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# taz.de -- Strom aus Braunkohle: Höchste Produktion seit 1990
> Die Energiewende ist eine Kohlewende, das zeigt eine Bilanz. Seit der
> Wiedervereinigung wurde in Deutschland nicht mehr so viel Braunkohlestrom
> produziert wie jetzt.
Bild: Kühltürme des Braunkohlekraftwerks im brandenburgischen Jänschwalde.
BERLIN dpa | Trotz der milliardenschweren Förderung erneuerbarer Energien
ist die klimaschädliche Stromproduktion aus Braunkohle 2013 in Deutschland
auf den höchsten Wert seit 1990 geklettert. Das geht aus vorläufigen Zahlen
der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen hervor.
Demnach wurden 2013 über 162 Milliarden Kilowattstunden Strom in
Braunkohlekraftwerken erzeugt – 1990, als noch viele alte DDR-Meiler
liefen, waren es knapp 171 Milliarden Kilowattstunden. Dadurch wird trotz
eines Ökostromanteils von inzwischen knapp 25 Prozent mit einem erneut
gestiegenen CO2-Ausstoß in Deutschland gerechnet. Besonders im Rheinland
und in der Lausitz wird der Strom aus Braunkohle produziert.
Die Grünen forderten von Union und SPD, dem Trend rasch entgegen zu wirken,
er sei dramatisch für die Klimaschutzbilanz. „Wer es mit dem Klimaschutz
ernst meint, muss dafür sorgen, dass immer weniger Strom aus der Braunkohle
kommt“, sagte die Umweltpolitikerin Bärbel Höhn. „Der CO2-Ausstoß braucht
einen entsprechenden Preis, damit sich klimaschonendere Gaskraftwerke
durchsetzen können“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Die
Braunkohlekraftwerke sind nach den Atomkraftwerken die entscheidenden
Renditebringer von RWE und Co. Da werden auch die ganz alten Kraftwerke
nicht abgeschaltet“, so Höhn.
Insgesamt beförderte die Zunahme auch einen neuen Rekord beim Export von
Strom – dieser lag bei rund 33 Milliarden Kilowattstunden. „Deutschland hat
2013 an acht von zehn Tagen mehr Strom exportiert als importiert. Das ist
zu einem Großteil Strom aus Braun- und Steinkohlekraftwerken“, sagte der
Strommarktfachmann Patrick Graichen von der Berliner Denkfabrik Agora
Energiewende. „Diese verdrängen damit Gaskraftwerke nicht nur im Inland,
sondern auch im Ausland – insbesondere in den Niederlanden“, erläuterte
Graichen. Experten gehen von guten Einnahmen durch den Kohlestromverkauf im
Ausland aus.
Auch die Stromproduktion in Steinkohlekraftwerken stieg um 8 Milliarden auf
mehr als 124 Milliarden Kilowattstunden, während die Stromproduktion in
Gaskraftwerken um 10 auf 66 Milliarden Kilowattstunden zurückging. Damit
fangen vor allem Kohlekraftwerke den Wegfall von acht Atomkraftwerken auf,
während sich CO2-ärmere, aber im Betrieb teurere Gaskraftwerke derzeit kaum
rechnen.
## „Energiewende-Paradox“
Nach den vorläufigen Zahlen habe sich die Stromerzeugung aus Braunkohle bei
allerdings gesunkenem Braunkohleneinsatz 2013 noch einmal um 0,8 Prozent
erhöht, sagte Jochen Diekmann vom Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) als Mitglied der AG Energiebilanzen der
Deutschen Presse-Agentur. Zum einen sei der Preis für
CO2-Verschmutzungsrechte im EU-Emissionshandel sehr niedrig. Zum anderen
seien allein 2012 neue Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von 2743
Megawatt hinzugekommen, während alte Blöcke mit einer Leistung von 1321
Megawatt vom Netz gingen.
Energieexperte Graichen sprach vom „Energiewende-Paradox“: Ausbau von
Solar- und Windparks und dennoch steigende Kohlendioxid-Ausstöße. Rund 23,5
Milliarden Euro an Förderung für erneuerbare Energien werden 2014 über die
Strompreise gewälzt, ein Vier-Personen-Haushalt muss mit knapp 220 Euro
Ökostrom-Umlage in diesem Jahr rechnen.
Die Ursache ist laut Graichen, dass der CO2-Ausstoß derzeit kaum etwas
koste. „Der europäische Markt für Emissionsrechtezertifikate muss dringend
repariert werden, um das zu ändern.“ Die Menge an Emissionsrechten müsse
reduziert werden, um den CO2-Preis zu erhöhen.
Gerald Neubauer von Greenpeace sagte an die Adresse von Energieminister
Sigmar Gabriel (SPD): „Er muss den schockierenden Kohleboom stoppen. Das
ist die gravierendste Fehlentwicklung bei der Energiewende, die die
deutschen Klimaschutzziele stark gefährdet.“ Deutschland sei Weltmeister
bei der Stromproduktion aus Braunkohle. In keinem anderen Land werde soviel
Braunkohle abgebaut. „Der Kohleboom gefährdet inzwischen auch international
die Glaubwürdigkeit Deutschland bei Klimaschutz und Energiewende.“ Auch
2014 würden neue Blöcke in nicht unerheblicher Zahl ans Netz gehen. „Wir
vermissen gerade bei der SPD eine kritischere Haltung“, sagte Neubauer.
7 Jan 2014
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