| # taz.de -- Energie-Volksentscheid in Berlin: Billig kann man abhaken | |
| > Wird der Strom billiger, wenn der Volksentscheid Erfolg hat? Die | |
| > Initiatoren versprechen „bezahlbare Energie“. Konkrete Preise kann | |
| > niemand nennen. | |
| Bild: Kann man nicht sehen, ist aber teuer: Strom aus der Steckdose. | |
| BERLIN taz | Die Nachricht von der steigenden Umlage für erneuerbare | |
| Energien platzt mitten in den Wahlkampf des Energietischs: In knapp drei | |
| Wochen ist die Abstimmung über die Rekommunalisierung der | |
| Energieversorgung. Und viele Berliner fragen sich: Wie stark sinkt meine | |
| Stromrechnung, wenn ich am 3. November mit „Ja“ stimme? | |
| Der Energietisch forderte gestern in einer Mitteilung, man müsse „sinkende | |
| Strompreise endlich an die Verbraucher weitergeben“. Bei dem zu gründenden | |
| Stadtwerk stünden „nicht die Profitinteressen im Mittelpunkt der | |
| Geschäftspolitik, sondern die Interessen der Berlinerinnen und Berliner“. | |
| Das Ziel sei, „mit dem Stadtwerk für bezahlbare Energie zu sorgen“. | |
| Nachfrage beim Energietisch-Sprecher Stefan Taschner: Was wird der Strom | |
| denn kosten? Taschner sagt, dass der Gesetzentwurf dazu keine Vorgaben | |
| macht. Darf er auch nicht: Volksbegehren über die Tarife öffentlicher | |
| Unternehmen sind laut Verfassung verboten. | |
| Aber was bedeutet dann „bezahlbare Energie“? Taschner: „Das ist ein | |
| schwammiger Begriff. Es ist schwierig, eine konkrete Zahl anzugeben. Im | |
| Prinzip bedeutet es, dass für einkommensschwache Haushalte die Kosten für | |
| Energie nicht so hoch sein dürfen, dass man am Essen sparen muss.“ | |
| Ist denn das Ziel, dass das Stadtwerk den günstigsten Tarif aller Anbieter | |
| hat? Taschner: „Nein, der billigste ist nicht immer der beste, wie wir an | |
| der Insolvenz einiger Kampfpreis-Anbieter gesehen haben.“ Soll der Preis | |
| denn wenigstens unter dem Standardtarif von Vattenfall liegen? Taschner: | |
| „Den Preis wird die Geschäftsführung festlegen, der ich keine Vorgaben | |
| machen kann.“ Er glaubt allerdings, dass „die Möglichkeit durchaus | |
| besteht“, dass der Preis günstiger als der von Vattenfall ist. | |
| ## Nur Ökostrom verkaufen | |
| Das Stadtwerk hat jedenfalls den Vorteil, dass es nicht so hohe Renditen | |
| wie ein privater Konzern erwirtschaften muss. Allerdings: Einen Gewinn soll | |
| es schon machen, sagt Taschner. Im Gesetzentwurf ist von einer | |
| „Wirtschaftsführung nach kaufmännischen Grundsätzen“ die Rede. Wie hoch | |
| genau die Rendite sein soll, sagt Taschner, kann man jetzt noch nicht | |
| sagen, das wird dann die Geschäftsführung festlegen. | |
| Ein Nachteil des Stadtwerks im Preiskampf mit anderen Anbietern wird sein, | |
| dass es laut dem Gesetzentwurf viele Ausgaben hat, die die Konkurrenz nicht | |
| hat. Das Stadtwerk darf nur Ökostrom verkaufen, und der ist in der | |
| Produktion derzeit noch teurer als Atom- oder Kohlestrom. Das Stadtwerk | |
| soll zudem die energetische Sanierung von Gebäuden fördern. Es soll | |
| Energiesparberatung anbieten. Es soll für Menschen mit wenig Einkommen den | |
| Einsatz energiesparender Haushaltsgeräte fördern. Es soll jedes Jahr in | |
| allen Bezirken Versammlungen organisieren, auf denen die Bürger über die | |
| Geschäftspolitik diskutieren. | |
| So stellt sich die Frage, ob einkommensschwache Haushalte, die angesichts | |
| steigender Strompreise beim Essen sparen müssen, wirklich zu diesem | |
| Stadtwerk wechseln. Oder nicht doch eher zu einem Anbieter mit | |
| Dumpingpreisen, selbst wenn der Strom dann aus Kohle und Atom kommt. Denn | |
| diese Auswahl bleibt auch nach Gründung des Stadtwerks erhalten: Jeder | |
| Kunde bleibt zunächst bei seinem bisherigen Stromanbieter. Vattenfall mit | |
| seinem Marktanteil von 80 Prozent in Berlin bleibt der Grundversorger. | |
| Und was ist mit dem anderen Teil des Volksentscheids, der die | |
| Rekommunalisierung des Stromnetzes fördern soll? Das Netzentgelt macht | |
| immerhin knapp ein Viertel des Strompreises aus. Doch auch nach einer | |
| Rekommunalisierung soll das Netzentgelt nicht sinken. Die Gewinne sollen | |
| stattdessen so hoch wie bisher bleiben und verwendet werden, um den | |
| Kaufpreis für das Netz zurückzuzahlen. | |
| Sprich: Wer am 3. November mit „Ja“ stimmt, kann nicht damit rechnen, | |
| deshalb mittelfristig weniger für den Strom zahlen zu müssen. | |
| 16 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Heiser | |
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