# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Heute schon geschämt? | |
> Bürgerkrieg im Fanblock? Der WDR geriert sich als Moralinstanz und will | |
> Dortmunder Anhänger erziehen. Der Sender sollte lieber berichten. | |
Bild: Schämt er sich oder nicht? Der Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz | |
[1][Hans-Joachim Watzke hat sich geschämt], Jürgen Klopp ebenso, und | |
offenbar haben sich mittlerweile genügend Anhänger von Borussia Dortmund | |
dafür geschämt, dass ein paar radikale Fans beim Spiel auf Schalke am | |
vergangenen Samstag Silvesterraketen in Richtung anderer Zuschauer | |
geschossen haben, dass sie eine gelbe Rauchwolke erzeugt und eine | |
Plexiglasscheibe im Stadion zerdeppert haben. | |
Für den Westdeutschen Rundfunk ist das ein Erfolg. Dessen Dortmunder | |
Lokalredaktion hatte Bilder der Südtribüne im Westfalenstadion, die seit | |
Jahren zum bunten Intro der Sendung „Lokalzeit“ gehören, herausgeschnitten, | |
um die Fans zu einer Distanzierung von diesem „Missbrauch der | |
Fußballkultur“ zu bewegen, wie Redaktionsleiter Gerald Baars erläuterte. | |
Sein Chef, WDR-Intendant Tom Buhrow, hat nun angekündigt, dass bald wieder | |
Südtribünenbilder im Lokalzeit-Vorspann zu sehen sein werden. „Wir wissen, | |
dass die allermeisten Fans friedlich feiern und sich von der Gewalt | |
distanzieren“, meinte Buhrow. Ein pädagogischer Blitzsieg für die | |
WDR-Lokalredaktion. | |
Jetzt muss nur noch der renitente Kevin Großkreutz dazu gebracht werden, | |
öffentlich seine Scham zu erklären. Sonst schneidet die „Sportschau“ am | |
Ende in der Zusammenfassung des Spiels gegen Stuttgart alle Bilder raus, | |
auf denen der Ur-Dortmunder zu sehen ist. Der hatte es doch tatsächlich | |
gewagt, nach dem Derby gegen Schalke zu sagen, dass er sich für gar keinen | |
schäme. | |
Zwar hat sein Kapitän Sebastian Kehl inzwischen klargestellt, dass er davon | |
ausgeht, Großkreutz distanziere sich von den Geschehnissen, aber ob das den | |
Chefumerziehern des WDR reicht, ist ungewiss. Warten wir die „Sportschau“ | |
ab! Vielleicht wird dort ja eine einfühlsame und wohlmeinende Homestory | |
über Robert Lewandowskis Berater Maik Barthel gezeigt, als Lohn dafür, dass | |
er sich via Twitter von den Dortmunder Problemfans distanziert hat, indem | |
er eine harte Bestrafung des Klubs gefordert hat. Wundern müsste man sich | |
nicht, so wie sich der WDR in diesen Tagen als moralische Anstalt des | |
öffentlichen Rechts positioniert hat. | |
## Damaskus im Fanblock | |
Wenn es darum geht, die Verfehlungen von ein paar fundamentalistischen Fans | |
zu Gewaltorgien von bürgerkriegsähnlichem Ausmaß umzudeuten, sind die | |
Sportsendungen im deutschen Fernsehen im Allgemeinen ganz stark. Dass es | |
geschmacklos ist, eine gelb rauchende Kurve in einem Fußballstadion mit den | |
gleichen Worten zu beschreiben wie die Explosion einer Autobombe in | |
Damaskus, liegt doch eigentlich auf der Hand. Aber anstatt einzuordnen, was | |
da auf Schalke wirklich passiert ist, versucht man Fußballfans mit einem | |
Bilderboykott regelrecht zu erpressen. | |
Auch nur zu erwähnen, //Damaskus:dass zu den treuen Fans von Eintracht | |
Braunschweig auch Nazis gehören, fällt den Versendern teuer erstandener | |
Rechte am bewegten Fußballbild dagegen selbst dann nicht ein, wenn das | |
Transparent der in dieser Hinsicht als problematisch identifizierten | |
Fanvereinigung „Alte Kameraden“ gerade ganz groß im Bild zu sehen ist. | |
Darüber zu informieren, wie es sein kann, dass es einer Ultra-Gruppierung, | |
die sich gegen die rechten Tendenzen in der Kurve klar positioniert hat, | |
verboten wurde, erkennbar in Erscheinung zu treten, wäre das nicht | |
eigentlich die Aufgabe gerade eines öffentlich-rechtlichen Senders? | |
Es sollte in der Berichterstattung nicht darauf ankommen, Gefühle oder | |
Meinungen einzufordern, die man gerade für opportun hält. Es kommt darauf | |
an, einfach zu berichten. Schluss also mit der Schämerei! | |
1 Nov 2013 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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