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# taz.de -- Angriff in Duisburg: „Das war euer letztes Spiel“
> Antirassistische Ultras des MSV werden von Hooligans und Nazis
> angegriffen. Im Kampf um die Hegemonie der Kurve scheinen die Linken
> chancenlos.
Bild: Schwerer Stand in Duisburg: die Ultras der „Kohorte“
Die Bedrohungslage existierte schon eine Weile für die „Kohorte“, einer
antirassistischen Ultra-Gruppe beim MSV Duisburg. „Politik habe im Fußball
nichts zu suchen“, lautete die Ansage, die ihnen insbesondere durch
Duisburger Hooligankreise wiederholt gemacht wurde. Ganz explizit geschah
dies zuletzt bei einem Treffen der so unterschiedlichen Fans vor circa
einem Monat.
Unter dem Eindruck der Präsenz körperlich deutlich überlegener Hools,
insbesondere der Gruppe „Division Duisburg“, mussten die jungen Ultras
versprechen, sich politisch zurückzuhalten, auf sicht- und hörbares
antirassistisches Engagement zu verzichten.
Beim Heimspiel des Drittligisten am Samstag gegen Saarbrücken meldete sich
die „Kohorte“ dennoch wieder zu Wort. Das jüngst von [1][Eintracht
Braunschweig ausgesprochene Gruppenauftrittsverbot für die
linksorientierten Ultras Braunschweig,] die wiederholt von rechten
Hooligans angegriffen wurden, kommentierten sie mit dem Spruchband:
„Täter-Opfer-Rolle vertauscht? Schäm dich, Eintracht Braunschweig“.
Für die Hooligans und ebenso anwesenden rechtsextremen Mitglieder des
Nationalen Widerstands aus Duisburg und Dortmund eine Provokation, die
ausreichte, um die Ultras nach Spielschluss zu überfallen. Zwischen 20 und
30 von ihnen stürzten sich auf die „Kohorte“ und prügelten so lange auf
diese ein, bis die Polizei mit einem massiven Pfefferspray- und
Schlagstockeinsatz dazwischenging. Augenzeugen berichten von der besonderen
Brutalität, selbst auf am Boden liegende Frauen sei weiter eingetreten
worden. Eine angeknackste Rippe, Lungenprobleme, ausgeschlagene Zähne, so
die Bilanz des Vorfalls.
## Jugendliche gegen Kampfsportler
Gerd Dembowski, zwischen 1995 und 2000 Leiter des Duisburger Fanprojekts,
weiß um das extreme Ungleichgewicht der Kräfte. In Reihen der Kohorte
stehen viele Mitglieder, die 16 Jahre und jünger sind, „keine
Fitnessclubkanten“, wie er es überspitzt ausdrückt, ohne jeglichen Hang zur
Gewalt. Ihnen gegenüber stehen gestählte Bodybuilder und Kampfsportler.
Die politisch aufgeladenen Konflikte innerhalb der Duisburger Fanszene
existieren seit nunmehr zwei Jahren, als sich die „Kohorte“ spaltete,
unpolitische und rechte Mitglieder die Gruppe verließen. Am Anfang wehrten
sich nichtlinke Kreise massiv gegen die als Störenfriede empfundenen
Ultras. Als „Juden“ wurden diese beschimpft, immer wieder kam es zu
Bedrohungen und Übergriffen.
Nachdem der Duisburger Staatsschutz den neonazistischen Kreisen etwas auf
die Füße stieg, wurde es ruhiger. Doch seit Beginn dieser Saison geht es
wieder Schlag auf Schlag. Nach einem Spiel gegen Chemnitz machten fünf
Hooligans einer jungen Kohorte-Anhängerin deutlich, dass sie ihr Engagement
einstellen sollte; kurz darauf kam es bei einem Auswärtsspiel in Leipzig zu
körperlichen Attacken.
## Braunschweiger Verhältnisse
Die Gruppe soll zum Schweigen gebracht werden. „Das war euer letztes
Spiel“, sollen die Hooligans unmittelbar vor ihrem Angriff gerufen haben.
Dembowski verweist auf den Versuch, „Verhältnisse wie in Braunschweig
herzustellen, die es der antirassistisch agierenden Gruppe nicht mehr
erlaubt, weiter aktiv zu sein“. Dabei kommt den Hooligans der von ihnen
erzwungene „Politik-Verzicht“ der Ultras beim Versuch, einen „imaginären
Schulterschluss“ (Dembowski) mit der restlichen Fanszene des MSV
herzustellen, zupass. Die Ultras stehen da, als hätten sie eine getroffene
Vereinbarung gebrochen.
Für die „Kohorte“ erscheint die Situation „ausweglos“, sagt Dembowski.…
er ein Jugendlicher, würde er ihnen raten, „pumpen zu gehen“, um vor
Angriffen besser geschützt zu sein, als Soziologe tut er dies nicht. „Es
muss möglich sein, im Stadion eine demokratische Vielfalt zu etablieren“,
sagt er und verweist auf die Verantwortung des Klubs. Erst wenn der
eindeutig Stellung bezieht, kann den Hooligans, die ihr Gewaltmonopol
innerhalb der Fanszene verteidigen wollen, Einhalt geboten werden. Solange
bleibt es ungemütlich. Beobachter der Szene rechnen mit noch schlimmeren
Vorfällen.
20 Oct 2013
## LINKS
[1] /!124572/
## AUTOREN
Erik Peter
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