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# taz.de -- Heime werden geschlossen: Haasenburg nicht reformierbar
> Eine Expertenkommission zieht eine vernichtende Bilanz über die
> Haasenburg-Heime. Die zuständige SPD-Ministerin kündigt die Schließung
> an.
Bild: Die Haasenburg-Heime werden geschlossen.
BERLIN taz | Die Haasenburg-Heime in Brandenburg werden nach
Misshandlungsvorwürfen geschlossen. Das kündigte die Jugendministerin
Martina Münch (SPD) am Mittwoch in Potsdam mit. Grundlage für ihre
Entscheidung ist der Bericht einer Untersuchungskommission, die die
Ministerin eingesetzt hatte und zu einem drastischen Fazit kommt. „Ich
halte die Einrichtungen der Haasenburg GmbH deshalb für nicht
reformierbar“, sagte Münch.
In dem Bericht heißt es, die Verfehlungen über Jahre hinweg „legen den
Schluss auf Mängel nicht unerheblicher Art in der Ausübung der Aufsicht
über die Haasenburg GmbH nahe“.
Die Komission empfiehlt daher: einen „Wechsel der Trägerschaft“, ein
„Ausscheiden aller Führungskräfte, die länger als vier Jahre in den
Einrichtungen der Haasenburg GmbH beschäftigt sind“, eine „dauerhafte
Stilllegung der Einrichtung in Jessern“ sowie eine „rechtliche Prüfung, ob
wegen des Verstoßes gegen Auflagen des Landesjugendamtes die
Betriebserlaubnis für Einrichtungen zurückgenommen werden muss“.
Weiter empfiehlt sie, ehemalige BewohnerInnen der Haasenburg-Heime zu
Aufarbeitungs-Workshops einzuladen. Zudem fordert die Kommission den
„Aufbau einer unabhängigen Kontrollagentur zur Überprüfung der Qualität d…
Arbeit sowie der dazugehörigen Verwaltungstätigkeit in Einrichtungen der
Hilfe zur Erziehung, in Jugendämtern sowie in den zuständigen
Landesbehörden“. Auch die „Einrichtung einer 'Ständigen bundesweiten
Konferenz' zur Diskussion vor Ursachen, Folgen und Hilfebedarfsvarianten
für Kinder und Jugendliche, die Systemgrenzen sprengen können“, wird
empfohlen.
Noch immer sind nicht alle Vorgänge in den Heimen aufgeklärt, weshalb
weitere Untersuchungen angeraten werden. Möglich wäre etwa ein
parlamentarischer Untersuchungsausschuss.
## Vernichtendes Urteil
Vernichtend ist das Urteil über die behördliche Aufsicht in Brandenburg:
„Nicht glaubhaft ist, dass das Landesjugendamt von Fixierungen in
Einrichtungen der Haasenburg GmbH nichts gewusst hat“, schreiben die
Kommissionsmitglieder und verweisen auf verschiedene Dokumente und
Aussagen, die auch zuvor Teil der Berichterstattung der taz waren.
Hat das brandenburgische Landesjugendamt also die Mitglieder der Kommission
im Unklaren gelassen? Die Darstellungen der Behörde seien „geprägt von
Ungereimtheiten“. Die Kommission bemängelt, dass es nicht sein könne, dass
das Wohl der Kinder durch „eine überlastete Aufsichtsbehörde gefährdet“
werde. „Ob im Einzelfall auch persönliches Unvermögen hinzugekommen sein
könnte, vermag die Kommission nicht zu beurteilen“.
Als Konsequenz aus dem Bericht hat Ministerin Münch eine Überprüfung des
Landesjugendamts angekündigt. „Die deutlichen Hinweise der Kommission zu
den Versäumnissen in der Heimaufsicht machen klar, dass eine detaillierte
Untersuchung der Vorwürfe notwendig ist“, sagte sie am Mittwoch.
Auch der Auftraggeber selbst, das Brandenburgische Bildungsministerium,
gerät in scharfe Kritik: „Nicht vermittelbar ist, dass das Fachministerium
über die Zunahme der Beschwerden nicht informiert war“.
Generell kritisiert die Kommission die Anti-Agressionsmaßnahmen und die
körperlichen Erziehungsformen. „Auch wenn Bestrafung nicht zum offiziellen
Konzept gehört, lässt sich unter dem Mantel der 'Gefahr im Verzug' die
Drohkulisse des 'Wir können auch anders' ... effektiv inszenieren.“
Vor allem die Leitungsebene sei auszutauschen: „In unseren Kontakten mit
dem Träger erlebten wir insgesamt eine geringe Dialogbereitschaft sowie
wenig Empathie mit Opfern misslungener Erziehung. Bedauern oder gar Trauer
war nie zu spüren.“
## Verletzung der Grundrechte
Die Kommission fordert ein „Verbot von AAM (Anti-Aggressionsmaßnahmen, Anm.
d. Red) und anderen körperlichen Zwangsmaßnahmen, wie auch einen
„Alarmknopf für Jugendliche“. Zwangsmaßnahmen und Körperkontrollen sollt…
„nur nach richterlichem Beschluss und in Gegenwart eines Kinder- und
Jugendpsychiaters erfolgen“.
Aktuell könnten keine Menschenrechtsverletzungen festgestellt werden. Die
Protokolle und Aussagen Ehemaliger „weisen allerdings auf die Verletzung
von Grundrechten hin“.
Die Kommission sprach mit Dutzenden Kindern und Jugendlichen und wertete
umfangreiche Akten aus. Die Mitglieder besuchten die Einrichtung und
sprachen mit Mitarbeitern und der Leitungsebene. Bei letzterer kritisierte
die Kommission mehrfach die mangelnde Bereitschaft zur Kooperation. Zudem
sei mit falschen Vorwürfen der Befangenheit gegen die Kommission
vorgegangen worden. In ihrer Einleitung schreiben die Autoren: „Was wir
erfahren haben, war z.T. menschlich erschütternd“.
6 Nov 2013
## AUTOREN
Kaija Kutter
Kai Schlieter
## TAGS
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Brandenburg
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