# taz.de -- Energiepolitik im Koalitionsvertrag: Das Grummeln der Umweltpolitik… | |
> Wichtige Punkte der Energiepolitik wurden offenbar über Nacht aus dem | |
> Koalitionsvertrag gestrichen. Fachpolitiker aus Union und SPD sind | |
> verärgert. | |
Bild: Fukushima scheint vergessen. Die Energiewende wurde im Koalitionsvertrag … | |
BERLIN taz | Finanzierungsvorbehalt. Das Wort schwebte wie ein Aasgeier | |
über den Koalitionsverhandlungen und hat vor allem bei der Energiewende am | |
Ende dafür gesorgt, dass wichtige Punkte kurz vorm Ziel gestrichen worden | |
sind. Das kritisieren nun Politiker der AG Energie, die selbst nächtelang | |
die Vorlagen für die Parteispitzen erarbeitet haben. | |
Die hatten im Vorfeld selbst dafür gesorgt, dass entscheidende Fragen in | |
Sachen Energiewende als Verhandlungsmasse bis ganz zum Schluss | |
offenblieben. Am Ende heißen die Opfer: Energieeffizienz und | |
Süddeutschland. | |
„Die Hälfte der Standorte für die Windkraft in Baden-Württemberg ist nun | |
gefährdet. Das müssen wir korrigieren, auch, um die Netzausbaukosten zu | |
senken“, sagte Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich (SPD) der | |
taz. | |
Der Grund: In der letzten Verhandlungsnacht ist eine Zahl zu einem | |
„Referenzertragsmodell“ in den Koalitionsvertrag gekommen, nach der sich | |
künftig Windräder nur an besonders windreichen Stellen lohnen. Was sich | |
zunächst sinnvoll anhört, führt zu einem stärkeren Ausbau der Windkraft im | |
Norden und weniger Windmühlen im Süden. Damit steigt der Bedarf an | |
Stromtrassen. | |
## Die Kosten des Gesamtsystems | |
„Jetzt wird teurer Offshore-Wind stärker unterstützt, für den wir große | |
Leitungen nach Süden brauchen. Die Union hat die Kosten des Gesamtsystems | |
nicht im Blick“, kritisiert Friedrich. | |
Auch der zweite Punkt, der sogenannte Ausbaukorridor, ist manchen ein Dorn | |
im Auge: Laut Koalitionsvertrag sollen bis 2025 40 bis 45 Prozent, bis 2035 | |
55 bis 60 Prozent des Stromes aus erneuerbaren Energien stammen – was die | |
momentane Ausbaugeschwindigkeit drosselt. | |
Erwartbar war eine geharnischte Kritik der Opposition: Die Große Koalition | |
fahre „die Energiewende mit Vollgas gegen die Wand“, sagte die | |
Linken-Umweltexpertin Eva Bulling-Schröter. Grünen-Umweltpolitikerin | |
Annalena Baerbock sprach von einem „Desaster“ für die Energiewende und die | |
internationale Klimapolitik. | |
Doch Grummeln ist selbst aus Teilen von Union und SPD zu hören. „Der | |
Ausbaukorridor wirkt als Bremse, was mit dem Ziel einer erfolgreichen | |
Energiewende schwer vereinbar ist“, sagt Nina Scheer (SPD), die neu in den | |
Bundestag eingezogen ist und ebenfalls in der AG Energie saß. Dennoch sieht | |
sie auch Positives – etwa, dass Erneuerbare immer noch vor allen anderen | |
Kraftwerken ihren Strom ins Netz einspeisen dürfen. | |
## Energieeffizienz gestrichen | |
Josef Göppel (CSU), ebenfalls Mitglied der AG Energie, geht noch weiter: Er | |
fürchtet ebenfalls ein „abruptes Abwürgen der Windkraft in Süddeutschland�… | |
sagte Göppel dem Online-Magazin klimaretter.info: „Meine Befürchtung ist, | |
dass dann manche sagen: Jetzt müssen die Atomkraftwerke weiterlaufen.“ | |
Andreas Jung, AG Energie und CDU-Abgeordneter, findet die Beschlüsse | |
prinzipiell richtig, die Klimaziele „ehrgeizig“. Doch auch er kritisiert, | |
dass ganz am Ende ein wichtiger Punkt zur Energieeffizienz gestrichen | |
worden ist – wegen Finanzierungsvorbehalten: „Ich bedauere, dass die | |
steuerliche Förderung der Gebäudesanierung nicht aufgenommen wurde“, sagt | |
Jung. Dadurch sollten Häuser besser gedämmt und große Mengen Heizenergie | |
eingespart werden – einer der günstigsten Wege des Klimaschutzes überhaupt. | |
In Berlin soll es am Samstag eine Großdemonstration gegen die Beschlüsse | |
geben, um den „schwarz-roten Frontalangriff auf die Energiewende“ | |
abzuwehren, wie die Veranstalter sagen. | |
29 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Koalitionsvertrag | |
Energiewende | |
Windkraft | |
Energiewende | |
Windparks | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Erneuerbare Energien | |
Robert Habeck | |
Umweltpolitik | |
Energiewende | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Energiewende | |
CO2-Emissionen | |
Koalitionsvertrag | |
Kohle | |
Demonstrationen | |
Energiewende | |
Erneuerbare Energien | |
Energie | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Spalterische Stromautobahn: Höchstspannung in der Union | |
Die Thüringer CDU demonstriert mit Bürgerinitiativen gegen eine | |
Hochspannungstrasse. Die Kollegen aus Sachsen-Anhalt sind dafür. Und nun? | |
Insolvenz von Windparkbetreiber: Windreich schon viel länger pleite | |
Im Herbst 2013 meldete Windreich Insolvenz an. Laut einem Medienbericht war | |
die Firma offenbar schon 2011 zahlungsunfähig. Der Unternehmensgründer | |
widerspricht. | |
Populismusattacke auf Energiewende: Viel Gegenwind für Seehofer | |
Erneut hatte Bayerns Ministerpräsident den Bau neuer Stromtrassen in Frage | |
gestellt. Dafür gab es Kritik aus allen Lagern – vom Grünen Anton Hofreiter | |
bis zu Kanzlerin Merkel. | |
Kommentar Stromnetzausbau: Das Kohleschutzprogramm | |
Das Thema angeblich fehlender Übertragungsnetze für Strom wird von der | |
Regierung nur vorgeschoben. Tatsächlich hat es wenig mit Erneuerbaren zu | |
tun. | |
Eine Trasse für Deutschland: Ökostrom auf 800 Kilometer | |
Zwei Netzbetreiber machen einen Vorschlag für den Verlauf der neuen Leitung | |
für Windstrom von Nord nach Süd. Aber Seehofer will gar keine Trassen bauen | |
lassen. | |
Debatte Neue Umweltministerin: Mit oder ohne Energie | |
Wenn Barbara Hendricks will, kann sie in ihrem neuen Ministerium endlich | |
wieder Umweltpolitik machen. Sonst kommt diese halt weiter aus Brüssel. | |
Kommentar zur GroKo-Klimapolitik: Hätte, hätte, Menschenkette | |
Unrealistische Ziele und weiche Kompromisse: Der Koalitionsvertrag von | |
Union und SPD steht im Zeichen eines klimapolitischen Tiefschlafs. | |
Klimaschutzpläne der großen Koalition: Sommer, Sonne, Grönland | |
CDU und SPD warnen vor der Erderwärmung und haben große Klimaschutzpläne. | |
Aber mit den von ihnen ergriffenen Maßnahmen wird das nichts. | |
Vorteil für Hamburg: Einigkeit über Energiewende | |
Die Metropolregion Hamburg profitiert besonders stark von der Entwicklung | |
der erneuerbaren Energien - und will das auch weiterhin tun. | |
Pro & Contra Energiewende: Sabotiert die GroKo die Energiewende? | |
Ja, denn das Klimaziel für Deutschland rückt mit den Beschlüssen der Großen | |
Koalition in weite Ferne. Iwo, das ist alles sehr pragmatisch. | |
Koalitionsvertrag nur für Experten: Für Bürger unverständlich | |
Wortungetüme und Fachwörter machen den Koalitionsvertrag für viele | |
unlesbar. Vielleicht ist das Absicht, mutmaßt Hohenheimer | |
Kommunikationsforscher. | |
Energiewende-Demo in Berlin: Kohle ist der neue Castor | |
Mit dem Atomausstieg hofften manche auf ein Ende des Widerstands. Doch | |
inzwischen hat sich die Protestbewegung neu erfunden. | |
Energie-Demonstration in Berlin: Tausende gegen das Ende der Wende | |
Zu einer Demonstration die energiepolitischen Beschlüsse der Großen | |
Koalition hatten über 60 Gruppen aufgerufen. Laut Veranstalter folgten rund | |
16.000 Menschen diesem Ruf. | |
Große Koalition zur Energiewende: Verordnete Wachstumsstörung | |
Schwarz-Rot bekennt sich zur Energiewende – allerdings mit Zurückhaltung. | |
Die formulierten Ziele sind oft schwammig. Fragen bleiben offen. | |
Kommentar Strompolitik: Konzerne gegen Energiewende | |
Die großen Energieversorger nehmen Einfluss auf die Koalitionsverhandlungen | |
in Berlin. Sie wollen ihre Kohle vermarkten. | |
Erneuerbare unter Beschuss: Koalition schockiert Ökostromer | |
Ein Schwarz-rotes Papier verunsichert die Branche: Müssen Windmüller bald | |
Energie aus Kohlekraft kaufen, wenn ihre Anlagen stillstehen? |