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# taz.de -- Fakten zu Sozialleistungen für EU-Bürger: Hartz-IV-Ausschluss, od…
> Die CSU polemisiert und will EU-Bürgern Sozialleistungen in Deutschland
> verweigern. Doch wie ist die Rechtslage? Sechs Fragen und Antworten.
Bild: Männer vor der Bundesagentur für Arbeit in Rendsburg.
Bisher wurde diskutiert, ob die deutsche Gesetzeslage überhaupt mit
EU-Recht vereinbar ist. Jetzt will die CSU die Leistungsausschlüsse sogar
noch ausweiten. Hier ein Blick auf die Rechtslage:
1. Haben EU-Bürger Anspruch auf deutsche Sozialleistungen?
Grundsätzlich ja. Nach der Richtlinie über die Unionsbürgerschaft von 2004
haben EU-Bürger in anderen EU-Staaten grundsätzlich Anspruch auf „die
gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats“. Das
gilt auch für Sozialleistungen.
2. Könnten deutsche Sozialleistungen für EU-Bürger in den ersten drei
Monaten ausgesetzt werden (wie die CSU fordert)?
Generell ist dies nicht möglich. So wäre es zum Beispiel nicht möglich,
EU-Bürgern, die in Deutschland wohnen und gemeldet sind, drei Monate lang
das Kindergeld zu verweigern.
3. Wann darf man EU-Bürgern Sozialleistungen verweigern?
Wer in Deutschland nicht arbeiten will oder kann (etwa Rentner), darf laut
Unionsbürgerrichtlinie drei Monate lang von der deutschen „Sozialhilfe“
ausgeschlossen werden. Nach drei Monaten endet für solche Personen aber
auch das Aufenthaltsrecht, wenn sie nicht genügend eigene Mittel zum
Lebensunterhalt in Deutschland haben.
Benötigen sie später Sozialleistungen, darf dies jedoch nicht automatisch
zur Ausweisung führen. Diese EU-Bürger dürfen vor allem dann nicht
ausgewiesen werden, wenn das finanzielle Problem nur vorübergehender Natur
ist.
3. Was gilt für arbeitssuchende EU-Bürger?
Laut Unionsbürgerrichtlinie haben arbeitssuchende EU-Bürger zwar ein
Aufenthaltsrecht in anderen EU-Staaten, das nicht nach drei Monaten endet.
Ihnen darf aber die „Sozialhilfe“ verweigert werden, solange sie erstmals
Arbeit in diesem Land suchen. Auf diesen Passus stützt sich die 2007
eingeführte deutsche Regelung im Sozialgesetzbuch II, wonach
arbeitssuchende EU-Bürger generell keine Hartz-IV-Leistungen bekommen.
4. Warum ist der Hartz-IV-Ausschluss für arbeitssuchende EU-Bürger
umstritten?
Zum einen ist umstritten, ob Hartz-IV-Leistungen überhaupt eine Form der
„Sozialhilfe“ sind. Nur dann wären Leistungsausschlüsse nach EU-Recht
zulässig. Zum anderen wird der „Automatismus“ kritisiert, dass bedürftige
Arbeitssuchende generell kein Hartz IV bekommen können.
Aus dem zweiten Grund hat das Landessozialgericht Essen Ende November den
gesetzlichen Leistungsausschluss für EU-widrig erklärt. Die Frage ist aber
noch nicht endgültig entschieden. Mitte Dezember hat das
Bundessozialgericht den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg um Klärung
gebeten. Dies wird rund eineinhalb Jahre dauern.
5. Können Arbeitnehmer und Selbständige aus EU-Staaten in Deutschland Hartz
IV bekommen?
Ja. Wenn sie wenig verdienen, können sie mit Hartz IV aufstocken.
6. Könnten Leistungen für Aufstocker drei Monate lang verweigert werden
(wie die CSU vorschlägt)?
Nein, eine solche Ausnahme für Arbeitnehmer und Selbständige ist im
EU-Recht nicht vorgesehen. Hier gilt die Pflicht zur Gleichbehandlung.
3 Jan 2014
## AUTOREN
Christian Rath
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Sozialleistungen
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Schwerpunkt Armut
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