# taz.de -- Ex-Haasenburg-Heimkind zu Übergriffen: „Es war schwer auszuhalte… | |
> Sie floh aus dem Heim und kam einen Tag nach dem Schließungsbeschluss | |
> erneut in die Haasenburg GmbH. Es kam wieder zu körperlichen Maßnahmen. | |
Bild: Bald Vergangengheit: Haasenburg GmbH in Brandenburg. | |
Am Donnerstag wurde Jana (Name geändert) aufgegriffen und von der Polizei | |
wieder in die Haasenburg gebracht. „Dort wurde sie von zwei | |
Haasenburg-Mitarbeitern so stark begrenzt, dass ein Rettungswagen notwendig | |
war“, teilt der empörte jugenpolitische Sprecher der Linken, Torsten | |
Krause, mit. Der Vorfall ist für ihn eine aktuelle Bestätigung dafür, dass | |
dort die Kinder gefährdet sind. | |
Die Haasenburg GmbH dürfte dafür eine kluge Erklärung finden. | |
Interessanterweise hatte die Firma als Zeugnis der eigenen Qualität den | |
Brief einer Heimbewohnerin veröffentlicht. Eine Lobhudelei. Die Haasenburg | |
GmbH sei „das beste für mich“, steht da mit der Handschrift eines jungen | |
Menschen. „Mir gefällt in der Haasenburg der Umgang der Jugendlichen von | |
den Erziehern“. Und: „Ich findes es gar nicht gut wie über die Haasenbur | |
geredet wird. Hier werden keine Kinder misshandelt“. Unterzeichnet hat dies | |
Jana. Sie teilte der taz nun mit, sie habe diesen Brief nie geschrieben. | |
Die taz traf das Mädchen nun in Thüringen: | |
taz: Warum bist du aus der Haasenburg geflüchtet? | |
Jana: Weil ich es dort nicht mehr ausgehalten habe. Weil es mir dort nicht | |
mehr gefällt. Die Taktiken und wie die alles machen. Das war schlimm für | |
mich. Zu schlimm. Ich halte es da drinne allgemein nicht mehr aus. | |
Du wurdest per Fahndung gesucht, die Polizei hat dich am Donnerstag | |
zurückgebracht - einen Tag nachdem die Untersuchungskommission ihren | |
Bericht vorlegte und die Ministerin Münch angekündigt hat, die Heime zu | |
schließen. Wie war es dort für dich? | |
Ich hab den ganzen Tag geweint in meinem Zimmer. Früher haben die Erzieher | |
mit mir geredet, über Probleme und so. Aber in den letzten Tagen waren die | |
nur im Büro und haben nicht mit mir geredet. Die haben mich erst einmal | |
laut ausgeschimpft und sich dann nicht um mich gekümmert. Mir ging es gar | |
nicht gut. Deshalb habe ich den Notruf gewählt. Die Polizei sollte mir | |
helfen. Hat sie aber nicht. Deshalb habe ich die Cremedose an die Wand | |
geschmissen. | |
Im Bad? | |
Nein, in meinem Zimmer. Aber dann bin ich aufs WC gerannt, weil ich meine | |
Ruhe haben wollte. Hab das auch öfters gesagt. Da kamen zwei Erzieher mit | |
rein. Haben mich gegen so ein Metalwaschbecken gedrückt. Dann wollte ich in | |
mein Zimmer gehen. Herr R. hat mich leicht angepackt. Da wollte ich ihn zur | |
Seite schubsen, da hat er mich begrenzt. | |
War das einer der drei Mitarbeiter, die zeitweilig nicht in der Haasenburg | |
arbeiten durften? | |
Der war eine Zeit weg, aber ist inzwischen wieder da. | |
Wie ging es weiter? | |
Die haben mich zu zweit etwa fünf Minuten festgehalten. Dabei habe ich mich | |
nicht so wirklich beruhigt. Da haben die den Notarzt gerufen und mich in | |
die Psychiatrie gebracht. | |
Tat die Begrenzung weh? | |
Ja. An der rechten Hand hat es sehr weh getan. Weil der Betreuer sie stark | |
nach innen gebogen hat. | |
Du warst über zwei Jahre dort. Wie oft wurdest du begrenzt? | |
Oft. Vielleicht 40 mal. | |
Wie war das beim ersten Mal? | |
Beim Anfang tun sie das im Stehen machen. Und wenn man sich wehrt, dann | |
legen sie dich hält auf den Boden. Und tun dann halt Füße und Hände | |
festhalten. | |
Was war der Auslöser? | |
Ich hatte halt Konflikte gehabt. Dann hab ich halt diskutiert und auch | |
Randale gemacht. Gegen die Tür getreten oder so. Dann wurde ich | |
festgehalten, wenn ich das mehrmals gemacht hab. | |
Warum hast du Randale gemacht? | |
Ich wusste schon, dass ich in die Haasenburg komme. Aber ich wusste nicht, | |
was das für ein Heim war. Die Anfangszeit war zu streng für mich. Man hätte | |
mich da besser reinintegrieren können. Dass ich nur auf Zimmer sitze und | |
gar keinen Kontakt zu den Jugendlichen hab, war schwer auszuhalten. | |
Wie lange dauerten die Begrenzungen? | |
Einmal ging das bei mir über zwölf Stunden, mit kurzen Unterbrechungen von | |
vielleicht fünf Minuten. Das war hart und hat sehr weh getan. Wenn man sich | |
wehrt, halten die dich länger fest. Wenn nicht, lassen die dich los. Wenn | |
du angespannt bist, halten die dich auch länger fest. | |
Auf der Homepage der Haasenburg steht ein Brief mit deinem Namen drunter. | |
Da schreibst du, „Mein Leben vor der Haasenburg sah sehr schlecht aus“ und | |
„Ich finde es gar nicht gut, wie über die Haasenburg geredet wird“. Du | |
wolltest dafür kämpfen, dass das Heim nicht geschlossen wird. | |
Ich habe diesen Brief nicht geschrieben. Das ist auch nicht meine | |
Handschrift. | |
Hast du eine Erklärung dafür? | |
Nein. | |
Bist du mehrfach abgehauen? | |
Fünf mal. | |
Wie schafft man das? Da in Neuendorf ist doch nur Wald drum herum. | |
Ich bin gelaufen durch dem Wald. Einmal hab ich es sogar bis Hamburg | |
geschafft mit dem Zug. Aber ich wurde immer von der Polizei aufgegriffen | |
und zurückgebracht. | |
Deine Mutter hat das Sorgerecht für dich und hat dich jetzt nach über zwei | |
Jahren rausgeholt. Wieso hast du nicht schon früher gesagt, du willst nicht | |
bleiben? | |
Ich hatte nicht den Mut dazu. Ich hatte Angst, wenn ich bei den | |
Hilfeplangesprächen etwas sage, kommt da hinterher etwas Falsches bei raus. | |
Du bist jetz zu Hause. Wohnst in deinem alten Kinderzimmer. Wie findest du | |
das? | |
Ehrlich gesagt: schön. | |
14 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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