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# taz.de -- 11. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: "Ich habe mit Musare gesproc…
> Post aus Deutschland: Dank Emails stand Ignace Murwanashyaka mit
> FDLR-Anhängern in aller Welt in Kontakt - zehn davon wurden nun im
> Prozess gegen ihn verlesen.
Bild: Muss sich wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen vor dem Oberlandesgericht …
STUTTGART taz | Endlich geht es um den Inhalt. Am 27. Juni, dem 11.
Prozesstag gegen den mutmaßlichen ruandischen Milizen-Führer Ignace
Murwanashyaka und seinen Vize Straton Musoni, wurden erstmals Emails
verlesen, die Murwanashyaka verschickt oder erhalten hatte. Die ins
Deutsche übersetzten Nachrichten sollen Aufschluss über seine Rolle
innerhalb der ruandischen FDLR-Miliz (Demokratische Kräfte zur Befreiung
Ruandas) geben, die im Ostkongo kämpft; ebenso über die mutmaßliche
Kommandofunktion des Rebellenführers.
Prozessbeobachter hatten sich erhofft, dass in dieser Online-Kommunikation
klare Befehle und Pläne übermittelt wurden, die der in Deutschland
ansässige Rebellenführer an seine Kommandeure im Ostkongo geschickt hatte.
Doch so klar ist die Sachlage offenbar nicht.
Schon vor Beginn beantragte die Verteidigung, die Verlesung zu stoppen.
Einer der Gründe: Dies verletze die Rechte der Angeklagten, weil die sieben
DVDs mit den 2,36 Gigabyte Daten der Telekommunikationsüberwachung von der
Verteidigung wegen technischer Probleme nicht ausführlich studiert werden
konnten. Auch die korrekte Übersetzung wurde mehrfach mit zwei Dolmetschern
und Sachverständigen diskutiert. Die ruandische Sprache ist berühmt und
berüchtigt für die Mehrdeutigkeit ihrer Begriffe. Doch der Senat wollte
diese Anträge nicht sofort billigen.
Der 5. Strafsenat des Oberlandesgericht Stuttgarts, vor dem die
Hauptverhandlung stattfindet, hatte die für den Prozess relevanten Emails
ausgewählt. Insgesamt wurden zehn Nachrichten verlesen, die Murwanashyaka
zwischen 2008 und 2009 verfasst oder erhalten hatte.
Die erste Mail enthielt einen Auftrag an ein FDLR-Mitglied im Kongo. Darin
gibt Murwanashyaka im Jahr 2008 Anweisungen – mit der Anmerkung "die
Verwaltung des Krieges in der DRC nimmt mir viel Zeit in Anspruch, wir sind
aber dafür da". Der Auftrag lautete: mit in Malawi und Mosambik
stationierten Mitgliedern der FDLR Kontakt aufzunehmen sowie Ruander um
Geldspenden zu bitten.
Eine Mail vom 22. März 2009 offenbarte mehr: Sie war an einen
FDLR-Kommandeur im Kongo gerichtet. Der Betreff: "Ich habe mit Musare
gesprochen". Musare ist der Alias-Name für den Militärchef der RUD-Urunana,
eine Splittergruppe, die sich nach den gescheiterten Friedensverhandlungen
von 2005 von der FDLR losgesagt hatte. General Musare untersteht mit seinen
bislang rund 400 Kämpfern nicht dem Kommando von FDLR-Präsident
Murwanashyaka. Die politische Führung der RUD lebt in den USA und
behauptet, mit der FDLR keinen Kontakt mehr zu haben.
## "Diejenigen, die das machen, müssen damit aufhören"
Das in der Email erwähnte Gespräch Musare bezeugt jedoch das Gegenteil:
"Ich habe ihm [Musare] gesagt, dass er Unterstützung von dir kriegen kann",
schreibt Murwanashyaka. Dies ist im Prozess von Bedeutung: Die Opfer der
Gewaltverbrechen im Kongo können die Kämpfer der FDLR und der RUD nur
selten auseinander halten. Es wird oftmals aus ihren Berichten nicht
deutlich, welche der beiden ruandischen Hutu-Milizen die Taten begangen
hat. Ob die ehemaligen Verbündeten kooperieren, war bislang ebenfalls nicht
klar. Hierfür liefert diese Email den Beweis. Am Ende bezieht sich
Murwanashyaka auf Vergewaltigungen im Kongo und gibt den Befehl:
"Diejenigen, die das machen, müssen damit aufhören."
Eine Mail vom 18. Februar 2009 hatte er unter anderem an den
UN-Sicherheitsrat sowie an Vorsitzende der Europäischen Union und der
Afrikanischen Union adressiert. Kurz zuvor hatten ruandische und
kongolesische Truppen mit Unterstützung der UN-Mission im Kongo (Monuc)
eine gemeinsame Militäroperation gegen die FDLR gestartet. Darin fordert
Murwanashyaka die Internationale Gemeinschaft auf, diesen "unnützen und
ungerechten Krieg" zu stoppen, "bevor eine humanitäre Katastrophe"
eintritt, welche die kongolesische Bevölkerung "dezimiere". Diese Zeilen
lassen sich als Drohung verstehen. Die Monuc hatte später im Kongo einen
FDLR-Funkspruch abgehört, in welchem ein FDLR-Kommandeur den Befehl
erteilte, eine "humanitäre Katastrophe" zu entfachen.
Eine Email vom 8. Januar 2009 war von einem gewissen Jean Claude Ikorimana
in Murwanashyakas Postfach eingegangen. In dieser schlägt Ikorimana vor,
"Chaos in der DRC zu verursachen und drei Millionen Menschen zu
vertreiben", damit die Internationalen Gemeinschaft sehe, "dass wir stark
sind". Die Nachricht wird beendet mit "bitte gebe Anweisung, um die Tat
umzusetzen". Sofort stellte die Verteidigung den Antrag, erneut einen
Ermittler des Bundeskriminalamtes dazu zu vernehmen. Dieser solle
bestätigen, dass Murwanashyaka auf diese Mail nicht geantwortet habe und
nicht bekannt sei, dass Ikorimana Mitglied der FDLR sei.
Der Prozess wird am Mittwoch, 29. Juni 2011, fortgesetzt.
28 Jun 2011
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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