| # taz.de -- Lateinamerikanisches Filmfestival: Demnächst auch in Ihrem Kino | |
| > Die Filme der Latein- amerikanischen Filmtage in Hamburg zeigen Szenen | |
| > der Poesie eines Nachmittags im Schwimmbad bis hin zu einer Punk-Ballade. | |
| Bild: Abschied von Havanna: In dem Film "Una Noche" planen zwei Brüder ihre Fl… | |
| HAMBURG taz | Ein kleines Festival mit Filmen aus Lateinamerika hat fast | |
| zwangsläufig nicht nur cineastische, sondern auch politische Wurzeln. So | |
| ist es auch bei den Lateinamerikanischen Filmtagen, die Anfang der | |
| 1990er-Jahre von den drei Freunden Lars, Matthias und Olaf gegründet | |
| wurden. In deren Manifest hieß es: „Wir leben von unseren Träumen und | |
| machen weiter im Glauben daran, dass das Kino zu schön ist, um es wie ein | |
| gewöhnliches Geschäft zu betreiben und dem freien Spiel des Marktes zu | |
| überlassen.“ | |
| Ein schöner Gedanke, doch inzwischen haben sie sich alle drei beruflich | |
| anders orientiert. Stattdessen organisiert seit vier Jahren Ralf Denecke | |
| die Lateinamerikanischen Filmtage, die heute beginnen. Denecke arbeitet im | |
| Hamburger 3001 Kino und dieses war von Anfang an Unterstützer und | |
| Spielstätte des Festivals. | |
| Zwangsläufig wurde das Festival schlanker und sparsamer organisiert. Gäste | |
| aus den Herstellungsländern kommen nicht mehr, und wenn in diesem Jahr | |
| dennoch zwei Künstler ihre Filme vorstellen, dann deshalb, weil sie in | |
| Hamburg leben und mit dem Fahrrad zur Vorstellung fahren können. | |
| Auch das Programm wird viel pragmatischer zusammengestellt als früher. | |
| Denecke erklärt dies so: „Wir stricken das Programm jetzt aus Filmen | |
| zusammen, die in absehbarer Zeit in Deutschland auf den Markt kommen. Dazu | |
| kommen kleine Entdeckungen von Festivals.“ | |
| Seit drei Jahren arbeitet er mit dem kleinen Münchner Filmverleih Cine | |
| Global zusammen, der spanische und lateinamerikanische Filme herausbringt. | |
| Das hat auch den Vorteil, dass die Filme deutsche Untertitel haben. Allein | |
| vier der elf Filme im Programm kommen von diesem Verleih, der sie später | |
| auch als Paket für Kinos in anderen Städten verleihen will. | |
| Ein anderer kleiner Verleih mit dem schönen Namen „Bildkraft“ bringt am 12. | |
| Dezember den mexikanischen Film mit dem Titel „Workers“ in die Kinos, und | |
| an diesem Tag läuft er dann auch bei den Hamburger Filmtagen. Auf der | |
| diesjährigen Berlinale zählte er zu den wenigen Filmen, bei denen man | |
| lachen konnte. Deshalb war er einer der Publikumslieblinge. | |
| Erzählt wird von zwei Arbeitern, denen vom Kapitalismus übel mitgespielt | |
| wird. Rafael hat 30 Jahre in einer Fabrik die Putzarbeiten erledigt. Doch | |
| an dem Tag, an dem er in den Ruhestand gehen dürfte, eröffnet ihm sein | |
| Vorgesetzter, dass er als illegaler Arbeiter aus El Salvador keine | |
| Ansprüchen auf Rente habe, aber gerne noch weiter in der Firma arbeiten | |
| dürfe. | |
| Die zweite Heldin ist eine Haushälterin, deren neuer Arbeitgeber nach dem | |
| Tod der alten Chefin deren Hund ist, der als Alleinerbe eingesetzt wurde. | |
| Die beiden rächen sich auf eine raffinierte und sehr komische Art. | |
| In der gleichen Woche kommt auch der kubanische Spielfilm „Una Noche“ von | |
| Lucy Mulloy in die Programmkinos. Der deutsche Verleih hat ihm den | |
| Allerwelts-Titel „Eine Nacht in Havanna“ verpasst. Dabei passt dieser gar | |
| nicht zu der eher deprimierenden Handlung des Films. Seine beiden Helden | |
| Elio und Raul sind Freunde seit ihrer Kindheit, und mit 20 Jahren wollen | |
| sie aus Kuba abhauen. Sie planen die Flucht nach Florida auf einem Floß, | |
| doch in ihrer vermeintlich letzten Nacht in Havanna wird der Plan dadurch | |
| gefährdet, dass Elios Schwester ihnen auf die Schliche kommt und droht, sie | |
| zu verraten. Ihre Bedingung ist, dass sie mitfahren darf. | |
| Auf der Berlinale war auch „La Piscina“ zu sehen, ein außergewöhnlicher | |
| Film aus Kuba, der bisher noch keinen Verleih hat und deshalb mit | |
| englischen Untertiteln gezeigt wird. Sein einziger Spielort ist ein | |
| Schwimmbad und gezeigt wird nur, was sich ein paar Stunden lang zwischen | |
| dem Schwimmlehrer, seinen vier SchülerInnen und ein paar Nebenfiguren | |
| abspielt. | |
| ## Stimmungsvoller Ort | |
| Erzählt wird mehr durch Bewegungen und Blicke als in Dialogen, und der | |
| Regisseur Carlos M. Quintela nimmt sich Zeit, damit sich die sommerlich | |
| verschlafene Stimmung des Ortes auf den Zuschauer übertragen kann, was ihm | |
| gut gelingt. | |
| Mit „Cesars Grill“ hat Denecke nicht nur einen in Deutschland produzierten | |
| Film ins Programm geschummelt, zudem läuft er schon seit Anfang Oktober in | |
| den deutschen Kinos. Aber da der Film in Ecuador spielt und der Regisseur | |
| Darío Aguirre in Hamburg lebt, lag es nahe, den Film ins Festival-Programm | |
| zu nehmen. | |
| „Cesars Grill“ ist eine Komödie, in der der Titelheld ein Grillrestaurant | |
| betreibt und schwer von seinem Sohn Darío enttäuscht ist, der lieber nach | |
| Deutschland auswandert, um Künstler zu werden, als den väterlichen Betrieb | |
| zu übernehmen. Doch als der Betrieb nach zehn Jahren droht, pleite zu | |
| gehen, fährt der Sohn zurück zu seinem Vater und die beiden versuchen, den | |
| Laden zu retten. Aber in Deutschland hat Darío sich verändert: Er ist zum | |
| Beispiel zum Vegetarier geworden. | |
| Aus Ecuador kommen noch vier weitere Filme des Programms. Einer davon hat | |
| wieder eine Verbindung zu Deutschland: In dem Film „Sin otoño, sin | |
| primavera“ spielt der in Hamburg lebende Schauspieler Andrés Troya Holst | |
| mit. Er spielt einen von zehn Jugendlichen, die zu einer Art neuen | |
| verlorenen Generation zählen. Nicht ihre Geschichten, sondern ihre Wünsche, | |
| Hoffnungen und Ängste versucht der Regisseur Iván Mora Manzano | |
| darzustellen. In Kritiken ist von einer „Punk-Ballade“ die Rede. | |
| ## Lateinamerikanische Filmtage: 5. bis 18. Dezember, 3001 Kino, Hamburg | |
| 4 Dec 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Hippen | |
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