# taz.de -- Filmemacher-Nachwuchs: Kinder, macht Filme! | |
> Nicht älter als 27 Jahre sind die Filmemacher, deren Arbeiten das | |
> Internationale Filmfest „up and coming“ in Hannover zeigt. | |
Bild: In "Rollin Safari" von Kyra Buschor und Constantin Päplow werden aus Zeb… | |
„Medienkompetenz“ – das ist ist so ein Lieblingsworte von Pädagogen, den… | |
dabei meist die ironische Finte verborgen bleibt: dass die Kinder und | |
Jugendlichen nämlich oft viel kompetenter mit den visuellen Medien umgehen | |
können als ihre LehrerInnen. Am klügsten ist es wohl, den Nachwuchs einfach | |
machen zu lassen, seine Kreativität zu fördern beim Schaffen von – | |
zumindest für ihn – neuen Bildern. | |
Eben das hat Burkhard Inhülsen schon 1982 gemacht, als er in Hannover das | |
„erste bundesweite Schülerfilmfestival“ gründete. An der Grundidee hat si… | |
seitdem nichts geändert. Gezeigt werden die Werke von jungen talentierten | |
Filmemachern, die sich auf dem Festival treffen, ihre Erfahrungen | |
austauschen, Kontakte knüpfen und durch Lob oder vielleicht sogar einen | |
Preis in ihrer Arbeit bestärkt werden. | |
## Mehrere Wettbewerbe | |
Über die Jahre haben sich sowohl die Medien wie auch das Festival | |
verändert. Zuerst wurde im Super-8-Format gedreht, dann auf Video, | |
inzwischen digital. Das Festival wurde bald alle zwei Jahre veranstaltet, | |
es wuchs – und heißt seit 1991, ganz weltgewandt, „up-and-coming Int. Film | |
Festival Hannover“. | |
Zu den ehemaligen Teilnehmern zählen Volker Engel, der für die Special | |
Effects in Roland Emmerichs „Independence Day“ einen Oscar bekam, Fatih | |
Akin, Dennis Gansel („Die Welle“) und Gordian Maug („Der olympische | |
Sommer“). Teil des Festivals sind mehrere Wettbewerbe, bei denen immer die | |
Förderung der jungen Talente im Mittelpunkt steht. Für jedem Preisträger | |
beim „Deutschen Nachwuchsfilmpreis“ etwa übernimmt ein namhafter Produzent | |
die Patenschaft, um ihn bei seinen neuen Projekten zu unterstützten und zu | |
beraten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stiftete 2011 | |
einen Bundes-Schülerfilmpreis. Es gibt einerseits Projekte, bei denen | |
Schüler und Schülerinnen gefördert werden – wie das 18-monatige | |
Online-Tutorium „filmklasse-deutschland“ –, andererseits Kurse, in denen | |
sich Pädagogen als zertifizierte „Filmlehrer“ qualifizieren können. | |
Ein Grund für den Erfolg des Festivals liegt wohl darin, dass es den | |
Teilnehmenden eine große gemeinschaftliche Erfahrung bietet: Vier Tage lang | |
sehen sie sich zusammen Filme an, reden und feiern miteinander. In diesem | |
Jahr haben sich fast 3.000 junge FilmemacherInnen aus 54 Ländern beworben, | |
von denen jeweils 100 für den deutschen und den Internationalen Wettbewerb | |
ausgewählt und eingeladen wurden. Einzige wirkliche Beschränkung für die | |
Teilnahme ist die Altersgrenze: Zwischen sieben und 27 Jahren dürfen die | |
Mitmachenden alt sein. | |
Für die Auswahljury ist Originalität erklärtermaßen wichtiger als die | |
technische Qualität. So beteiligen sich einerseits 25 deutsche und 31 | |
internationale Hochschulen mit ihren Filmklassen an den Wettbewerben. Genau | |
so sind aber auch Filme zu sehen, die von Amateuren in ihren Kinderzimmern | |
gedreht wurden. | |
## Parodieren – und pupsen | |
Die Kinder der Kita Feuerwache in Frankfurt am Main haben mit „Star Wars | |
VIII – Flucht von Angor“ eine der so beliebten Genre-Parodien gemacht. In | |
gewisser Weise zählen sie damit sogar zu den wenigen Veteranen des | |
Festivals: Schon im Jahr 2007 lief dort „Star Wars VII“, von einer | |
damaligen Generation Kita-Kinder. Lei und Leanna wiederum, beide zehn Jahre | |
alt, nennen ihren einminütigen Animationsfilm genau zutreffend „Der | |
pupsende Fisch“, und sechs Schülerinnen der Klasse 3 b einer Grundschule in | |
Nördlingen drehten sechs Monate lang in der schuleigenen Filmbox den | |
Trickfilm „Der geheimnisvolle Mond der Gummibärchen“. | |
Computerprogramme machen Animationen heute im Wortsinne kinderleicht, und | |
bei „Rollin’ Safari“ von Kyra Buschor und Constantin Päplow reichte ein | |
Effekt, der aus Zebras, Antilopen und Geparden komische Kugeltiere macht, | |
für drei optisch reizvolle Filmminuten. Im Programm hat das hannoversche | |
Festival aber auch stilistisch ambitionierte und thematisch „erwachsene“ | |
Animationsfilme: „Revierie“ von Valentin Garagin Shujun Wong und Robert | |
Wincierz etwa. Darin wird ein „Mann ohne Eigenschaften“ durch einen Suizid | |
aus seiner heilen Welt gerissen, hinein in einen Strudel von düsteren, | |
surrealen Visionen. | |
## Apokalyptische Fantasien | |
Derlei apokalyptische Fantasien finden sich im Programm noch ein paar: Im | |
Kurzfilm „Fallout Berlin“ des 25-jährigen Jonas Brandau etwa wird die | |
Hauptstadt radioaktiv verseucht, während Benjamin Witte, 17, in „Supergau“ | |
einen junger Hacker in einem deutschen Atomkraftwerk eine Kernschmelze | |
auslösen lässt. | |
In anderen Filmen erzählen die Jugendlichen, weniger spektakulär, von ihren | |
Lebensumständen: Kai Stänickes „Gay Goth Scene“ ist einen Kurzfilm über | |
einen Außenseiter, der auf seiner Schule gemobbt wird. „Low battery“ von | |
Umut, Vincet, Nina und Amanda dagegen ist ein Handyfilm – über einen | |
Handysüchtigen. | |
Einige Jugendliche haben erstaunliche künstlerische Verarbeitungen für ihre | |
Lebensumstände gefunden. So produzierte beispielsweise eine Gruppe von | |
Schülern der Hauptschule für Hörgeschädigte in Stegen einen Stummfilm mit | |
dem Titel „Beim Gorilla in der Villa“. Neben der Kurzdokumentation „Koora | |
(Trash)“, in der Daniel Asadi Faezi Müllsammler auf einen riesigen Müllberg | |
bei Kalkutta begleitet, gibt es im Programm auch hochstilisierte Szenerien | |
von puppenhaften Frauen: „Intrusion“ von Natalie Plaskura. | |
Die skurrilen Waldgestalten in „Que Skem a’malla harza“ wirken, als habe | |
Regisseur Tobias Rehm ein Remake von „Wo die wilden Kerle wohnen“ machen | |
wollen. „Das Neujahrsgeschenk“ von Konstantin Korovin wiederum ist ein | |
klassisch erzählter Kurzspielfilm, bei dem ein defekter Fahrstuhl sechs | |
Menschen in einer Silvesternacht zusammenführt. | |
## 21. bis 24. November, Cinemaxx am Raschplatz, Hannover Programm und | |
Informationen: | |
20 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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