# taz.de -- Deutsche Wahlurnen sollen's richten: Smartcards am Kongo-Fluss | |
> "Intelligente Wahlurnen" aus Deutschland sind das Rezept der | |
> Wahlkommission für saubere Wahlen im Kongo. Außerdem logistische Hilfe | |
> Chinas und Südafrikas. | |
Bild: Protest vor einer Parteizentrale in Kinshasa. | |
BRÜSSEL taz | Zwei Monate vor den geplanten Wahlen in der Demokratischen | |
Republik Kongo muss die Wahlkommission Ceni immer noch die Öffentlichkeit | |
davon überzeugen, dass der Wahltermin 28. November Bestand hat. "Die | |
Wahlbüros werden in der gesamten Republik ab 7 Uhr 30 geöffnet sein", | |
erklärt in Brüssel Ceni-Präsident Daniel Ngoy Mulunda. | |
Der Kirchenmann, Gründer und Leiter der Neuen Methodistischen Kirche im | |
Kongo, steht wegen seiner mutmaßlichen persönlichen und politischen Nähe zu | |
Präsident Joseph Kabila in der Kritik. Nach seiner Darstellung sind alle | |
Versuche gescheitert, die Opposition im Kongo vom Ausmaß der Probleme des | |
Wahlkalenders zu überzeugen und eine Wahlverschiebung ins Auge zu fassen. | |
"Die Opposition hat uns gesagt, dass das laufende Mandat des Präsidenten am | |
6. Dezember endet und dass es eine Apokalypse geben wird, wenn bis dahin | |
kein Staatschef gewählt worden ist. Wir haben daher den Wahlkalender unter | |
der Drohung der Opposition aufgestellt, Unruhe zu stiften. Wir reagieren | |
auf die Kompromisslosigkeit der politischen Klasse." | |
So legt die Ceni jetzt einen Gang zu. Aus China bestellte Wahlmaterialien | |
werden per Flugzeug geliefert und nicht per Schiff - das hätte drei Monate | |
gedauert. Wahlkabinen aus dem Libanon warten im kongolesischen | |
Atlantikhafen Matadi sowie im kenianischen Mombasa auf den Weitertransport. | |
In Südafrika werden die Wahlzettel gedruckt. Für die Präsidentenwahl ist | |
das relativ einfach, denn es gibt nur 11 Kandidaten, aber für das Parlament | |
streiten sich über 19.000 Kandidaten um 169 Wahlkreise, in einigen | |
Wahlkreisen wird es über 1.000 Kandidaten geben, was Stimmzettel von | |
mehreren Metern Länge erforderlich macht. | |
## Die Opposition ist skeptisch | |
"Wir warten jetzt nur noch auf die Wahlurnen aus Deutschland", so Ngoy | |
Mulunda. Bis Anfang nächster Woche sollen sie im Kongo eintreffen. Nach | |
taz-Informationen handelt es sich um "intelligente Wahlurnen" der | |
belgischen Firma Zetes in Hamburg, die eine computerisierte Stimmabgabe | |
ermöglichen. Die "intelligente" Wahltechnologie Secure-eVote "erfüllt die | |
höchsten Sicherheitsstandards", erklärt das Unternehmen. | |
"Die Wähler erhalten einen sogenannten Token (Smartcard), eine | |
Hardwarekomponente, der sie als den Wahlberechtigten identifiziert, | |
authentifiziert und das Recht auf eine Stimmabgabe sicherstellt. Die | |
Stimmen können auf den Smartcards selbst und in der intelligenten Wahlurne | |
(Secur-eVote mit Chipkarte) gespeichert, auf Papierstreifen ausgedruckt, in | |
traditionelle Wahlurnen aus Holz oder Plexiglas eingeworfen (Secur-eVote | |
mit gedruckten Wahlzetteln) oder von automatisierten Wahlurnen (Secur-eVote | |
mit intelligenter Wahlurne) ausgezählt werden." | |
Die Opposition im Kongo aber ist sich sicher, dass Computerisierung der | |
Manipulation dient. Sie verlangt eine schnelle Veröffentlichung des | |
Wahlregisters und Offenlegung der Ceno-Computerprogramme. Für gestern | |
riefen Oppositionelle zu Demonstrationen auf. Vor drei Wochen gab es in | |
Kinshasa bereits Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der größten | |
Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) | |
unter Etienne Tshisekedi und der Präsidentenpartei PPRD (Volkspartei für | |
Wiederaufbau und Entwicklung). | |
Ngoy verspricht, den Dialog mit der UDPS "bis zum Ende" weiterzuführen, | |
obwohl sie es abgelehnt hat, einen Verhaltenskodex aller Parteien zu | |
unterzeichnen. Der Wahlkommissionschef spielt das herunter: "Die UDPS ist | |
nicht der Champion der Gewalt. Sie hat Bedingungen gestellt, und wir sind | |
im Begriff, darauf zu antworten." | |
Bleibt die Frage der Kosten. Das Budget der Wahlen liegt inzwischen bei 830 | |
Millionen Dollar, wovon nur ein Fünftel vom Ausland bezahlt wird, vor allem | |
für die Gehälter der 300.000 Wahlhelfer. Bei den Wahlen von 2006 hatte | |
Kongos Regierung nur 10 Prozent der Kosten beigesteuert; diesmal sollen es | |
80 Prozent sein. Bislang hat sie nur 147,8 Millionen Dollar lockergemacht. | |
30 Sep 2011 | |
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