicht der südafrikanisch
dominierten neuen UN-Eingreifbrigade im Ostkongo, die letztes Jahr die
mutmaßlich von Ruanda unterstützten M23-Rebellen besiegte.
Alles deutet darauf hin, dass Kigali vom Mord an Karegeya zumindest
profitiert. Dennoch gibt es keinen eindeutigen Beweis seiner Täterschaft.
Es ist wahr, dass ruandische Oppositionelle im Exil häufig zu Tode kommen.
Aber von Ruandas ehemaligem Oberspion würde man erwarten, dass er alle
Tricks kennt. Am Samstag wird Karegeya in Südafrika beerdigt.
15 Jan 2014
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