# taz.de -- Naziszene im Südwesten (Teil 2): Heil Bronner! | |
> Ein jüdischer Barbesitzer erhält Morddrohungen, ein Nazi- Versandhandel | |
> floriert: Dennoch wollen Polizei und Stadt nichts von rechten Umtrieben | |
> wissen. | |
Bild: Schön grün der Landkreis Heilbronn – aber mit braunen Stellen | |
BERLIN taz | Obwohl Stadt und Polizei Probleme mit Rechtsextremen in | |
Heilbronn [1][bestreiten], bekam es ein jüdischer Barbesitzer mit Neonazis | |
zu tun. Im Frühjahr 2010 erhielt er regelmäßig Morddrohungen via Telefon. | |
Als er an der Außenwand seines Lokals Hakenkreuze und das Wort „Jude“ | |
entdeckte, erstattete er Anzeige. Tatverdächtige konnten nicht ermittelt | |
werden. Immerhin: Seitdem ist Ruhe. | |
Heftig kritisiert wird der polizeiliche Umgang mit Neonazis vor allem von | |
der Antifaschistischen Aktion (Antifa) Heilbronn. Einer ihrer Vertreter | |
wirft den Ermittlern vor, dass sie die Rechtsradikalen verharmlosten: „Die | |
Szene in und um Heilbronn ist eine der aktivsten in Baden-Württemberg“, | |
sagt er. | |
Erst kürzlich [2][outete die Antifa] die Leiterin der Jungen | |
Nationaldemokraten (JN) Heilbronn-Hohenlohe, die Jugendorganisation der | |
NPD. Isabel Z. wolle eine Beamtinnenlaufbahn einschlagen, schildert der | |
junge Antifa-Vertreter. Dazu absolvierte die JN-Aktivistin in ihrer | |
Heimatstadt – nur zwölf Kilometer südlich von Heilbronn – ein | |
sechsmonatiges Praktikum in der Verwaltung. Dort wusste offenbar niemand | |
von ihrer Gesinnung. | |
„In der Schule war bekannt, dass sie in einer rechten Clique ist“, sagt | |
hingegen ein ehemaliger Mitschüler. Der Ort sei klein, die Stadtverwaltung | |
hätte es „auf jeden Fall rausbekommen können“. Besonders pikant: Während | |
des Praktikums hatte sie Zugang zu persönlichen Daten der Bürger. | |
## „Weiße Rebellion“ | |
Nach Einschätzung der Antifa halten NPD und JN die Strippen in der Szene | |
zusammen. Mit einer gewaltbereiten autonomen Kameradschaft, den Freien | |
Nationalisten Kraichgau, sei die JN gut vernetzt, sagt der junge Mann. | |
Einige Heilbronner seien dort aktiv. | |
Die Kameradschaft agiert vor allem | |
//linksunten.indymedia.org/de/node/81796:im Raum Sinsheim, knapp 30 | |
Kilometer nordwestlich von Heilbronn. Staatsschützer Lars Fuhrmann | |
bestätigt: „Es gibt eine Handvoll Personen aus dem Randbereich des | |
Landkreises, die bei den Freien Nationalisten aktiv sind.“ Seine Behörde | |
sei dafür aber nicht zuständig, da Sinsheim von einer anderen | |
Polizeidirektion betreut werde. | |
Für noch gefährlicher hält die Antifa eine weitere Gruppe: die „Weiße | |
Rebellion“. Auch bei ihr sind Personen aus dem Kreis Heilbronn aktiv. „In | |
der konspirativen Gruppe finden sich überwiegend Skinheads“, sagt der | |
Antifa-Aktivist. Laut einem internen Polizeipapier handelt es sich bei der | |
„Weißen Rebellion“ um eine „Organisation mit festen Strukturen“. | |
Auch Verbindungen in den Kreis Heilbronn werden erwähnt: Von dort seien | |
„derzeit mehrere Angehörige der rechtsextremistischen Szene bekannt, welche | |
Kontakte zur ’Weißen Rebellion‘ und den ’Freien Nationalisten‘ pflegen… | |
Verantwortlich ist die „Weiße Rebellion“ laut Papier „für mehrere | |
Demonstrationen und Straftaten im Bereich Propaganda- und | |
Körperverletzungsdelikte“. | |
Also gibt es doch eine rechtsextremistische Szene? Überrascht wiegelt die | |
Polizei auf Nachfrage ab. Es möge sein, dass Heilbronner dort aktiv seien, | |
„ob es Mitglieder sind, weiß man aber nicht“, so Fuhrmann. | |
## Man dachte, der Nazi sei weggezogen | |
Neben aktiven Gruppen wartet die Heilbronner Szene auch mit mehreren | |
rechtsextremen Einzelpersonen auf: Da wäre zum Beispiel Lars Käppler, der | |
einen der führenden rechten Versandhandel mit Sitz in einer | |
Landkreisgemeinde und Postfach in Heilbronn betreibt. Von Neckarwestheim | |
aus führt der Neonazi den „Weltnetzladen“, seitdem er sich von seinen | |
öffentlichen Auftritten als JN- und NPD-Funktionär zurückgezogen hat. Wegen | |
Volksverhetzung wurde Käppler bereits 2009 vom Amtsgericht Heilbronn zu | |
einer Geldstrafe verurteilt. | |
Auf Nachfrage zu dem rechten Online-Händler gibt sich Staatsschützer | |
Fuhrmann erstaunt: Man dachte, der Neonazi sei samt seinem Verhandhandel | |
aus dem Raum Heilbronn weggezogen. | |
Und dann ist da noch die mutmaßliche Betreiberin des rechten Internetforums | |
„thiazi.net“. Sie wohnt in einer Landkreisgemeinde nördlich von Heilbronn. | |
Nach BKA-Angaben gilt das Forum als die bedeutendste deutschsprachige | |
rechtsextremistische Internetplattform. Bei einer Razzia des BKA im Juni | |
2012 wurde die damals 30-Jährige in ihrem Haus festgenommen. Gemeinsam mit | |
einem gleichaltrigen Erzieher aus Mecklenburg-Vorpommern soll sie eine | |
kriminelle Vereinigung gebildet haben, so das BKA. Inzwischen hat das | |
Landgericht Rostock gegen die beiden Beschuldigten Anklage wegen | |
Volksverhetzung erhoben. | |
Hier geht es zu [3][Teil 1 des Artikels.] | |
30 Oct 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Naziszene-im-Suedwesten/!126367/ | |
[2] http://antifaheilbronn.blogsport.de/2013/06/21/heilbronner-jn-stuetzpunktle… | |
[3] /Naziszene-im-Suedwesten/!126367/ | |
## AUTOREN | |
Laura Esslinger | |
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