# taz.de -- Wahlen im Kongo: Demokratieheld fordert Kabila heraus | |
> Tshisekedi war lange abgetaucht. Jetzt will er Präsident werden. Der | |
> ehemalige Oppositionsführer sorgt sich um die Demokratie und befürchtet | |
> Wahlbetrug. | |
Bild: Schon 1997 grau meliert: Politikveteran Tshisekedi will im Kongo an die M… | |
BERLIN taz | Am 28. November sind in der Demokratischen Republik Kongo | |
Wahlen geplant, und sie gelten als Test fünf Jahre nach den ersten freien | |
Wahlen 2006. Doch je näher der Termin rückt, desto größer werden unter | |
Gegnern des Präsidenten Joseph Kabila die Zweifel. | |
Am Montag kam es zu Straßenschlachten im Zentrum der Hauptstadt Kinshasa, | |
als die älteste Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen | |
Fortschritt) gegen angebliche Unregelmäßigkeiten bei der laufenden | |
Neuregistrierung aller Wähler demonstrierte. Es gab mindestens einen Toten. | |
Die UDPS unter Etienne Tshisekedi, historischer Führer der kongolesischen | |
Demokratiebewegung, hatte 2006 die Wahlen boykottiert und sich damit ins | |
Abseits gestellt. Diesmal tritt sie an und hofft auf internationalen Druck, | |
um korrekte Wahlen zu gewährleisten, sagt Tshisekedi zur taz bei einem | |
Besuch in Berlin. | |
2006 habe die Welt Kabila als Präsidenten erzwungen, so der 78jährige | |
Oppositionsführer, der nach langer Krankheit jetzt erstaunlich verjüngt | |
auftritt. "Heute hat die internationale Gemeinschaft begriffen, dass sie | |
einen Fehler gemacht hat. Sie haben beschlossen, die Kongolesen frei wählen | |
zu lassen. Kabila bereitet Wahlfälschung vor und ich fordere Druck auf | |
Kabila, damit er eine freie und transparente Wahl zulässt". Sollte Kabila | |
durch Fälschung siegen, drohe ihm das Schicksal der Diktatoren Tunesiens | |
und Ägyptens. | |
Der UN-Sicherheitsrat hatte am 28. Juni das UN-Mandat im Kongo um ein Jahr | |
verlängert - trotz früheren Forderungen Kabilas, bis zu den Wahlen die | |
Blauhelme abzuziehen. Die UN-Resolution 1991 "drängt die Regierung und alle | |
relevanten Parteien, ein Umfeld für einen freien, fairen, glaubwürdigen, | |
inklusiven, transparenten, friedlichen und zeitigen Wahlprozess zu | |
gewährleisen". Dies bedeute "freie politische Debatte, Meinungsfreiheit, | |
Versammlungsfreiheit, gleichen Zugang zu Medien, Sicherheit". | |
## Die Wahltricks von Machthaber Joseph Kabila | |
Die UDPS wirft der Wahlkommission vor, in Kabilas Hochburgen Minderjährige | |
zu registrieren und in Oppositionshochburgen die Neuregistrierung der | |
Wähler zu erschweren. In mehreren Provinzen wurde jetzt die | |
Registrierungsperiode bis zum 10. oder 15. Juli verlängert. Bis Ende Juni | |
wurden 28.591.426 Wähler registriert. Rund 31 Millionen sollen es am Ende | |
werden. | |
Ein Wahlsieg Kabilas erscheint wahrscheinlich, weil diesmal anders als 2006 | |
die relative Mehrheit im ersten Wahlgang genügt. Um den Präsidenten zu | |
schlagen, müssten sich seine Gegner zusammentun: die UDPS unter Tshisekedi, | |
die MLC unter dem mittlerweile in Den Haag inhaftierten Jean-Pierre Bemba | |
und die neugegründete UNC (Union der kongolesischen Nation) des ehemaligen | |
Parlamentspräsidenten Vital Kamerhe. International gilt Tshisekedi als | |
ewiger Verlierer und Bemba als diskreditiert. Kamerhe erweckt Neugier - | |
doch viele Oppositionelle trauen ihm nicht, denn noch 2006 leitete er | |
Kabilas Wahlkampf. | |
Tshisekedi dämpft daher die Erwartungen an eine gemeinsame | |
Oppositionskandidatur: "Es kommt nicht in Frage, dass ich einen anderen | |
unterstütze. Ich kämpfe seit 30 Jahren für Demokratie." Die Hoffnung der | |
UDPS scheint zu sein, dass Kamerhe sich wieder an Kabila verkauft, die MLC | |
ohne Bemba schwach bleibt und dann Tshisekedi übrigbleibt. "Wir sind die | |
einzige Partei, die in jedem Dorf des Kongo verankert ist", sagt | |
Tshisekedi. "Nur die UDPS kann das gegenwärtige Regime ablösen." | |
7 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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