# taz.de -- Krise im Kongo: Enttäuschte Hoffnungen | |
> Erst gibt es bei Kongos Friedensgesprächen keinen Vertrag mit den | |
> M23-Rebellen. Dann kommt Präsident Kabila der zivilen Opposition nicht | |
> entgegen. | |
Bild: M23-Unterhändler in Kampala. In der Mitte: Außenminister René Abandi, … | |
Es sollte die Woche der großen Entscheidungen in der Demokratischen | |
Republik Kongo werden: Erst die Unterzeichnung eines Friedensvertrages | |
zwischen der Regierung und der ostkongolesischen Rebellenbewegung M23 | |
(Bewegung des 23. März) in Ugandas Hauptstadt Kampala, dann eine | |
Grundsatzrede des Präsidenten Joseph Kabila zu politischen Reformen vor | |
beiden Parlamentskammern in Kongos Hauptstadt Kinshasa. | |
Aber am Wochenende platzten die Gespräche mit der M23, und am Mittwoch | |
sagte Kabila in seiner Rede wenig Konkretes. | |
Die Friedensgespräche in Kampala waren im September wieder aufgenommen | |
worden, nach einer erfolgreichen Offensive von UN-Eingreiftruppen gegen die | |
M23. Die geschwächten Rebellen sagten zu, ihren Kampf einzustellen – unter | |
Bedingungen. Kongos Regierung hingegen verlangte die bedingungslose | |
Kapitulation und stellte ihrerseits Bedingungen für eine Wiederaufnahme von | |
Rebellenkämpfern in die Streitkräfte. | |
Am Ende waren immerhin acht von zwölf Paragraphen des geplanten Abkommens | |
paraphiert, sagte UN-Sonderbeauftragte Mary Robinson am Montag dem | |
UN-Sicherheitsrat. Zentraler Punkt: die Umwandlung der M23 in eine | |
politische Partei. | |
Keine Einigung gab es jedoch über eine Reintegration der M23-Kämpfer in die | |
Armee. Die Regierung hat eine Liste „nicht integrierbarer“ | |
Rebellenoffiziere verbreitet, der Abkommensentwurf legt für den Rest eine | |
individuelle Reintegration samt Treueschwur fest. | |
Weiter genießen M23-Mitglieder im Entwurf zwar Amnestie, aber wer wegen | |
Kriegsverbrechen angeklagt ist, bleibt davon ausgenommen. Unklar blieben | |
auch Sicherheitsgarantien für ehemalige Rebellen. | |
## Hohe Erwartungen in Kinshasa | |
Nachdem die M23 diese Punkte nicht unterschrieb, reisten die meisten | |
Regierungsdelegierten am Sonntagabend ab, um in Kinshasa Kabilas Rede | |
beizuwohnen. In dieser Rede sollte der Präsident verkünden, welche Schlüsse | |
er aus den Beratungen einer „nationalen Konzertation“ aus Hunderten | |
Politikern aller Lager zieht, die in den Monaten zuvor in Kinshasa getagt | |
hatte. | |
Doch die zuvor gestreuten hohen Erwartungen blieben unerfüllt. Er ernannte | |
keinen Oppositionspolitiker zum neuen Premierminister, sondern versprach | |
bloß, „bald“ eine „Regierung des nationalen Zusammenhalts“ unter Einsc… | |
der Opposition zu bilden. Zu den konkreten Empfehlungen der „nationalen | |
Konzertation“ sagte Kabila, es werde jetzt jedes Jahr ein „Forum des | |
nationalen Zusammenhalts“ geben. | |
Weitere Ankündigungen, beispielsweise eine Frauenquote im Parlament oder | |
ein „ausreichendes Budget“ für die Justiz, stehen entweder längst unerfü… | |
in Kongos Verfassung und Gesetzen, oder sie bleiben Symbolpolitik, wie die | |
Ernennung eines Sonderberaters des Präsidenten zum Kampf gegen illegale | |
Bereicherung. | |
## Haftgrund: „Verstoß gegen die Autorität des Staates“ | |
Es bleibt zu bezweifeln, dass die Gegner Kabilas im Kongo – von denen viele | |
seine Wiederwahl 2011 als gefälscht ablehnen – damit zufrieden sein werden. | |
Sie erhofften sich von der Rede vor allem eines: die Freilassung | |
politischer Gefangener. Dazu verkündete Kabila lediglich ein | |
Begnadigungsdekret. | |
Am späten Mittwoch veröffentlicht, beschränkt dieses Dekret Freilassungen | |
von Häftlingen, die weniger als drei Jahre abzusitzen haben, und nimmt so | |
gut wie alle politischen Haftgründe davon aus: insbesondere „Gefährdung der | |
inneren oder äußeren Sicherheit, illegaler Waffenbesitz und jeder andere | |
Verstoß gegen die Autorität des Staates und die territoriale Integrität“. | |
Falls das als nächstes erwartete Amnestiegesetz ebenso restriktiv ausfällt, | |
dürfte es für die M23 unannehmbar sein. Für diesen Fall setzt Kongos | |
Regierung auf erneute Militärschläge der UNO. | |
24 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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Martin Kobler | |
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