# taz.de -- Misstrauensvotum in Griechenland: Sieg mit Verlusten | |
> Das griechische Parlament hat einen Misstrauensantrag der Opposition | |
> abgelehnt. Doch die Parlamentsdebatte zeigt die Zerrissenheit des Landes. | |
Bild: Unterdrücktes Lachen? Regierungschef Antonis Samaras. | |
ATHEN taz | Es kam wie erwartet: Nach einer stürmischen Debatte hat das | |
griechische Parlament in der Nacht zum Montag einen von der Linksopposition | |
Syriza eingebrachten Misstrauensantrag mit knapper Mehrheit abgelehnt. „Die | |
Regierung geht gestärkt aus der Abstimmung hervor, Neuwahlen wird es erst | |
im Jahr 2016 geben“, frohlockte der seit Juni 2012 regierende | |
Ministerpräsident Antonis Samaras. | |
Sowohl in der konservativen Partei von Samaras als auch bei den | |
mitregierenden Sozialisten war die Erleichterung deutlich sichtbar. „Die | |
Ablehnung des Misstrauensantrags verschafft der Regierung Sauerstoff“, | |
titelt die den Sozialisten nahestehende Tageszeitung Ta Nea. Die seit Juni | |
2012 regierende Koalition aus Konservativen und Sozialisten hat im | |
Parlament bislang alle Abstimmungen über die umstrittene Reformpolitik für | |
sich entscheiden können. | |
Konservative Kommentatoren erklärten sogar, laut Geschäftsordnung des | |
Parlaments sei ein erneuter Misstrauensantrag in den nächsten sechs Monaten | |
gar nicht zulässig und infolgedessen stünde Samaras eine mindestens | |
sechsmonatige sturmfreie Regierungszeit vor. | |
Ganz so einfach ist es nicht: Zwar sieht der Artikel 142 Absatz 2 der | |
Geschäftsordnung in der Tat vor, dass nach der Ablehnung eines | |
Misstrauensantrags im Parlament ein „ähnlicher“ Antrag unzulässig sei (es | |
sei denn, er trüge die Unterschriften der Mehrheit der Abgeordneten, was | |
derzeit als ausgeschlossen gilt). Was der Begriff „ähnlicher Antrag“ | |
bedeutet, ist allerdings nicht ganz deutlich. Vereinzelt wird auch die | |
Auffassung vertreten, die Opposition sei durchaus berechtigt, einen | |
Misstrauensantrag aus anderem Grund auch vor Ablauf der sechsmonatigen | |
Frist einzubringen. | |
## Geschmolzene Mehrheit | |
Mehr Kopfzerbrechen dürften den Koalitionsspitzen die Abweichler in den | |
eigenen Reihen bereiten. Nachdem der konservative Regierungschef die | |
Bedenkenträger in der eigenen Partei in intensiven Gesprächen erst einmal | |
im Zaum halten konnte, überraschte die ehemalige sozialistische Ministerin | |
Theodora Tzakri mit ihrem Nein zur Regierung. Prompt wurde die Abweichlerin | |
aus der sozialistischen Fraktion ausgeschlossen, womit die Mehrheit der | |
Regierungskoalition im Parlament auf nur noch drei Stimmen schmilzt. | |
Den Verbalstreit mit der Linksopposition im Parlament überließ | |
Ministerpräsident Samaras zunächst dem sozialistischen Vizeregierungschef | |
Evangelos Venizelos. In seinem üblichen Juristengriechisch warf Venizelos | |
dem Oppositionschef Alexis Tsipras „institutionellen Extremismus“ vor. | |
Als Tsipras sich jedoch direkt an den Regierungschef mit der kritischen | |
Bemerkung wandte, er würde ihn nicht einmal anschauen, platzte Samaras der | |
Kragen. „Ich gucke nur deshalb in die andere Richtung, damit ich nicht in | |
Lachen ausbreche“, donnerte der konservative Politiker. Die Gelächter im | |
Regierungslager wollte Tsipras wiederum nicht unkommentiert lassen: „Was | |
diese Regierung anrichtet, ist nicht zum Lachen, sondern zum Weinen“, | |
erklärte der linke Oppositionschef. | |
11 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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