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# taz.de -- Wenig übrig für kulturelle Filmförderung: Manchmal reichen 100 E…
> Das Bremer Filmbüro betreibt aus einem winzigen Etat heraus
> Microförderung für kulturell interessante Filme und bringt die junge
> Filmszene der Stadt zusammen.
Bild: Nach dem Umzug in die Touristenfalle Schnoor: Eröffnung des neuen Filmb�…
BREMEN taz | Über die deutsche Filmförderung wird gerade vor dem
Bundesverfassungsgericht verhandelt. Ende des Jahres wird dessen Urteil
darüber erwartet, ob die Finanzierung rechtens ist. Es geht dabei um viel
Geld. Deutsche Filme werden mit jährlich etwa 340 Millionen Euro gefördert.
Aber es gibt auch eine andere Art von Filmförderung, die mit viel weniger
Mitteln, doch viel Idealismus betrieben wird.
Als Anfang der 80er-Jahre die einzelnen Bundesländer begannen,
Fördereinrichtungen zu gründen, war die Trennung zwischen kultureller und
wirtschaftlicher Förderung noch nicht so extrem wie heute. Dieter Koslick
leitete zuerst die kulturelle Filmförderung in Hamburg, dann die
wirtschaftliche Förderung in NRW und von dort ging er dann als Leiter der
Filmfestspiele nach Berlin. Heute sind nur noch wenige Institutionen der
kulturellen Filmförderung übrig geblieben, etwa die Filmwerkstatt in Kiel,
die in die Filmförderung Hamburg-Schleswig- Holstein integriert ist und
260.000 Euro pro Jahr an Fördermitteln ausgeben kann.
Das 1991 von Henning Scherf gegründete Filmbüro Bremen hat viel weniger
Geld zur Verfügung. Es wurde aber immerhin nicht abgewickelt, nachdem 2001
die Mediengesellschaft Nordmedia gegründet wurde, die für die Verteilung
der Fördergelder in Niedersachsen und Bremen zuständig ist. Dabei sind in
erster Linie wirtschaftliche Kriterien entscheidend. Die Förderung soll die
Medienstandorte und die Kulturwirtschaft der Region stärken.
Entsprechend eng sind die Verbindungen der Nordmedia zu den örtlichen
Fernsehanstalten, besonders dem NDR. Gerade wurde ein Förderprogramm
angeschoben, durch das junge Autoren, Regisseure und Produzenten dazu
ermutigt werden sollen, Komödien für den NDR zu drehen. Die kulturelle
Filmförderung hat dagegen einen ganz anderen Ansatz. Bei ihr geht es darum,
Filmkunst zu fördern und den Nachwuchs zu unterstützen.
Bei diesen hehren Zielen verwundert es nicht, dass das Bremer Filmbüro im
Vergleich lächerlich geringe Fördermittel verteilen kann. Es ist zwar
gerade in ein schmuckes historisches Häuschen in der Touristenfalle Schnoor
umgezogen, doch diese schicke Adresse kann nicht darüber hinwegtäuschen,
wie gering die Finanzierung ist. Der Etat von etwa 100.000 Euro pro Jahr
wird zum größten Teil von der Kulturbehörde der Stadt aufgebracht. Die
Landesmedienanstalt stiftet die beiden Förderpreise für Videokunst und
Dokumentarfilme, die mit 5.000 sowie 7.500 Euro pro Jahr dotiert sind.
Darüber hinaus wird meist sogenannte Microförderung betrieben. Für diese
stehen 4.000 Euro zur Verfügung, mit denen in diesem Jahr immerhin 22
Projekte unterstützt wurden. Diese Hilfe kann darin bestehen, dass bei der
Arbeit zu einem Drehbuch die Reisekosten für Recherchen übernommen werden,
bei Dreharbeiten wird der Einsatz eines Krans ermöglicht und ein Zuschuss
dafür gegeben, dass ein Filmemacher sein Werk auf einem Festival vorstellen
kann. Der Geschäftsführer des Bremer Filmbüros Klaus W. Becker nennt diese
Art von Förderung sehr arbeitsintensiv, aber wirkungsvoll, weil den
Filmemachern ganz konkret aus einer Klemme geholfen wird.
Dabei ist die Fertigstellungsquote der vom Filmbüro geförderten Filme mit
90 Prozent erstaunlich hoch. Dies liegt auch daran, dass diese Förderung
als Anstupser oft entscheidend, dann aber die erste in einer ganzen Kette
von weiteren Förderungen ist. Exemplarisch dafür ist die Finanzierung des
Dokumentarfilms „Kümmel baut“, in dem vom Bau eines Einkaufszentrums an der
deutsch-polnischen Grenze erzählt wird und für den der Filmemacher seine
erste Unterstützung von 8.000 Euro im Jahr 2005 vom Filmbüro bekam. Dazu
kamen sukzessive Fördergelder vom Medienboard Berlin Brandenburg, der
Filmstiftung NRW, dem Bundeskulturminister sowie den Fernsehanstalten MDR
und RBB. Er wurde im Kino und Fernsehen gezeigt und als DVD verwertet.
Wenn es nur um die Verteilung dieser minimalistischen Fördermittel gehen
würde, wäre die Frage berechtigt, ob der Aufwand sich lohnt. Doch es gehört
zu den Besonderheiten des Bremer Filmbüros, dass dort kulturelle
Filmförderung in einem viel umfassenderen Sinn betrieben wird. So stellt
das Bremer Filmbüro jungen Filmemachern seine Infrastruktur zur Verfügung
und hilft ihnen dabei, sich zu vernetzen. Es organisiert
Werkstattgespräche, bei denen Filmemacher zum Beispiel lernen, bei welchen
Filmfestivals sie ihre Filme einreichen sollen. Zweimal jährlich
veranstalten sie unter dem Titel „Kochtopf“ Branchentreffen, bei denen
Filmemacher einander von ihren neuen Projekten erzählen, einzelne Sequenzen
oder Rohschnitte von ihren noch nicht fertigen Filmen zeigen oder aus
Drehbüchern vorlesen.
Und das Filmbüro fördert die freie Filmszene der Stadt auch dadurch, dass
es deren Filme zeigt. Einmal im Monat wird im Programmkino Schauburg ein
sogenanntes „Heimspiel“ veranstaltet, bei dem in Bremen gedrehte oder
produzierte Filme zu sehen sind. Zweimal im Jahr wird ein
Kurzfilmwettbewerb mit dem Titel „Young Collection“ veranstaltet, der
bundesweit ausgeschrieben ist und zu dem jeweils über 100 Filme eingereicht
werden.
Kurios sind die ebenfalls zweimal im Jahr stattfindenden Super-8-Abende.
Das Konzept besteht darin, dass die jeweils drei Minuten langen Filmrollen
belichtet, aber danach unentwickelt abgegeben werden. Am Abend sind sie
dann tatsächlich vom Publikum und den Machern zum ersten Mal zu sehen. Dazu
improvisiert jeweils ein Ensemble von Bremer Musikern.
Durch diese Aktivitäten hat das Bremer Filmbüro trotz seiner beschränkten
Mittel eine erstaunliche Präsenz in der freien Filmszene der Stadt. Denn es
praktiziert kulturelle Filmförderung im doppelten Sinne des Wortes.
16 Oct 2013
## AUTOREN
Wilfried Hippen
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