# taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Foxconn: Besser, aber noch lange nicht gut | |
> Seit drei Jahren will der iPhone-Konzern die Bedingungen in den | |
> chinesischen Zulieferfabriken verbessern. Passiert ist nicht genug, wie | |
> vor Ort zu sehen ist. | |
Bild: Arbeiterinnen in einem Foxconn-Werk (Archivbild von 2010). | |
SHENZHEN/SCHANGHAI/TAIYUAN taz | Pui Kwan Liang lässt die Jalousie runter. | |
Sie sperrt die Sonne aus, die staubige Straße am Rand der chinesischen | |
Industriestadt Shenzhen und auch neugierige Blicke. Liang, 27, ist | |
berufsmäßig vorsichtig. Die Arbeiteraktivistin aus Hongkong fährt | |
regelmäßig nach China, um die Beschäftigten dort zu unterstützen. | |
Sie hat ein Separee in einem Restaurant gebucht. Reis, scharfes Gemüse und | |
Hühnchen stehen auf der gläsernen Drehscheibe des großen runden Tisches. | |
Wenn die Bedienung die Türe öffnet und mit lauter Ankündigung neue | |
Schüsseln bringt, erstirbt die Unterhaltung. Nichts soll nach außen | |
dringen. | |
Liang, klein, schwarzhaarig, trägt ein hellblaues T-Shirt mit dem | |
Beatles-Zitat „We all live in the Yellow Submarine“. Doch sie ist | |
angespannt. Mit ihrem Smartphone nimmt sie auf, was der Arbeiter erzählt. | |
Der 28-Jährige arbeitet seit anderthalb Jahren in der iPhone-Fabrik gleich | |
um die Ecke. Ursprünglich kommt er aus der armen, bevölkerungsreichen | |
Provinz Hunan im Südwesten Chinas. | |
Am kleinen Finger und Daumen seiner linken Hand trägt er gepflegte lange | |
Fingernägel wie viele Chinesen. Aber die Haut zeigt Narben, die Hand ist | |
verkrüppelt, schief zusammengewachsen. Der Mann kann die Finger kaum noch | |
krümmen. „Passiert ist der Unfall, als ich am Band saß und iPhones | |
zusammensetzte“, erzählt er. Eine Fuhre mit schweren Materialkästen, die | |
ein Kollege vorbeibugsierte, sei umgekippt. Er trug komplizierte | |
Knochenbrüche davon. | |
## 13 Arbeiter begingen Selbstmord | |
Jetzt streitet der iPhone-Arbeiter mit der Firma ums Geld. Laut Gesetz, | |
sagt er, müsse er nach dem Arbeitsunfall zunächst eigentlich seinen vollen | |
Lohn erhalten – wie das im Übrigen auch in Deutschland geregelt ist. | |
„Tatsächlich bekomme ich aber nur ein Drittel.“ Außerdem versuche die Fir… | |
mithilfe von Ärzten „die Verletzung und die Behinderung geringer einstufen | |
zu lassen, damit sie weniger zahlen muss“, fügt Liang hinzu. Für den | |
Arbeiter entscheidet der Ausgang des Streits auch darüber, ob er weiter für | |
sein Kind sorgen kann, das bei seinen Eltern im Heimatdorf lebt. | |
Der Mann ist einer von Millionen Beschäftigten, die in China für Apple | |
iPhones, iPads und Laptops produzieren, bestimmt für die Kundschaft in San | |
Francisco, Paris oder Berlin. Für die Zustände in den Fabriken begann sich | |
die Öffentlichkeit 2010 zu interessieren. | |
Damals stürzten sich 13 Arbeiter von Fabrikdächern und nahmen sich das | |
Leben. Mittlerweile hätten 18 Beschäftigte bei Foxconn, dem größten | |
Apple-Zulieferer, Suizid begangen, erklärt die Kritikerorganisation China | |
Labor Watch. | |
Sieben Tage am Fließband, nicht selten 80 Arbeitsstunden wöchentlich, kaum | |
freie Tage oder Urlaub, armselige Löhne von weniger als 1 Euro pro Stunde, | |
Kontakt mit giftigen Substanzen ohne ausreichende Schutzkleidung, Schikanen | |
durch Vorarbeiter, überfüllte Wohnheime – so beschrieben Beschäftigte 2010 | |
ihr Arbeitsleben. Apple und Foxconn versprachen daraufhin, die Bedingungen | |
zu verbessern – und zwar bis zum 1. Juli 2013. | |
Was ist daraus geworden? Hat Apple seine Versprechen gehalten? „Nein“, sagt | |
Liang, „was Apple gemacht hat, reicht nicht aus“. | |
Nicht nur die Aktivistin ist dieser Meinung. Auch Professor Huilin Lu | |
kritisiert den iPhone-Konzern. Der 44 Jahre alte Soziologe arbeitet an der | |
Peking-Universität, in China so renommiert wie Harvard in den USA. | |
Studenten Lus heuern in den Semesterferien regelmäßig in den | |
Zulieferfabriken an und schreiben Studienarbeiten über ihre Erfahrungen. | |
Kaum jemand hat deswegen so einen umfassenden Einblick in die Firmen wie | |
der Wissenschaftler. Er sitzt auf seinem dicken schwarzen Bürosofa und | |
sagt: „Apple hat seine Versprechen nicht erfüllt.“ | |
## „Der Lohn reicht nur noch für das Nötigste“, sagt Luo | |
Was soll man davon halten? Hat Apple seine Versprechen nur gegeben, um die | |
Kunden in den reichen Ländern, bei denen man einen Ruf zu verlieren hat, zu | |
beruhigen? Lügt der Konzern? | |
Zur Fabrik geht es vom Restaurant aus nach rechts. Tausende Fahrräder | |
parken dort am Haupttor, private Sicherheitsleute in grünen Uniformen | |
halten Wache, dahinter sieht man moderne Fabrikhallen, bis sich der Blick | |
in die Tiefe des Areals verliert. Vom Restaurant aus nach links um ein paar | |
Straßenecken liegt ein Wohnblock, wo Beschäftigte leben, denen es in den | |
Arbeiterheimen auf dem Firmengelände zu unruhig ist. Enge Straßen, enge | |
Treppen, Liang hat den Besuch angekündigt. Im zweiten Stock öffnet Qingqing | |
Luo* die Türe zu ihrer Wohnung, die aus wenig mehr als einem | |
12-Quadratmeter-Raum besteht. | |
Ihr Mann Qian* rappelt sich hoch und setzt sich auf die Bettkante. Er ist | |
schlapp, wartet ungeduldig auf seine Genesung. An der einen Wand steht ein | |
niedriges Tischchen mit Laptop, daneben dienen zwei übereinandergestapelte | |
Rollkoffer als Regal. Stühle gibt es nicht. Die Besucher setzen sich auf | |
rosa Plastikhocker, die an umgedrehte Eimer erinnern. Hinzu kommen | |
anderthalb Quadratmeter Küche mit einem Zwei-Flammen-Herd und zwei | |
Quadratmeter Badezimmer. Das ist alles, was sich der iPhone-Arbeiter und | |
seine Frau leisten können. | |
Qian Luo, 32, berichtet, wie er sich bei der Arbeit in der Fabrik – Aufbau | |
und Wartung der Produktionsstraßen für die Apple-Geräte – mit dem | |
elektrischen Trennschleifer einen Zeh des rechten Fußes abgeschnitten hat. | |
Auch die Firma trage daran Schuld: „Sie haben uns keine Sicherheitsschuhe | |
gegeben.“ | |
Wieder schneidet Liang das Gespräch mit. Sie sammelt Material für eine neue | |
Studie, die ihre Organisation Sacom (Students and Scholars Against | |
Corporate Misbehaviour – Studenten und Professoren gegen Unmoral von | |
Firmen) demnächst veröffentlicht. Vom Englischen übersetzt sie ins | |
Chinesische und zurück. Die Auskunft des verletzten Arbeiters: | |
Krankgeschrieben bekommt er jetzt 1.200 Yuan von der Sozialversicherung, | |
150 Euro monatlich. „Das Geld reicht nur noch für das absolut Nötigste“, | |
übersetzt Liang. Vor seinem Unfall verdiente er etwa 3.500 Yuan, ungefähr | |
340 Euro. „Davon kann eine Person in einer Großstadt wie Shenzhen mit ihren | |
vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten einigermaßen leben“, sagt Liang, | |
„bei zwei Leuten wird es aber knapp.“ | |
Und wie lange musste Luo für diesen Lohn arbeiten? Seine Antwort: „Zwölf | |
Stunden täglich, sechs Tage pro Woche“. Also 72 Stunden pro Woche. | |
## Das ist kein Versehen | |
Die lange Arbeitszeit ist eines der Probleme, die Apple bis zum 1. Juli | |
2013 zu lösen versprach. Im chinesischen Arbeitsgesetz steht eindeutig, | |
dass die maximale Arbeitszeit nur 49 Stunden pro Woche betragen darf. Wie | |
Qian Luo und viele andere iPhone-Arbeiter in China jedoch bestätigen, lag | |
auch im August und September dieses Jahres die Arbeitszeit oft weit über | |
dem gesetzlichen Maß. | |
Passiert das aus Versehen? „Nein“, meint Professor Lu in seinem Pekinger | |
Büro: „Apple ist für die Arbeitsbedingungen verantwortlich.“ Der Konzern | |
setze den Takt der Herstellung ganz bewusst, der zu den gesetzwidrigen | |
Arbeitszeiten führe. Ständig würden neue Produkte – das iPhone 5, das 5s, | |
nun das 5c – auf den Markt gebracht. Innerhalb kurzer Zeit müssten dann | |
Dutzende Millionen Exemplare hergestellt und weltweit ausgeliefert werden. | |
Unter dem Druck hätten die chinesischen Fabriken kaum eine Wahl, als rund | |
um die Uhr zu arbeiten, auch samstags und oft sonntags, sagt Lu. | |
Zweiseitige Werbeanzeigen hat Apple unlängst in deutschen Zeitungen | |
veröffentlicht. Zu sehen sind beispielsweise zwei Teenager, beide weiße | |
Kabel im Ohr, die gemeinsam konzentriert Musik von einem Apple-Gerät hören. | |
Im Text heißt es, das Unternehmen arbeite so lange an seinen Produkten, | |
„bis jede Idee jedes Leben verbessert, das mit ihr in Berührung kommt“. Ein | |
fast übermenschlicher Anspruch. Aber gilt er wenigstens in Ansätzen auch | |
für die Menschen, die für Apple arbeiten? | |
Mittlerweile schickt der Konzern regelmäßig Kontrolleure in die Fabriken. | |
Zusätzlich beauftragten die Manager am Hauptsitz in Kalifornien die Fair | |
Labor Association FLA, eine amerikanische Organisation für „ethische | |
Arbeitsverhältnisse“, mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Zuletzt | |
veröffentlichte die FLA im Mai 2013 einen Bericht über Foxconn. Das ist der | |
aus Taiwan stammende Hauptlieferant für Apple, in dessen chinesischen | |
Fabriken etwa 1,3 Millionen Menschen arbeiten. In diesem Unternehmen | |
brachten sich die Arbeiter um. | |
Die meisten Probleme seien inzwischen behoben, heißt es in dem FLA-Bericht. | |
In seitenlangen Tabellen dokumentieren die Kontrolleure die anfänglichen | |
Fehler, ihr Prozedere und die Ergebnisse. Ein Beispiel: Im Foxconn-Werk | |
Chengdu in Mittelchina waren die Feueralarmknöpfe teilweise kaputt und | |
nicht mit chinesischen Schriftzeichen versehen. Die FLA-Leute drangen auf | |
Reparatur und eine bessere Markierung. Schließlich trugen sie in die | |
öffentlich zugänglichen Tabellen ihres Reportes ein: „completed“ – | |
erledigt. | |
Einer der offenen Punkte in dem Report ist nach wie vor die zu lange | |
Arbeitszeit. So beklagte die FLA in ihrem Mai-Bericht, dass viele | |
Foxconn-Arbeiter sehr viel länger arbeiten als 49 Stunden pro Woche. „Das | |
verstößt gegen das Gesetz“, hieß es ausdrücklich. Ähnliches stellte die | |
Arbeitsrechtsorganisation China Labor Watch im Juli 2013 auch bei der Firma | |
Pegatron fest, in deren chinesischen Werken unter anderem die neuen iPhone | |
5s und 5c gefertigt werden: Bis zu 69 Stunden pro Woche seien an der | |
Tagesordnung. | |
Fragt man Apple danach, beteuert das Unternehmen, alles dafür zu tun, die | |
Bedingungen zu verbessern und die Gesetze einzuhalten. Die neuen Vorwürfe | |
„werden wir sofort untersuchen“, heißt es in einer Erklärung des Konzerns | |
von Ende Juli. Im August 2013 hätten 93 Prozent der befragten | |
Zulieferbeschäftigten nicht mehr gearbeitet als 60 Stunden wöchentlich, | |
erklärte ein Sprecher. Zum Überschreiten der 49-Stunden-Grenze des | |
chinesischen Arbeitsgesetzes nahm er keine Stellung. Ein umfassender | |
Bericht, ob Apple seine Versprechen zum 1. Juli 2013 eingehalten hat, fehlt | |
bislang. Wann er kommt, will die Firma nicht verraten. Pegatron verweigert | |
sowieso jegliche Interviews. Und Foxconn bleibt die versprochenen Antworten | |
trotz Nachfragen bis Redaktionsschluss schuldig. | |
## Ob Apple beschönige, ist unklar | |
Aktivistin Liang glaubt ohnehin nicht an das, was in den FLA- und | |
Apple-Reports steht. Sie hat in Hongkong Kulturwissenschaften studiert und | |
wollte nach dem Abschluss „etwas Bedeutungsvolles“ tun. Es besteht für sie | |
darin, den Arbeitern zu helfen, „ihre Stimme zu erheben und ihre Interessen | |
selbst zu vertreten“. Doch Apple und Foxconn würden ihre Beschäftigten noch | |
immer wie „austauschbare Werkzeuge“ behandeln. | |
Aber muss sie nicht einräumen, dass sich die Unternehmen zumindest bemühen, | |
die Zustände zu verbessern? „Ich weiß es nicht genau“, antwortet Liang, | |
„die Arbeiter haben an den Berichten ja nicht aktiv mitwirken können.“ | |
Vielleicht beschwöre Apple einen Fortschritt, der so gar nicht stattfinde. | |
Deshalb redet Liang lieber mit den Beschäftigten selbst. Sie und ihre | |
Kollegen fahren zu den Fabriken und sprechen die Arbeiter an. Ein Ort, wo | |
sich das gut machen lässt, ist die Einkaufsgasse gegenüber dem Foxconn-Werk | |
in Taiyuan, einer Stadt 400 Kilometer südwestlich von Peking. | |
19 Uhr, es ist bereits dunkel, bald beginnt die zwölfstündige Nachtschicht. | |
Zwischen den zweistöckigen Gebäuden streben die Arbeiterinnen und Arbeiter | |
– die meisten jünger als 25 – zur Fabrik. Am Straßenrand stehen | |
Elektromopeds, auf deren Ladeflächen Holzkohlegrills montiert sind. | |
Hühnchenfleisch- und Gemüsespieße sind beliebter Proviant für die langen | |
Nachtstunden. Nebenan gibt es Friseure und Internetcafés, wo man morgens | |
eine Pause auf dem Nachhauseweg einlegen kann. An einer Ecke liegt ein | |
riesiger Haufen Steinkohle. Die Luft ist staubig, permanent hängt Smog über | |
der Stadt, Taiyuan ist Kohleabbaugebiet. | |
Informationen, die ihnen nicht unbedingt in den Kram passen, bekommen | |
Aktivistinnen wie Liang hier aber auch zu hören. Zhi Wang*, 25, wache | |
Augen, hellbraune Kunstlederjacke, Bluejeans, reicht Zigaretten herum, | |
während er erklärt, was er bei Foxconn macht: Software auf die iPhone 4s | |
spielen. Seit geraumer Zeit sei es ziemlich ruhig, sagt er, kaum | |
Überstunden, zehn Stunden Arbeit pro Tag höchstens. Das könne daran liegen, | |
dass die Nachfrage nach den älteren Smartphone-Modellen zurückgehe. Wang | |
wirkt nicht gestresst. Noch geraume Zeit steht er hier und plaudert. | |
## Nach Verzweiflung sieht es nicht aus | |
„Wie findest du die Arbeit bei Foxconn?“ Stellt man in der Einkaufsgasse | |
diese Frage, bekommt man häufig dieselbe Antwort: „Ganz okay.“ Ja, | |
sicherlich, es gibt Beschwerden. Manchmal schreien die Vorarbeiter herum, | |
der Lohn reicht nicht immer, manche Arbeiterin hätte gerne mal einen Tag | |
mehr frei, um dem Trott zu entfliehen. Aber insgesamt machen die Leute | |
nicht den Eindruck, als wären sie verzweifelt oder als könnten sie ihre Wut | |
nur mühsam zurückhalten. | |
Ähnliches ist vor den Werkstoren der Firma Pegatron in Schanghai zu hören. | |
Hier werden viele der neuen iPhones 5s und 5c produziert. Fünf Minuten vom | |
Haupteingang der Fabrikstadt entfernt, in der etwa 70.000 Menschen | |
arbeiten, gibt es einen Markt mit Imbissständen, ganz ähnlich wie in | |
Taiyuan. Früh am Morgen sind es schon 25 Grad, die Sonne scheint. Wei Liu*, | |
20, und seine Kollegen kommen gerade von der Nachtschicht und setzen sich | |
zum Frühstück. | |
Liu macht an der Berufsschule eine Ausbildung zum Maschinentechniker. Bei | |
Pegatron arbeitet er derzeit als Praktikant, steht seit drei Monaten am | |
Band und baut den Vibrationsmechanismus in das 5s ein. In seinen | |
Ohrläppchen stecken Glitzersteine, Ersatz-Essstäbchen schauen aus der | |
Ärmeltasche seines lachsfarbenen Pegatron-Arbeitshemds. | |
„Das iPhone ist ein Statussymbol“, sagt er, „jeder will es haben. Für mi… | |
ist es sehr teuer.“ Etwa ein Monatsgehalt müsste er für das neueste Modell | |
ausgeben. Bisher hat er verzichtet. Trotzdem: Liu fühlt sich fair bezahlt. | |
4.000 Yuan pro Monat, etwa 500 Euro, erhält er, bei 70 Arbeitsstunden pro | |
Woche. Für den jungen Mann ist das genug. Und nicht nur das: Im letzten | |
Jahr hat er mit Studentenjobs sogar etwas zurücklegen können. Das Geld | |
schicke er an seine Eltern – für sie, für seine eigene Zukunft. | |
## Liu sagt: „Ich habe es besser als meine Eltern“ | |
Liu ist die Müdigkeit anzusehen. „Die Arbeit ist nicht anstrengend“, sagt | |
er trotzdem. Er erklärt: Im Vergleich zu der seiner Eltern, den Bauern, | |
eine Tagesreise von Taiyuan entfernt. Drei Mal säen pro Jahr, die Felder | |
bearbeiten, eigentlich immer arbeiten, nicht elf, zwölf Stunden täglich wie | |
er, sondern immer. „Dennoch haben sie kein sicheres Einkommen, wegen des | |
Wetters.“ Ja, Liu ist müde. Aber er findet, „ich habe es besser als meine | |
Eltern“. Für ihn ist die Arbeit bei Apple ein persönlicher Fortschritt. | |
Auch Professor Lu, der Apple-Kritiker, sieht den Fortschritt. Er kann ihn | |
sogar beziffern. Mindestlohn in Shenzhen 1992: 245 Yuan. Heute: 1.600 Yuan. | |
Knapp das Siebenfache innerhalb von 20 Jahren. Aber er erklärt, warum sich | |
die Bedingungen langfristig noch weiter verbessern müssen. Denn allmählich | |
werden die Industriearbeiter in China knapp. Der Bedarf in den | |
Mobilfunkwerken aber wachse, Millionen neue Beschäftigte würden gebraucht. | |
Auswandern nach Laos oder Vietnam in großem Stil ist keine Option für die | |
Konzerne. Viel zu wenig Menschen dort, keine Infrastruktur, um | |
Hightech-Fabriken zu betreiben. All das wüssten auch die Manager von | |
Foxconn und Pegatron. | |
Fortschritt also. Aber auch: „Schwere Ausbeutung“, sagt Lu, „denn der | |
Arbeitslohn in der Produktionskette von Apple reicht nur, um jeweils eine | |
Person zu unterhalten. Eine eigene Familie können die Beschäftigten damit | |
nicht finanzieren.“ Obwohl die Leute zwölf Stunden täglich am Band stehen, | |
obwohl sie nur arbeiten, essen, schlafen, wieder arbeiten, deckt der Lohn | |
nicht die Reproduktionskosten der Arbeiter. Man kann sagen: Die Fabrik | |
frisst ihre Kinder. Weil sie es ihnen nicht ermöglicht, selbst welche zu | |
bekommen. | |
Liang, die Arbeiteraktivistin, ist auf der Rückfahrt nach Hause. | |
Stundenlang ziehen am Fenster des Busses neue Wohnblöcke für | |
Hunderttausende Menschen vorbei, Shoppingmalls, Fabriken. Fortschritt? „In | |
den alten Zeiten, als China noch an den Kommunismus glaubte, wurde die | |
Arbeiterklasse oft besser behandelt“, sagt sie, die moderne, junge Frau aus | |
Hongkong. „Da konnten sie eine Familie ernähren.“ | |
*Namen geändert | |
30 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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