| # taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Foxconn: Besser, aber noch lange nicht gut | |
| > Seit drei Jahren will der iPhone-Konzern die Bedingungen in den | |
| > chinesischen Zulieferfabriken verbessern. Passiert ist nicht genug, wie | |
| > vor Ort zu sehen ist. | |
| Bild: Arbeiterinnen in einem Foxconn-Werk (Archivbild von 2010). | |
| SHENZHEN/SCHANGHAI/TAIYUAN taz | Pui Kwan Liang lässt die Jalousie runter. | |
| Sie sperrt die Sonne aus, die staubige Straße am Rand der chinesischen | |
| Industriestadt Shenzhen und auch neugierige Blicke. Liang, 27, ist | |
| berufsmäßig vorsichtig. Die Arbeiteraktivistin aus Hongkong fährt | |
| regelmäßig nach China, um die Beschäftigten dort zu unterstützen. | |
| Sie hat ein Separee in einem Restaurant gebucht. Reis, scharfes Gemüse und | |
| Hühnchen stehen auf der gläsernen Drehscheibe des großen runden Tisches. | |
| Wenn die Bedienung die Türe öffnet und mit lauter Ankündigung neue | |
| Schüsseln bringt, erstirbt die Unterhaltung. Nichts soll nach außen | |
| dringen. | |
| Liang, klein, schwarzhaarig, trägt ein hellblaues T-Shirt mit dem | |
| Beatles-Zitat „We all live in the Yellow Submarine“. Doch sie ist | |
| angespannt. Mit ihrem Smartphone nimmt sie auf, was der Arbeiter erzählt. | |
| Der 28-Jährige arbeitet seit anderthalb Jahren in der iPhone-Fabrik gleich | |
| um die Ecke. Ursprünglich kommt er aus der armen, bevölkerungsreichen | |
| Provinz Hunan im Südwesten Chinas. | |
| Am kleinen Finger und Daumen seiner linken Hand trägt er gepflegte lange | |
| Fingernägel wie viele Chinesen. Aber die Haut zeigt Narben, die Hand ist | |
| verkrüppelt, schief zusammengewachsen. Der Mann kann die Finger kaum noch | |
| krümmen. „Passiert ist der Unfall, als ich am Band saß und iPhones | |
| zusammensetzte“, erzählt er. Eine Fuhre mit schweren Materialkästen, die | |
| ein Kollege vorbeibugsierte, sei umgekippt. Er trug komplizierte | |
| Knochenbrüche davon. | |
| ## 13 Arbeiter begingen Selbstmord | |
| Jetzt streitet der iPhone-Arbeiter mit der Firma ums Geld. Laut Gesetz, | |
| sagt er, müsse er nach dem Arbeitsunfall zunächst eigentlich seinen vollen | |
| Lohn erhalten – wie das im Übrigen auch in Deutschland geregelt ist. | |
| „Tatsächlich bekomme ich aber nur ein Drittel.“ Außerdem versuche die Fir… | |
| mithilfe von Ärzten „die Verletzung und die Behinderung geringer einstufen | |
| zu lassen, damit sie weniger zahlen muss“, fügt Liang hinzu. Für den | |
| Arbeiter entscheidet der Ausgang des Streits auch darüber, ob er weiter für | |
| sein Kind sorgen kann, das bei seinen Eltern im Heimatdorf lebt. | |
| Der Mann ist einer von Millionen Beschäftigten, die in China für Apple | |
| iPhones, iPads und Laptops produzieren, bestimmt für die Kundschaft in San | |
| Francisco, Paris oder Berlin. Für die Zustände in den Fabriken begann sich | |
| die Öffentlichkeit 2010 zu interessieren. | |
| Damals stürzten sich 13 Arbeiter von Fabrikdächern und nahmen sich das | |
| Leben. Mittlerweile hätten 18 Beschäftigte bei Foxconn, dem größten | |
| Apple-Zulieferer, Suizid begangen, erklärt die Kritikerorganisation China | |
| Labor Watch. | |
| Sieben Tage am Fließband, nicht selten 80 Arbeitsstunden wöchentlich, kaum | |
| freie Tage oder Urlaub, armselige Löhne von weniger als 1 Euro pro Stunde, | |
| Kontakt mit giftigen Substanzen ohne ausreichende Schutzkleidung, Schikanen | |
| durch Vorarbeiter, überfüllte Wohnheime – so beschrieben Beschäftigte 2010 | |
| ihr Arbeitsleben. Apple und Foxconn versprachen daraufhin, die Bedingungen | |
| zu verbessern – und zwar bis zum 1. Juli 2013. | |
| Was ist daraus geworden? Hat Apple seine Versprechen gehalten? „Nein“, sagt | |
| Liang, „was Apple gemacht hat, reicht nicht aus“. | |
| Nicht nur die Aktivistin ist dieser Meinung. Auch Professor Huilin Lu | |
| kritisiert den iPhone-Konzern. Der 44 Jahre alte Soziologe arbeitet an der | |
| Peking-Universität, in China so renommiert wie Harvard in den USA. | |
| Studenten Lus heuern in den Semesterferien regelmäßig in den | |
| Zulieferfabriken an und schreiben Studienarbeiten über ihre Erfahrungen. | |
| Kaum jemand hat deswegen so einen umfassenden Einblick in die Firmen wie | |
| der Wissenschaftler. Er sitzt auf seinem dicken schwarzen Bürosofa und | |
| sagt: „Apple hat seine Versprechen nicht erfüllt.“ | |
| ## „Der Lohn reicht nur noch für das Nötigste“, sagt Luo | |
| Was soll man davon halten? Hat Apple seine Versprechen nur gegeben, um die | |
| Kunden in den reichen Ländern, bei denen man einen Ruf zu verlieren hat, zu | |
| beruhigen? Lügt der Konzern? | |
| Zur Fabrik geht es vom Restaurant aus nach rechts. Tausende Fahrräder | |
| parken dort am Haupttor, private Sicherheitsleute in grünen Uniformen | |
| halten Wache, dahinter sieht man moderne Fabrikhallen, bis sich der Blick | |
| in die Tiefe des Areals verliert. Vom Restaurant aus nach links um ein paar | |
| Straßenecken liegt ein Wohnblock, wo Beschäftigte leben, denen es in den | |
| Arbeiterheimen auf dem Firmengelände zu unruhig ist. Enge Straßen, enge | |
| Treppen, Liang hat den Besuch angekündigt. Im zweiten Stock öffnet Qingqing | |
| Luo* die Türe zu ihrer Wohnung, die aus wenig mehr als einem | |
| 12-Quadratmeter-Raum besteht. | |
| Ihr Mann Qian* rappelt sich hoch und setzt sich auf die Bettkante. Er ist | |
| schlapp, wartet ungeduldig auf seine Genesung. An der einen Wand steht ein | |
| niedriges Tischchen mit Laptop, daneben dienen zwei übereinandergestapelte | |
| Rollkoffer als Regal. Stühle gibt es nicht. Die Besucher setzen sich auf | |
| rosa Plastikhocker, die an umgedrehte Eimer erinnern. Hinzu kommen | |
| anderthalb Quadratmeter Küche mit einem Zwei-Flammen-Herd und zwei | |
| Quadratmeter Badezimmer. Das ist alles, was sich der iPhone-Arbeiter und | |
| seine Frau leisten können. | |
| Qian Luo, 32, berichtet, wie er sich bei der Arbeit in der Fabrik – Aufbau | |
| und Wartung der Produktionsstraßen für die Apple-Geräte – mit dem | |
| elektrischen Trennschleifer einen Zeh des rechten Fußes abgeschnitten hat. | |
| Auch die Firma trage daran Schuld: „Sie haben uns keine Sicherheitsschuhe | |
| gegeben.“ | |
| Wieder schneidet Liang das Gespräch mit. Sie sammelt Material für eine neue | |
| Studie, die ihre Organisation Sacom (Students and Scholars Against | |
| Corporate Misbehaviour – Studenten und Professoren gegen Unmoral von | |
| Firmen) demnächst veröffentlicht. Vom Englischen übersetzt sie ins | |
| Chinesische und zurück. Die Auskunft des verletzten Arbeiters: | |
| Krankgeschrieben bekommt er jetzt 1.200 Yuan von der Sozialversicherung, | |
| 150 Euro monatlich. „Das Geld reicht nur noch für das absolut Nötigste“, | |
| übersetzt Liang. Vor seinem Unfall verdiente er etwa 3.500 Yuan, ungefähr | |
| 340 Euro. „Davon kann eine Person in einer Großstadt wie Shenzhen mit ihren | |
| vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten einigermaßen leben“, sagt Liang, | |
| „bei zwei Leuten wird es aber knapp.“ | |
| Und wie lange musste Luo für diesen Lohn arbeiten? Seine Antwort: „Zwölf | |
| Stunden täglich, sechs Tage pro Woche“. Also 72 Stunden pro Woche. | |
| ## Das ist kein Versehen | |
| Die lange Arbeitszeit ist eines der Probleme, die Apple bis zum 1. Juli | |
| 2013 zu lösen versprach. Im chinesischen Arbeitsgesetz steht eindeutig, | |
| dass die maximale Arbeitszeit nur 49 Stunden pro Woche betragen darf. Wie | |
| Qian Luo und viele andere iPhone-Arbeiter in China jedoch bestätigen, lag | |
| auch im August und September dieses Jahres die Arbeitszeit oft weit über | |
| dem gesetzlichen Maß. | |
| Passiert das aus Versehen? „Nein“, meint Professor Lu in seinem Pekinger | |
| Büro: „Apple ist für die Arbeitsbedingungen verantwortlich.“ Der Konzern | |
| setze den Takt der Herstellung ganz bewusst, der zu den gesetzwidrigen | |
| Arbeitszeiten führe. Ständig würden neue Produkte – das iPhone 5, das 5s, | |
| nun das 5c – auf den Markt gebracht. Innerhalb kurzer Zeit müssten dann | |
| Dutzende Millionen Exemplare hergestellt und weltweit ausgeliefert werden. | |
| Unter dem Druck hätten die chinesischen Fabriken kaum eine Wahl, als rund | |
| um die Uhr zu arbeiten, auch samstags und oft sonntags, sagt Lu. | |
| Zweiseitige Werbeanzeigen hat Apple unlängst in deutschen Zeitungen | |
| veröffentlicht. Zu sehen sind beispielsweise zwei Teenager, beide weiße | |
| Kabel im Ohr, die gemeinsam konzentriert Musik von einem Apple-Gerät hören. | |
| Im Text heißt es, das Unternehmen arbeite so lange an seinen Produkten, | |
| „bis jede Idee jedes Leben verbessert, das mit ihr in Berührung kommt“. Ein | |
| fast übermenschlicher Anspruch. Aber gilt er wenigstens in Ansätzen auch | |
| für die Menschen, die für Apple arbeiten? | |
| Mittlerweile schickt der Konzern regelmäßig Kontrolleure in die Fabriken. | |
| Zusätzlich beauftragten die Manager am Hauptsitz in Kalifornien die Fair | |
| Labor Association FLA, eine amerikanische Organisation für „ethische | |
| Arbeitsverhältnisse“, mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Zuletzt | |
| veröffentlichte die FLA im Mai 2013 einen Bericht über Foxconn. Das ist der | |
| aus Taiwan stammende Hauptlieferant für Apple, in dessen chinesischen | |
| Fabriken etwa 1,3 Millionen Menschen arbeiten. In diesem Unternehmen | |
| brachten sich die Arbeiter um. | |
| Die meisten Probleme seien inzwischen behoben, heißt es in dem FLA-Bericht. | |
| In seitenlangen Tabellen dokumentieren die Kontrolleure die anfänglichen | |
| Fehler, ihr Prozedere und die Ergebnisse. Ein Beispiel: Im Foxconn-Werk | |
| Chengdu in Mittelchina waren die Feueralarmknöpfe teilweise kaputt und | |
| nicht mit chinesischen Schriftzeichen versehen. Die FLA-Leute drangen auf | |
| Reparatur und eine bessere Markierung. Schließlich trugen sie in die | |
| öffentlich zugänglichen Tabellen ihres Reportes ein: „completed“ – | |
| erledigt. | |
| Einer der offenen Punkte in dem Report ist nach wie vor die zu lange | |
| Arbeitszeit. So beklagte die FLA in ihrem Mai-Bericht, dass viele | |
| Foxconn-Arbeiter sehr viel länger arbeiten als 49 Stunden pro Woche. „Das | |
| verstößt gegen das Gesetz“, hieß es ausdrücklich. Ähnliches stellte die | |
| Arbeitsrechtsorganisation China Labor Watch im Juli 2013 auch bei der Firma | |
| Pegatron fest, in deren chinesischen Werken unter anderem die neuen iPhone | |
| 5s und 5c gefertigt werden: Bis zu 69 Stunden pro Woche seien an der | |
| Tagesordnung. | |
| Fragt man Apple danach, beteuert das Unternehmen, alles dafür zu tun, die | |
| Bedingungen zu verbessern und die Gesetze einzuhalten. Die neuen Vorwürfe | |
| „werden wir sofort untersuchen“, heißt es in einer Erklärung des Konzerns | |
| von Ende Juli. Im August 2013 hätten 93 Prozent der befragten | |
| Zulieferbeschäftigten nicht mehr gearbeitet als 60 Stunden wöchentlich, | |
| erklärte ein Sprecher. Zum Überschreiten der 49-Stunden-Grenze des | |
| chinesischen Arbeitsgesetzes nahm er keine Stellung. Ein umfassender | |
| Bericht, ob Apple seine Versprechen zum 1. Juli 2013 eingehalten hat, fehlt | |
| bislang. Wann er kommt, will die Firma nicht verraten. Pegatron verweigert | |
| sowieso jegliche Interviews. Und Foxconn bleibt die versprochenen Antworten | |
| trotz Nachfragen bis Redaktionsschluss schuldig. | |
| ## Ob Apple beschönige, ist unklar | |
| Aktivistin Liang glaubt ohnehin nicht an das, was in den FLA- und | |
| Apple-Reports steht. Sie hat in Hongkong Kulturwissenschaften studiert und | |
| wollte nach dem Abschluss „etwas Bedeutungsvolles“ tun. Es besteht für sie | |
| darin, den Arbeitern zu helfen, „ihre Stimme zu erheben und ihre Interessen | |
| selbst zu vertreten“. Doch Apple und Foxconn würden ihre Beschäftigten noch | |
| immer wie „austauschbare Werkzeuge“ behandeln. | |
| Aber muss sie nicht einräumen, dass sich die Unternehmen zumindest bemühen, | |
| die Zustände zu verbessern? „Ich weiß es nicht genau“, antwortet Liang, | |
| „die Arbeiter haben an den Berichten ja nicht aktiv mitwirken können.“ | |
| Vielleicht beschwöre Apple einen Fortschritt, der so gar nicht stattfinde. | |
| Deshalb redet Liang lieber mit den Beschäftigten selbst. Sie und ihre | |
| Kollegen fahren zu den Fabriken und sprechen die Arbeiter an. Ein Ort, wo | |
| sich das gut machen lässt, ist die Einkaufsgasse gegenüber dem Foxconn-Werk | |
| in Taiyuan, einer Stadt 400 Kilometer südwestlich von Peking. | |
| 19 Uhr, es ist bereits dunkel, bald beginnt die zwölfstündige Nachtschicht. | |
| Zwischen den zweistöckigen Gebäuden streben die Arbeiterinnen und Arbeiter | |
| – die meisten jünger als 25 – zur Fabrik. Am Straßenrand stehen | |
| Elektromopeds, auf deren Ladeflächen Holzkohlegrills montiert sind. | |
| Hühnchenfleisch- und Gemüsespieße sind beliebter Proviant für die langen | |
| Nachtstunden. Nebenan gibt es Friseure und Internetcafés, wo man morgens | |
| eine Pause auf dem Nachhauseweg einlegen kann. An einer Ecke liegt ein | |
| riesiger Haufen Steinkohle. Die Luft ist staubig, permanent hängt Smog über | |
| der Stadt, Taiyuan ist Kohleabbaugebiet. | |
| Informationen, die ihnen nicht unbedingt in den Kram passen, bekommen | |
| Aktivistinnen wie Liang hier aber auch zu hören. Zhi Wang*, 25, wache | |
| Augen, hellbraune Kunstlederjacke, Bluejeans, reicht Zigaretten herum, | |
| während er erklärt, was er bei Foxconn macht: Software auf die iPhone 4s | |
| spielen. Seit geraumer Zeit sei es ziemlich ruhig, sagt er, kaum | |
| Überstunden, zehn Stunden Arbeit pro Tag höchstens. Das könne daran liegen, | |
| dass die Nachfrage nach den älteren Smartphone-Modellen zurückgehe. Wang | |
| wirkt nicht gestresst. Noch geraume Zeit steht er hier und plaudert. | |
| ## Nach Verzweiflung sieht es nicht aus | |
| „Wie findest du die Arbeit bei Foxconn?“ Stellt man in der Einkaufsgasse | |
| diese Frage, bekommt man häufig dieselbe Antwort: „Ganz okay.“ Ja, | |
| sicherlich, es gibt Beschwerden. Manchmal schreien die Vorarbeiter herum, | |
| der Lohn reicht nicht immer, manche Arbeiterin hätte gerne mal einen Tag | |
| mehr frei, um dem Trott zu entfliehen. Aber insgesamt machen die Leute | |
| nicht den Eindruck, als wären sie verzweifelt oder als könnten sie ihre Wut | |
| nur mühsam zurückhalten. | |
| Ähnliches ist vor den Werkstoren der Firma Pegatron in Schanghai zu hören. | |
| Hier werden viele der neuen iPhones 5s und 5c produziert. Fünf Minuten vom | |
| Haupteingang der Fabrikstadt entfernt, in der etwa 70.000 Menschen | |
| arbeiten, gibt es einen Markt mit Imbissständen, ganz ähnlich wie in | |
| Taiyuan. Früh am Morgen sind es schon 25 Grad, die Sonne scheint. Wei Liu*, | |
| 20, und seine Kollegen kommen gerade von der Nachtschicht und setzen sich | |
| zum Frühstück. | |
| Liu macht an der Berufsschule eine Ausbildung zum Maschinentechniker. Bei | |
| Pegatron arbeitet er derzeit als Praktikant, steht seit drei Monaten am | |
| Band und baut den Vibrationsmechanismus in das 5s ein. In seinen | |
| Ohrläppchen stecken Glitzersteine, Ersatz-Essstäbchen schauen aus der | |
| Ärmeltasche seines lachsfarbenen Pegatron-Arbeitshemds. | |
| „Das iPhone ist ein Statussymbol“, sagt er, „jeder will es haben. Für mi… | |
| ist es sehr teuer.“ Etwa ein Monatsgehalt müsste er für das neueste Modell | |
| ausgeben. Bisher hat er verzichtet. Trotzdem: Liu fühlt sich fair bezahlt. | |
| 4.000 Yuan pro Monat, etwa 500 Euro, erhält er, bei 70 Arbeitsstunden pro | |
| Woche. Für den jungen Mann ist das genug. Und nicht nur das: Im letzten | |
| Jahr hat er mit Studentenjobs sogar etwas zurücklegen können. Das Geld | |
| schicke er an seine Eltern – für sie, für seine eigene Zukunft. | |
| ## Liu sagt: „Ich habe es besser als meine Eltern“ | |
| Liu ist die Müdigkeit anzusehen. „Die Arbeit ist nicht anstrengend“, sagt | |
| er trotzdem. Er erklärt: Im Vergleich zu der seiner Eltern, den Bauern, | |
| eine Tagesreise von Taiyuan entfernt. Drei Mal säen pro Jahr, die Felder | |
| bearbeiten, eigentlich immer arbeiten, nicht elf, zwölf Stunden täglich wie | |
| er, sondern immer. „Dennoch haben sie kein sicheres Einkommen, wegen des | |
| Wetters.“ Ja, Liu ist müde. Aber er findet, „ich habe es besser als meine | |
| Eltern“. Für ihn ist die Arbeit bei Apple ein persönlicher Fortschritt. | |
| Auch Professor Lu, der Apple-Kritiker, sieht den Fortschritt. Er kann ihn | |
| sogar beziffern. Mindestlohn in Shenzhen 1992: 245 Yuan. Heute: 1.600 Yuan. | |
| Knapp das Siebenfache innerhalb von 20 Jahren. Aber er erklärt, warum sich | |
| die Bedingungen langfristig noch weiter verbessern müssen. Denn allmählich | |
| werden die Industriearbeiter in China knapp. Der Bedarf in den | |
| Mobilfunkwerken aber wachse, Millionen neue Beschäftigte würden gebraucht. | |
| Auswandern nach Laos oder Vietnam in großem Stil ist keine Option für die | |
| Konzerne. Viel zu wenig Menschen dort, keine Infrastruktur, um | |
| Hightech-Fabriken zu betreiben. All das wüssten auch die Manager von | |
| Foxconn und Pegatron. | |
| Fortschritt also. Aber auch: „Schwere Ausbeutung“, sagt Lu, „denn der | |
| Arbeitslohn in der Produktionskette von Apple reicht nur, um jeweils eine | |
| Person zu unterhalten. Eine eigene Familie können die Beschäftigten damit | |
| nicht finanzieren.“ Obwohl die Leute zwölf Stunden täglich am Band stehen, | |
| obwohl sie nur arbeiten, essen, schlafen, wieder arbeiten, deckt der Lohn | |
| nicht die Reproduktionskosten der Arbeiter. Man kann sagen: Die Fabrik | |
| frisst ihre Kinder. Weil sie es ihnen nicht ermöglicht, selbst welche zu | |
| bekommen. | |
| Liang, die Arbeiteraktivistin, ist auf der Rückfahrt nach Hause. | |
| Stundenlang ziehen am Fenster des Busses neue Wohnblöcke für | |
| Hunderttausende Menschen vorbei, Shoppingmalls, Fabriken. Fortschritt? „In | |
| den alten Zeiten, als China noch an den Kommunismus glaubte, wurde die | |
| Arbeiterklasse oft besser behandelt“, sagt sie, die moderne, junge Frau aus | |
| Hongkong. „Da konnten sie eine Familie ernähren.“ | |
| *Namen geändert | |
| 30 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
| ## TAGS | |
| Apple | |
| iPhone | |
| Foxconn | |
| China | |
| China | |
| China | |
| Foxconn | |
| Foxconn | |
| Apple | |
| China | |
| Arbeitsbedingungen | |
| Foxconn | |
| Foxconn | |
| iPhone | |
| Apple | |
| Apple | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Arbeit in Elektronikfirmen in China: Studentische Zwangsarbeiter | |
| Laut einer Studie zwingen chinesische Unis Studenten zu Praktika, bei denen | |
| sie IT-Hardware herstellen. Deutsche Unis profitieren davon. | |
| BBC-Doku „Apple's Broken Promises“: Nicht genug Kraft zum Essen | |
| BBC-Reporter decken katastrophale Arbeitsbedingungen bei Apple-Zulieferern | |
| auf. Kinder arbeiten in Zinnminen, aus denen diese ihre Rohstoffe beziehen. | |
| Elektronikproduzent in China: Streik bei Foxconn | |
| Mehr als 1.000 Mitarbeiter des weltgrößten Elektronik-Produzenten haben in | |
| China die Arbeit niedergelegt. Es geht auch um bessere Sozialleistungen. | |
| Foxconn will Fabriken in den USA bauen: Ambitionierte Wachstumsziele | |
| Apple-Zulieferer Foxconn scheint Produktionstätten innerhalb der USA zu | |
| planen. Der Konzern beschäftigt bisher weltweit mehr als eine Million | |
| Mitarbeiter. | |
| iPhone-Herstellung in China: Keine Sicherheitsschuhe. Zeh ab. | |
| Verbesserte Arbeitsbedingungen bei allen chinesischen Apple-Zulieferern? | |
| Von wegen. Beschäftigte der Firma Biel-Crystal beklagen Gesetzesverstöße. | |
| Wirtschaft in China: Ernüchterung im Riesenreich | |
| In der chinesischen Wirtschaft herrschen Korruption und Überkapazitäten. | |
| Gleichzeitig leidet die Umwelt. Ein Plenum berät nun über Reformen. | |
| Arbeitsbedingungen in Asien: Dell missachtet eigenen Kodex | |
| Der US-Computerkonzern duldet bei der Produktion in China exzessive | |
| Arbeitszeiten, zeigt ein Bericht. Dell reagiert gelassen auf die Vorwürfe. | |
| Zwangspraktikum bei Foxconn: Ohne Fließbandarbeit kein Abschluss | |
| Miese Arbeitsbedingungen für Studenten: Sie mussten beim umstrittenen | |
| Elektrozulieferer bis zu elf Stunden täglich die neue Sony-PlayStation | |
| zusammenbauen. | |
| Arbeitsbedingungen bei Foxconn: Üble Ausbeutung in Böhmen | |
| Zwölf-Stunden-Schichten und kaum Pausen, dazu ist die Entlohnung vollkommen | |
| unangemessen. Das ist Alltag im Foxconn-Werk im tschechischen Pardubice. | |
| Zulieferfabriken von Apple: Neues iPhone, alte Missstände | |
| Überstunden, Unterbezahlung, Lohnverzug: Kritiker werfen Apple vor, die | |
| Versprechen für bessere Arbeitsbedingungen in den Fabriken nicht | |
| einzuhalten. | |
| Arbeitsbedingungen bei Apple: Wir wollen nicht darüber reden | |
| Die Mitarbeiter der Apple-Zulieferer sollten ab spätestens Juli 2013 unter | |
| besseren Bedingungen arbeiten. Wer nun nachhakt, trifft auf Schweigen. | |
| Angestellte klagen gegen Apple: Kein Geld fürs Schlangestehen | |
| Bei der Durchsuchung von Taschen sei täglich unbezahlte Arbeitszeit | |
| angefallen. Gleichzeitig reagiert ein Zulieferer in Asien auf Vorwürfe | |
| wegen schlechter Arbeitsbedingungen. |