| # taz.de -- Wirtschaft in China: Ernüchterung im Riesenreich | |
| > In der chinesischen Wirtschaft herrschen Korruption und Überkapazitäten. | |
| > Gleichzeitig leidet die Umwelt. Ein Plenum berät nun über Reformen. | |
| Bild: Im Akkord für den Export: Näherin in Wuhu in der Provinz Anhui. | |
| BERLIN taz | Was waren die Erwartungen groß, als vor einem Jahr Xi Jinping | |
| und Li Keqiang die Führung übernahmen. Sie wirkten agil, reformfreudig und | |
| schienen mit ihrer heiteren und anpackenden Art einen völlig neuen | |
| Politikstil in dem ansonsten starren Partei- und Regierungsapparat | |
| einzuführen. Inzwischen ist jedoch Ernüchterung eingekehrt. Denn von den | |
| vielen Ankündigungen ist bislang nur wenig wirklich in Taten umgesetzt. | |
| Umso mehr ruhen nun die Hoffnungen auf diesem Samstag, an dem das „Dritte | |
| Plenum des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei“ beginnt. | |
| So sperrig der Titel klingt, die Zusammenkunft der Parteikader an diesem | |
| Wochenende hat es durchaus in sich. Denn hier treffen sich die 376 | |
| mächtigsten Männer und Frauen Chinas zu einer ehrgeizigen Konferenz und | |
| wollen die Leitlinien der Wirtschaftspolitik für die kommenden Jahre | |
| festlegen. Die meisten von ihnen wissen: Trotz des rasanten | |
| wirtschaftlichen Aufstiegs und dem enormen Wohlstandsgewinn der vergangenen | |
| zwei Jahrzehnte – so wie bisher geht es für China nicht mehr weiter. | |
| In der Diagnose der chinesischen Probleme sind sich die Spitzenkader einig: | |
| China hat in den vergangenen Jahren zu sehr auf die staatlichen | |
| Großunternehmen und zu einseitig auf den Export gesetzt. Die Folgen sind im | |
| ganzen Land zu spüren: Die Umwelt leidet, vielerorts herrscht eine | |
| industrielle Monokultur; zudem haben sich gigantische Überkapazitäten | |
| aufgetürmt. | |
| Und auch das hohe Wachstum gehört der Vergangenheit an. Es wird in diesem | |
| Jahr wahrscheinlich bei „nur noch“ 7,5 Prozent liegen, nach noch | |
| zweistelligen Raten 2010 und 2011. „Der derzeitige Rückgang der | |
| Wirtschaftsdaten ist strukturell und nicht zyklisch“, umschreibt der Ökonom | |
| Xu Xiaonian von der China Europe International Business School die | |
| derzeitige Entwicklung. Wie schnell sich die chinesische Wirtschaft erholt, | |
| werde von dieser Anpassung abhängen. | |
| ## Kommunistische Partei sperrt sich gegen Neuerungen | |
| Xu sieht China vor einem Scheideweg: Soll das Riesenreich weiterhin wie | |
| bisher auf die Staatswirtschaft setzen? Oder braucht China mehr private | |
| Mittelständler? Premier Li Keqiang, selbst Ökonom, hat in den vergangenen | |
| Wochen mehrfach die Ansicht vertreten, dass Wirtschaft ein dynamischer | |
| Prozess sei und die Unternehmen Freiheiten brauchten, um leistungsfähig zu | |
| sein. | |
| Doch innerhalb der Kommunistischen Partei stößt er auf Widerstand. Denn um | |
| wirklich etwas zu bewegen, müsste die Kommunistische Partei Teile ihrer | |
| Macht abgeben. Gerade die Provinz- und Lokalregierungen ähneln inzwischen | |
| jedoch Wirtschaftsunternehmen mit voller Kontrolle über Firmen und | |
| Investitionen vor Ort. Das verschafft ihnen große Möglichkeiten, sich zu | |
| bereichern. „Die Führung muss sich mit dem Mittelbau der Partei anlegen“, | |
| glaubt Xu Dianqing, Politologe an der Peking-Universität. | |
| Bisher hat sich Premier Li das nicht getraut. Das Ergebnis sind | |
| undurchsichtige Reformversuche, so wie in der Anfang des Monats eröffneten | |
| Freihandelszone in Schanghai. Staatsmedien priesen sie als großen Wurf. Vor | |
| allem die Finanzwirtschaft – bislang fast vollständig in Staatshand – soll | |
| in Schanghai völlig neue Freiheiten erfahren. Sogar vom freien Handel mit | |
| der chinesischen Währung, dem Yuan, ist die Rede. | |
| Doch bisher herrscht Unklarheit über die konkrete Umsetzung. Niemand weiß, | |
| nach welchen Regeln die neue Freihandelszone funktionieren soll. Eine allzu | |
| rasche Liberalisierung birgt zugleich Gefahren. Ein völlig freier Handel | |
| mit dem Yuan beispielsweise könnte dazu führen, dass ausländisches Kapital | |
| unkontrolliert über die Freihandelszone nach China strömt. Das könnte die | |
| Finanzmärkte des ganzen Landes durcheinanderbringen. | |
| Doch vielleicht will Li Keqiang es nur spannend machen. Es wäre nicht das | |
| erste Mal. In der Vergangenheit war die KP-Spitze immer wieder für | |
| Überraschungen gut. | |
| 8 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
| ## TAGS | |
| China | |
| Kommunistische Partei | |
| Wirtschaft | |
| Umweltverschmutzung | |
| Reformen | |
| China | |
| China | |
| China | |
| China | |
| China | |
| Europa | |
| Apple | |
| Brasilien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Korruption bei Chinas Machtelite: Ein paar Yuan in der Karibik | |
| KP-Familien horten laut Medienberichten große Vermögen in Steueroasen. Die | |
| Deutsche Bank mischt mit. Chinas Behörden reagieren mit Zensur. | |
| Reformen in China: Staat macht Revolution | |
| Zentralisierte Macht, mehr Markt für die Wirtschaft, starke Staatskonzerne, | |
| keine Umerziehungslager, mehr Babys: So sieht für Chinas KP die Zukunft | |
| aus. | |
| KP-China setzt auf mehr Privatwirtschaft: Firmen und Konzerne werden gestärkt | |
| Die Führung in Peking verspricht eine Stärkung des Marktes. Die Dominanz | |
| der Staatsbetriebe soll massiv beschnitten werden. | |
| Wirtschaftsreformen in China: Parteikader debattieren Kurswechsel | |
| Die KP-Spitze berät bei einem Treffen über die Zukunft der chinesischen | |
| Wirtschaft. Unterdessen gründeten Anhänger des inhaftierten Politikers Bo | |
| Xilai eine eigene Partei. | |
| Bombenterror in China: Anschlag auf KP-Büro in Provinzstadt | |
| Mehrere Bomben, ein Toter: Die chinesischen Behörden glauben diesmal nicht | |
| an Uiguren als Täter. Unzufrieden sind in China auch noch andere. | |
| Kritik an Deutschlands Exportboom: Der Überschuss-Sünder | |
| Rückt Exportweltmeister Deutschland auf die Anklagebank der EU-Kommission? | |
| Brüssel zögert – dabei genießt Berlin bereits eine dicke Extrawurst. | |
| Arbeitsbedingungen bei Foxconn: Besser, aber noch lange nicht gut | |
| Seit drei Jahren will der iPhone-Konzern die Bedingungen in den | |
| chinesischen Zulieferfabriken verbessern. Passiert ist nicht genug, wie vor | |
| Ort zu sehen ist. | |
| Erdölförderung vor Brasiliens Küste: Shell, Total und China beuten mit aus | |
| Die brasilianische Regierung feiert die Versteigerung von | |
| Offshore-Ölreserven als großen Erfolg. Die Gewerkschaften sprechen dagegen | |
| von Ausverkauf. |