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# taz.de -- Nach dem Volksentscheid in Berlin: Am Ende fehlte die Energie
> Der Volksentscheid über die Energieversorgung in Berlin scheitert an
> 21.000 Stimmen. Der Senat wollte den Termin nicht mit der Bundestagswahl
> zusammenlegen.
Bild: Hat nicht gereicht: Lange Gesichter auf einer Wahlparty
BERLIN taz | Zuerst sah es am Sonntagabend noch aus, als ob der Erfolg
möglich wäre: Die Hoffnung überwog bei der Wahlparty des
[1][Energietisches], einem Bündnis von Umweltgruppen, den
Globalisierungskritikern von Attac, Gewerkschaften, Kiezinitiativen,
Grünen, Linken und Piraten. Doch zwei Stunden nach Schließung der
Wahllokale war klar: Zwar hatten mehr als 80 Prozent der Wähler mit Ja
gestimmt. Doch es fehlten 21.000 Stimmen, um das Quorum von 621.000 Stimmen
– ein Viertel aller Wahlberechtigten – zu erreichen.
Berlin gehört zu den sieben Bundesländern, bei denen 25 Prozent aller
Wahlberechtigten zustimmen müssen, damit ein Volksentscheid Erfolg hat.
Noch höher ist diese Schwelle in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern
und im Saarland. In den übrigen Bundesländern ist sie niedriger. Bayern und
Sachsen verzichten sogar vollständig darauf.
Michael Efler vom Berliner Energietisch meint: „Es ist bitter, wenn
letztendlich nicht die Abstimmenden über den Erfolg bestimmen, sondern ein
politisch festgelegtes Quorum. Läge das Quorum wie in Hamburg bei 20
Prozent, würde das Abstimmungsergebnis als rauschender Sieg gefeiert
worden.“
Entscheidend für das Scheitern des Volksentscheides war die Terminfindung
des Berliner Senats. Der Energietisch hatte gefordert, am Tag der
Bundestagswahl auch über die Stromversorgung abzustimmen. Das wäre
rechtlich möglich gewesen, hätte Kosten sowie den doppelten Aufwand für die
Wahlhelfer erspart und das Quorum wäre möglicherweise leichter erreicht
worden. Die Koalition aus SPD und CDU entschied sich stattdessen für einen
Termin sechs Wochen später. Als am Sonntag klar war, dass der
Volksentscheid an der Beteiligung scheitert, [2][twitterte] Berlins
Senatskanzleichef Björn Böhning: „Hihi.“
## Nicht so schnell abstellen
Der Energietisch hat durch den Volksentscheid dennoch eine Menge erreicht.
Vor fast zwei Jahren hatten die Initiatoren begonnen, die Unterschriften
für [3][ihre Forderungen] (PDF) zu sammeln: Die Gründung landeseigener
Stadtwerke, die Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien herstellen und
verkaufen, die beim Energiesparen beraten, bei der Gebäudesanierung helfen
und die säumigen Zahlern den Strom nicht so schnell abstellen wie die
Konkurrenz. Schließlich sitzen bei kommunalen Stadtwerken auch direkt
gewählte Bürger im Verwaltungsrat.
Das zweite Ziel war die Gründung einer Netzgesellschaft, die sich um die
Konzession für das Stromnetz bewirbt. Als der Energietisch genug
Unterschriften gesammelt hatte, damit es zu einer landesweiten
Volksabstimmung kommt, übernahm die Koalition einige Forderungen. Das Land
Berlin gründete sowohl ein Ökostrom-Stadtwerk als auch eine
Netzgesellschaft, die sich um die Konzession bewarb. Ohne das Volksbegehren
hätte es das nicht gegeben.
Genau das machte es den Initiatioren allerdings auch schwer bei der
Mobilisierung: Schließlich ging es jetzt nicht mehr um das Ob, sondern nur
noch um das Wie. Der Senat hatte bei seiner Kopie des Konzepts einige
besonders weitgehende Forderungen des Energietisches weggelassen. Wo genau
die Unterschiede nun noch lagen, konnte eigentlich kaum ein Wähler so
richtig erklären. Wichtig war vielen, ein Zeichen gegen den Netzbetreiber
Vattenfall zu setzen.
Der Energietisch fordert angesichts der 600.000 Jastimmen nun ein
freiwilliges Entgegenkommen des rot-schwarzen Berliner Senats. „Das
Ministadtwerk der Koalition muss nun zu echten starken Stadtwerken
ausgebaut werden“, so Sprecher Stefan Taschner.
4 Nov 2013
## LINKS
[1] http://www.berliner-energietisch.net/
[2] http://twitter.com/BoehningB/status/397071956828499968
[3] http://berliner-energietisch.net/images/gesetzentwurf%20und%20begrndung.pdf
## AUTOREN
Sebastian Heiser
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