| # taz.de -- Alternativen zur Haasenburg: SPD will weiter wegschließen | |
| > Nach der Schließungsankündigung für die Haasenburg plant Hamburg ein | |
| > eigenes Heim. Findet sich kein Träger, wird eigens ein städtischer | |
| > gegründet. | |
| Bild: Tür zu und gut: Das geschlossene Heim in der Feuerbergstraße machte 200… | |
| HAMBURG taz | Hamburg soll ein neues geschlossenes Heim für Kinder und | |
| Jugendliche bekommen. Das ließ SPD-Sozialsenator Detlef Scheele am | |
| Donnerstag über das Hamburger Abendblatt verkünden. Dies ist eine Reaktion | |
| auf die bevorstehende Schließung der Haasenburg-Heime, in denen die Stadt | |
| noch vor Monaten 15 Kinder- und Jugendliche untergebracht hatte. In der | |
| kommenden Woche wird das Land Brandenburg dem Träger die Betriebserlaubnis | |
| entziehen. Derzeit sind dort noch drei Hamburger Kinder. | |
| Scheeles Ankündigung kommt überraschend: Seine Behörde hatte noch vor | |
| Kurzem Gespräche über Alternativen zu geschlossenen Heimen geführt. Scheele | |
| selbst ließ häufiger durchblicken, er sei kein Freund von geschlossener | |
| Unterbringung. Für die rund ein Dutzend Hamburger Kinder, die noch im | |
| Sommer auf der Warteliste für die Haasenburg standen, während dort ein | |
| Belegungsstopp galt, hatten sich inzwischen andere Lösungen gefunden. | |
| Doch nun schlägt der von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz geführte Senat eine | |
| andere Richtung ein und schafft ein eigenes Heim, wie von der CDU | |
| gefordert. Deren Jugendpolitiker Christoph de Vries lobt denn auch prompt, | |
| Scheele sei „auf die Linie der CDU eingeschwenkt“ und warnte davor, dass in | |
| der Zwischenzeit ohne Heim durch frei laufende Intensivtäter „Menschen zu | |
| Schaden kommen“. | |
| „Wir kriegen die drei, die noch in der Haasenburg sind, nicht anders | |
| unter“, sagte Scheeles Sprecher Marcel Schweitzer. Hinzu kämen aktuell etwa | |
| drei bis vier Minderjährige, für die eine geschlossene Unterbringung in | |
| Frage komme. Das Heim solle nicht in Hamburg, aber im näheren Umkreis | |
| liegen. Allerdings dürfe dies auch nicht auf dem platten Land sein, wo nur | |
| schwer qualifiziertes Personal zu finden sei, so Schweitzer. | |
| ## „Geist der Jugendhilfe atmen“ | |
| Das Konzept des Heims soll ein ganz neues sein, welches individuell auf die | |
| Kinder eingeht. „Es muss den Geist der Jugendhilfe atmen und nicht den | |
| Geist der Justiz“, sagt Senator Scheele. Wer der Träger wird, soll sich bis | |
| zur Sitzung des Familienausschusses der Hamburger Bürgerschaft am 26. | |
| November klären. Findet sich keiner, soll die Stadt einen eigenen gründen. | |
| Der städtische Landesbetrieb Erziehung kommt aus Sicht der Behörde nicht in | |
| Frage, weil er für die vor fünf Jahren geschlossene Einrichtung in der | |
| Feuerbergstraße verantwortlich war. | |
| In den Sozialministerien der SPD-regierten Nachbarländer wusste man gestern | |
| noch nichts von Hamburgs Plänen. In Schleswig-Holstein gebe es kein | |
| geschlossenes Heim, sagt Sprecher Christian Kohl. „Soweit ich weiß, ist | |
| auch keines angedacht.“ In Hannover geht die rot-grüne Koalition den | |
| entgegengesetzten Weg: Sie hat vereinbart, die einzige bestehende | |
| geschlossene Wohngruppe in Lohne zu öffnen. Allerdings gestalte sich dies | |
| schwierig, man sei im Gespräch mit dem Träger Caritas, sagt | |
| Ministeriumssprecherin Heinke Traeger. | |
| Die Hamburger Diakonie kritisierte Scheeles Ankündigung. „Offene | |
| Einrichtungen haben langfristig weit größere Erfolge auch in schwierigen | |
| Konstellationen nachzuweisen“, sagt Vorstandsfrau Gabi Brasch. Der Senat | |
| wolle der Bevölkerung mit dem Heim eine Sicherheit vermitteln, „die es | |
| nicht gibt und nie geben wird“. Unverständlich sei, warum der Senator diese | |
| Entscheidung fälle, „während er gleichzeitig mit Trägern der Jugendhilfe | |
| Gespräche über alternative Betreuungsformen führt“. | |
| Auch Michael Lindenberg von der Evangelischen Fachhochschule zeigt sich | |
| entsetzt: „Die Geschehnisse in der Haasenburg haben gezeigt, dass Erziehung | |
| unter Einschluss immer wieder Missbrauch und Gewalt an jungen Menschen | |
| erzeugen.“ | |
| „Völlig abwegig“ findet der Linken-Abgeordnete Mehmet Yildiz Scheeles Plan: | |
| „Wenn man Jugendliche einsperrt, macht sie das nur kaputt.“ Die Hamburger | |
| SPD habe aus Haasenburg und Feuerbergstraße nichts gelernt, sagte auch die | |
| Grüne Christiane Blömeke. „Das Konzept der geschlossenen Heime gehört nicht | |
| in die Jugendhilfe – da nützt es auch nichts, ins Hamburger Umland | |
| auszuweichen.“ | |
| Die Linke und die Grünen forderten vergeblich eine Expertenanhörung zur | |
| Frage der Alternativen. Hätte es die gegeben, wäre wohl auch Jenne Riemann | |
| vom Träger Jugendhilfe Phönix gekommen. „Wir haben ein Konzept in der | |
| Schublade, das wir auch für Hamburg anbieten könnten“, sagt er. | |
| Er hat für ein Mädchen, das in der Haasenburg war, eine | |
| individualpädagogische Betreuung organisiert. Und er ist gerade dabei, dies | |
| für eine weitere Heim-Kandidatin zu beantragen. Es gebe nicht für jedes | |
| Kind eine Hilfe innerhalb der Stadt, aber man brauche individuelle | |
| Lösungen. „Deshalb sage ich: lieber die Hallig mit dem bindungsorientiert | |
| arbeitenden Pädagogen-Paar als eine geschlossene Unterbringung.“ | |
| 14 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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