# taz.de -- Korruption bei Chinas Machtelite: Ein paar Yuan in der Karibik | |
> KP-Familien horten laut Medienberichten große Vermögen in Steueroasen. | |
> Die Deutsche Bank mischt mit. Chinas Behörden reagieren mit Zensur. | |
Bild: Ist teuer, das Leben in China. Da gilt es für den ein oder anderen Polit… | |
PEKING taz | Eine solche Fülle an Daten muss erst mal ausgewertet werden. | |
2,5 Millionen Datein von mehr als 122.000 Briefkastenfirmen mit den Namen | |
von 130.000 Personen lagen Journalisten vor – in Deutschland [1][der | |
Süddeutschen Zeitung] und dem [2][NDR]. Was ihnen jedoch sofort auffiel, | |
als sie vor zwei Jahren die Daten bekamen: Es tauchten erstaunlich viele | |
chinesische Namen auf. Nun, zwei Jahre später, präsentieren sie die | |
Ergebnisse. Sie dürften am Mittwoch eine Schockwelle im Pekinger | |
Regierungsviertel ausgelöst haben. | |
Wie in der Nacht zu Mittwoch veröffentliche Daten belegen, hortet Chinas | |
Führungselite seit Jahren ihr Vermögen in Steueroasen in der Karibik und | |
auf der Insel Samoa im pazifischen Ozean und betreibt dort Geschäfte. In | |
diesen sogenannten Offshore-Leak-Daten finden sich so illustre Namen wie | |
Deng Jiagui, Schwager des amtierenden Präsidenten Xi Jinping, Wen Yunsong, | |
Sohn des früheren Premierministers Wen Jiabao, und Li Xiaolin, die berühmte | |
Tochter von Li Peng, der 1989 als Premierminister die Niederschlagung der | |
Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz mitzuverantworten hat. | |
Selbst die Namen des Schwiegersohns des Reformers Deng Xiaoping, der China | |
einst der Außenwelt öffnete, sowie ein Angehöriger von Ex-Präsident Hu | |
Jintao tauchen in den Unterlagen auf. | |
Unter den mehr als 21.000 aufgeführten Offshore-Kunden aus der | |
Volksrepublik und Hongkong finden sich mindestens 13 Namen von Angehörigen | |
hochrangiger chinesischer Politiker. Es ist der bislang offensichtlichste | |
Beweis dafür, dass Chinas kommunistische Machtelite ihr Vermögen ins | |
Ausland verschiebt. Dem Bericht des [3][Internationalen Konsortiums für | |
Investigativen Journalismus] (ICIJ) zufolge, haben chinesische Vermögende | |
seit der Jahrtausendwende Kapital im Wert von vier Billionen Dollar aus der | |
Volksrepublik in die Steueroasen geschafft. | |
Bei den Offshore-Leaks handelt es sich um einen Datensatz über die | |
Machenschaften in Steueroasen, der Journalisten 2011 anonym zugespielt | |
wurde. Die ersten Enthüllungen im April 2013 haben bereits eine Reihe von | |
Politikern und Bankern weltweit zu Fall gebracht. | |
## „Tiger und Fliegen gleichermaßen“ | |
Die nun veröffentlichten Daten haben besondere Brisanz: In demokratischen | |
Ländern müssen Politiker und Unternehmer in der Regel von ihren Posten | |
zurücktreten und werden mit Geldstrafen belegt, wenn ihnen nachgewiesen | |
wird, dass sie große Summen am Fiskus vorbeigeschleust haben. | |
In China hingegen rühmt sich die derzeitige KP-Spitze – allen voran Chinas | |
Staatspräsident Xi Jinping – damit, das Problem von Machtmissbrauch, | |
Steuerflucht und Selbstbereicherung eigenständig in Griff zu bekommen. Seit | |
seinem Amtsantritt vor einem Jahr überzieht Xi das Land mit einer | |
Anti-Korruptionskampagne und versprach, gegen „Tiger und Fliegen | |
gleichermaßen“ mit eiserner Hand vorzugehen – vom niedrigen Beamten bis zum | |
Spitzenfunktionär. | |
Würde Xi sein Versprechen halten, müsste er gegen seine eigenen | |
Familienmitglieder und eine Reihe von Spitzenfunktionären innerhalb der | |
chinesischen Führung vorgehen. Der Straftatbestand der Korruption ist mit | |
den bislang geleakten Daten zwar noch nicht erfüllt. Doch Steuer- und | |
Kapitalflucht reicht in der Volksrepublik völlig aus, um hart bestraft zu | |
werden. | |
Alle genannten Angehörigen dieser Spitzenpolitiker sind in China gemeldet | |
und damit steuerpflichtig, ebenso die aufgeführten Spitzenunternehmer. Die | |
ICJ-Journalisten können eigenen Angaben zufolge detailliert | |
zurückverfolgen, wie über Hongkong und den Steueroasen seit 2000 massiv | |
Kapital aus China abgeflossen ist. Sie kündigten weitere Enthüllungen für | |
die nächsten Tage an. | |
## Staatliche Medien berichten nicht | |
Die staatlich kontrollierten Medien in China haben am Mittwoch nicht über | |
die geleakten Enthüllungen berichtet. Das durften sie schon nicht, als im | |
Sommer 2012 zunächst die US-Nachrichtenagentur Bloomberg über das | |
angebliche Familienvermögen von Xi Jinping berichte und wenige Monate | |
später die New York Times mit einem umfangreichen Bericht über das | |
Familienvermögen des damals noch amtierenden Premierministers Wen Jiabao | |
nachzog. | |
In beiden Fällen wurde die Nachricht unterdrückt und die Webseiten der | |
beiden US-Medien sind seitdem blockiert. Bis heute wird den Journalisten | |
dieser beiden Medien die Arbeit in China erschwert. | |
Einträge von chinesischen Bloggern zu den nun geleakten Informationen | |
machten auf den chinesischen Mikroblogdiensten am Mittwoch zwar schnell | |
ihre Runden. Viele Einträge waren nach wenigen Minuten aber schon wieder | |
gelöscht. Wer etwa auf chinesisch „Steueroase“ beim Twitter-ähnlichen | |
Dienst Sina Weibo eingab, stieß ebenfalls auf leere Seiten. Auch die | |
Webseite des britischen Guardian war am Mittwoch in China geblockt. | |
Was die Enthüllungen in Deutschland brisant macht: Westliche Banken, | |
darunter die Deutsche Bank, haben den chinesischen Kadern bei ihren | |
Geschäften in den Steueroasen geholfen. Die Deutsche Bank erklärte auf | |
Anfrage der Süddeutschen Zeitung dazu, die Kunden würden „ihre | |
Steuerangelegenheiten vollumfänglich regeln und dabei alle Steuergesetze | |
und Meldeverpflichtungen befolgen“. | |
22 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/offshore-leaks-china-die-tricks-der-rote… | |
[2] http://www.ndr.de/home/offshoreleaks237.html# | |
[3] http://www.icij.org/offshore/leaked-records-reveal-offshore-holdings-chinas… | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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