| # taz.de -- Bedrohungsängste in Ruanda: Der Feind im Innern | |
| > Seit einer Serie von Granateinschlägen geht in in der ruandischen | |
| > Hauptstadt Kigali Sicherheit über alles. Die Regierung fürchtet die | |
| > Hutu-Milizen und exilierte Tutsi-Dissidenten. | |
| Bild: Arbeiteten einst eng zusammen: Ruandas Präsident Paul Kagame (r.) und se… | |
| KIGALI taz | Ruandas Hauptstadt ist eine Stadt im Wirtschaftsboom, wo | |
| ständig neue Hochhäuser und Schnellstraßen entstehen. Kein Papierfetzen, | |
| kein Zigarettenstummel verunziert die Straßen der wohl saubersten und | |
| sichersten Hauptstadt Afrikas, wo auf achtloses Müllwegwerfen umgerechnet | |
| 30 Euro Strafe stehen, für viele ein erheblicher Teil des Monatslohns. | |
| Die Autofahrer beachten penibel Verkehrsregeln, Busse halten an | |
| Haltestellen, Motorradfahrer tragen Helme. Ordnung herrscht in Kigali. | |
| Um ganz sicherzugehen, tauchen im Laufe des Nachmittags entlang der | |
| Hauptstraßen immer mehr Wächter in blauen oder Khaki-Uniformen auf, die | |
| Hand an der Waffe. Im blitzblanken, großzügigen Verteidigungsministerium, | |
| das nach seinem US-Vorbild "Pentagon" heißt und von gepflegtem grünen Rasen | |
| umgeben ist, empfängt Verteidigungsminister James Kabarebe im tadellosen | |
| Anzug und sagt: "In Sicherheitsfragen lassen wir nichts durchgehen." | |
| Im vergangenen Jahr, vor den Wahlen im August, hatte eine Serie mysteriöser | |
| Granatenanschläge Kigali erschüttert. Meist explodierten die Sprengsätze | |
| zur abendlichen Hauptverkehrszeit an belebten Orten, immer wieder gab es | |
| Tote und Verletzte. | |
| Auch dieses Jahr kam es mehrmals zu Anschlägen: So warf ein Motorradfahrer | |
| am 28. Januar eine Handgranate auf eine Bushaltestelle nahe des | |
| internationalen Flughafens von Kigali, es gab 2 Tote und 30 Verletzte. | |
| ## Haftbefehl für Uniprofessor | |
| Die ruandischen Behörden machen dafür Komplizen der im benachbarten Kongo | |
| kämpfenden Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) | |
| verantwortlich, die Soldaten und Milizionäre der 1994 für den Völkermord | |
| verantwortlichen Amee und Milizen sowie junge Hutu versammelt, die in | |
| kongolesischen Flüchtlingslagern ausgebildet wurden. | |
| Vor wenigen Wochen erließ ein Gericht in Huye Haftbefehl gegen | |
| Universitätsprofessor Lambert Havugintwari, der zusammen mit einem | |
| Klinikangestellten in einem Krankenwagen Granaten aus Burundi ins Land | |
| geschmuggelt haben soll. | |
| Seit Jahresbeginn wurden 40 Menschen in Ruanda im Zusammenhang mit | |
| Granatenanschlägen festgenommen. Und vergangene Woche meldete die Polizei, | |
| sie habe eine "Terroristengruppe" dingfest gemacht, die vom Kongo aus | |
| Anschläge in Ruanda geplant habe. | |
| Die Regierung sagt, sie habe "Beweise", dass die FDLR im Kongo mit | |
| ruandischen Dissidenten im Exil zusammenarbeite sowie mit der | |
| Oppositionspartei FDU (Vereinte Demokratische Kräfte), deren Führerin | |
| Victoire Ingabire wegen Verschwörung vor Gericht steht; ihr Prozess wurde | |
| am 20. Juni erneut vertagt, auf Anfang September. | |
| ## Ehemalige Mitstreiter | |
| Ingabire wird vorgeworfen, mit den FDLR zusammengearbeitet zu haben. Aus | |
| den Niederlanden, wo sie bis 2010 lebte, sei an die Miliz Geld geflossen, | |
| sagt Generalstaatsanwalt Martin Ngoga. | |
| Ingabire scheint den ruandischen Machthabern aber nicht besonders wichtig | |
| zu sein im Vergleich zu einigen einst engen Mitstreitern von Präsident Paul | |
| Kagame, die jetzt mit ihm gebrochen haben: der ehemalige Generalstabschef | |
| Faustin Kayumba Nyamwasa und der ehemalige Militärgeheimdienstchef Patrick | |
| Karegeya, die heute in Südafrika im Exil leben. | |
| Sie sind nach Überzeugung der Regierung mit der FDLR sowie dem neuen | |
| Exiloppositionsbündnis RNC (Ruandischer Nationalkongress) liiert. Manche | |
| Beobachter gehen auch davon aus, dass ehemalige Kämpfer der | |
| ostkongolesischen Tutsi-Rebellion CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung | |
| des Volkes), deren einstiger Führer Laurent Nkunda in Kigali unter | |
| Hausarrest sitzt, mit diesem Bündnis liiert sind. | |
| ## Freunde beim Militär | |
| Als Kagames Hauptfeind ist Kayumba jetzt berühmter, als er es je an der | |
| Seite Kagames war. Wenn die Wochenzeitung Umwezi auf dem Titelblatt | |
| Kayumbas "zukünftigen Selbstmord" meldet, der eintreten werde, sobald der | |
| General das Scheitern seiner Umsturzpläne eingestehen müsse, trägt das eher | |
| zu seiner Bekanntheit bei. | |
| Viele Beobachter in Kigali sagen, dass Kayumba und Karegeya in der | |
| ruandischen Armee durchaus noch beliebt sind, vor allem unter Soldaten und | |
| Offizieren, die sich über die eisenharte Disziplin im Militär beschweren. | |
| So berichtet ein Offizier, er habe wochenlang in Haft gesessen, weil er ein | |
| Verhältnis mit der Frau eines in Darfur stationierten Kameraden gehabt | |
| habe. | |
| Die Exilopposition versucht, solche und andere Unzufriedene um sich zu | |
| scharen: Geschäftsleute, die ihre Steuerlast zu hoch finden; Beamte und | |
| Bürger, die ihre Namen als Korruptionsverdächtige veröffentlicht sehen oder | |
| die gar dafür ins Gefängnis wandern. | |
| Während manche Exiloppositionelle Kagame als Führer einer Tutsi-Diktatur | |
| verteufeln, scheint es eher so, dass Kagame vor allem mächtigen Tutsi | |
| misstraut. | |
| 30 Jun 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| François Misser | |
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