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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: National befreite Zone
> Eintracht Braunschweig reagiert auf Naziübergriffe – und verbietet die
> antirassistischen Ultras. Die Vereinsführung ist dem Problem geistig
> nicht gewachsen.
Bild: Bremer Fans positionierten sich klar gegen Neonazis. In Braunschweig ist …
Man stelle sich vor, ein Verein der ersten Fußball-Bundesliga hat ein
Problem mit Nazis in seiner Fanszene. Also mit Gruppen von Hooligans oder
rechtsoffenen Ultras, die unter so klangvollen Namen wie „Alte Kameraden“
oder „Fette Schweine“ auftreten und die Deutungshoheit in der Kurve haben,
da die überwiegende Mehrheit der Fans die Augen verschließt, getreu dem
ewigblöden Motto: Fußball ist Fußball und Politik ist Politik.
Man stelle sich ferner vor, es gäbe da eine Gruppe überwiegend junger
Fußballfans, ebenfalls Ultras, die den Mut haben, diese Missstände zu
benennen und anzuprangern. Die sich selbst klar antirassistisch
positionieren und vom Verein sowie den übrigen Fans dasselbe verlangen.
Eine Gruppe, die dafür seit jeher bedroht und angegriffen wird und sich
seit fünf Jahren nicht in den Gästeblock ihres Vereins traut.
Jedenfalls bis vor einer Woche, als 45 von ihnen, nach vorheriger
Ankündigung beim Verein, den Versuch wagten, ihre Mannschaft auswärts
inmitten der anderen Fans zu unterstützen. Und dafür vom rechten Mob verbal
und körperlich so attackiert wurden, dass sie noch vor dem Anpfiff das
Weite suchen mussten.
Wie also reagiert nun so ein Verein, der zur Kenntnis nehmen muss, dass
innerhalb seiner Fanszene akuter Handlungsbedarf besteht und Menschen in
seinen Kurven ernsthaft um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen?
Er löst das Problem auf seine ganz eigene Weise und spricht gegen die
Gruppe der antirassistischen Ultras ein Auftrittsverbot aus. Getreu dem
Motto: Wer nicht da ist, kriegt auch nicht aufs Maul.
Kann man sich alles nicht vorstellen? Bei Eintracht Braunschweig schon. In
einer kurzen Stellungnahme auf seiner Weltnetzseite, wie es vereinsintern
wohl heißen wird, wurde das Verbot für die Ultras Braunschweig verbreitet,
begründet mit der lapidaren Bemerkung, diese hätten sich nicht an
Absprachen gehalten. Welche das sein sollen, wurde nicht kommuniziert, auch
nicht den Ultras, die die Entscheidung nur fassungslos zur Kenntnis nehmen
konnten. Zwar waren sie von ihrem Klub einiges an Blindheit, Naivität und
falschen Schuldzuweisungen gewohnt, aber mit diesem Fanal war wahrlich
nicht zu rechnen.
## Keine Ahnung, keine Haltung
Was hat die Eintracht also dazu verleitet, seine Fankurve zu einer national
befreiten Zone zu machen? Kurz gefasst: Ignoranz und Inkompetenz. Ganz
offenbar ist man in der Führungsetage des Vereins der Problematik, die
rechtsextreme Strukturen bedeuten, geistig nicht gewachsen.
Ein strukturelles Vorgehen, um langfristig gegen die Vereinnahmung durch
Nazis vorzugehen, war mit ihr nicht zu machen. Weder hat man klar Stellung
bezogen und versucht, die Täter innerhalb der eigenen Szene zu benennen und
zu isolieren, noch wurde sich um externe Hilfe bemüht, etwa bei der Mobilen
Beratung gegen Rechtsextremismus.
Stattdessen hat man die Thematik erst bagatellisiert und nun zum großen
Schlag ausgeholt. Die Ultras mögen doch endlich schweigen und die Marke
Eintracht nicht länger in den Schmutz ziehen. Ganz nach dem altbekannten,
kleingeistigen Schema, Nestbeschmutzer auszuschließen und Kritiker, mögen
sie noch so im Recht sein, mundtot zu machen.
Verkannt hat man dabei, welch positive Effekte, etwa für die
Werbewirksamkeit, eine mutige öffentliche Positionierung haben könnte. Oder
auf welche Sponsoren hofft man nun angesichts des eigenen blamablen
Vorgehens? Einen Ausrüstervertrag mit Thor Steinar? Zuzutrauen ist diesem
Verein inzwischen alles. Eigentlich hat er die Ultras Braunschweig gar
nicht verdient.
29 Sep 2013
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Eintracht Braunschweig
Ultras
Schwerpunkt Neonazis
Auftrittsverbot
Fußballfans
Borussia Dortmund
Ultras
FC Bayern München
Fußball
Eintracht Braunschweig
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Eintracht Braunschweig
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