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# taz.de -- 15. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Latein oder Swahili?
> Weitere Verlesungen des Mail- und SMS-Verkehrs zwischen FDLR-Präsident
> Murwanashyaka und Verantwortlichen im Feld. Die Verteidigung moniert
> "Übersetzungsfehler".
Bild: Foto vom ersten Prozesstag in Stuttgart.
STUTTGART taz | "Wir grüßen Sie, Exzellenz!" lautete der Titel einer SMS an
FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka aus dem Kongo nach Deutschland, mit dem
er am 17. Mai 2009 über die Einzelheiten des Massakers von Busurungi eine
Woche zuvor informiert wurde.
Die im OLG Stuttgart am 11. Juli verlesene SMS gehört zu einer noch nicht
vollständig verlesenen Reihe mehrerer Nachrichten aus dem Feld nach einem
der blutigsten Einzelmassaker, das der im Kongo kämpfenden ruandischen
Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zugeschrieben
wird und für das Murwanashyaka und sein 1. Stellvertreter Straton Musoni
jetzt vor Gericht stehen.
"Es waren Zivilisten unter den Opfern, weil" lautet diese erste SMS, auf
die weitere folgen mit dem Wortlaut "37 tote FARDC (kongolesische
Regierungsstreitkräfte, d. Red.), mehrere Verletzte" sowie "Die Inyenzi
wollen zurückkommen" – Inyenzi ist der unter Ruandas Hutu-Extremisten
gebräuchliche Begriff für Tutsi und bedeutet wörtlich "Kakerlaken".
Die Gesamtkommunikation, innerhalb dieser diese SMS-Nachrichten erfolgten,
ist noch nicht im Zusammenhang verlesen worden. Doch deutlich wird wieder
einmal, was für eine zentrale Bedeutung das Massaker von Busurungi in der
Nacht vom 9. zum 10. Mai 2009 – dessen Ablauf die taz am 2. Mai 2011 genau
anhand von Aussagen von Mittätern [1][rekonstruierte] – sowohl für die FDLR
als auch für den Kriegsverbrecherprozess in Stuttgart hat.
Bereits vergangene Woche war eine Mail an Murwanashyaka vom 15. Mai 2009
verlesen worden, in der Einzelheiten über den Angriff der FDLR auf
Busurungi geschildert wurden. In dieser Kommunikation wird weiterhin
behauptet, Mitglieder der damals frisch in die kongolesische
Regierungsarmee FARDC eingegliederten kongolesischen Tutsi-Rebellion CNDP
(Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes) planten Luftangriffe mit
Giftgas und hätten sich als FDLR verkleidet, um Massaker zu begehen; am 26.
Mai schlägt Murwanashyaka in einer Mail vor, zu behaupten, die CNDP bestehe
aus Truppen der ruandischen Armee.
## "Die Jugend ist gerne für Operation bereit"
"Gott ist auf der Seite unserer Organisation", heißt es in einer SMS an
Murwanashyaka am 13. April 2009. Eine Woche später werden intensive Kämpfe
gemeldet. Und am 21. April 2009 meldet eine SMS an Murwanashyaka, der
militärische FDLR-Flügel FOCA solle junge Erwachsene rekrutieren. "Die
Jugend ist gerne für Operation bereit", heißt es. Am 29. April – wenige
Tage vor dem Busurungi-Massaker – meldet eine weitere Textnachricht, die
Rekrutierung von jungen Erwachsenen sei jetzt erlaubt.
Wie an jedem der vergangenen Verhandlungstage bestritt die Verteidigung
auch diesmal die Korrektheit der Übersetzung einzelner Worter immer dann,
wenn daraus eine kriegerische Absicht hervorgehen könnte.
Besonders heftig gestritten wurde über das mehrfach vorkommende Wort
"vita". Dieses übersetzte der Übersetzer als Wort aus der ostafrikanischen
Sprache Swahili, wo es "Krieg" bedeutet. Die Anwälte beharrten darauf, es
sei Lateinisch und bedeute "Leben". Sind die FDLR für den Krieg oder für
das Leben? Es könnte zu einer Grundsatzfrage in diesem Verfahren werden.
13 Jul 2011
## LINKS
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## AUTOREN
Bianca Schmolze
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Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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