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# taz.de -- Experte über Lebensversicherungen: „Keine Neuverträge abschlie�…
> Jahrelang wurde den Deutschen gepredigt, sie müssten privat für das Alter
> vorsorgen. Und jetzt? Tipps von „Finanztest“-Chef Hermann-Josef Tenhagen.
Bild: Fürs Alter sollte man am besten in jedem Alter vorsorgen.
taz: Herr Tenhagen die Lebensversicherungen senken höchstwahrscheinlich
ihren Garantiezins auf 1,5 oder sogar 1,25 Prozent, 2015 könnte es so weit
sein – was hat das mit mir und mit dem Jetzt zu tun?
Hermann-Josef Tenhagen: Für Menschen, die vorsorgen wollen, hat sich in den
vergangenen Jahren viel verändert. Wenn der Garantiezins sinkt, heißt das,
dass künftig neue Lebens- und Rentenversicherungen noch unattraktiver
werden, als sie es bislang schon sind. Aber gemach: Für eine bestehende
Versicherung ändert sich überhaupt nichts. Der Garantiezins hat lediglich
Auswirkungen auf neue Verträge. Wenn er sinkt, bedeutet das niedrigere
Garantien für die Zukunft solcher langlaufenden Verträge.
Jahrelang wurden den Deutschen gepredigt, sie müssten privat für das Alter
vorsorgen. Viele wählten eine Kapitallebens- oder private
Rentenversicherung. Und nun?
In der derzeitigen Niedrigzinsphase muss man vorsichtiger mit seinem Geld
umgehen. Dabei ist der Garantiezins gar nicht das Problem. Für Festgeld bei
der Bank gibt es auch nicht mehr Rendite. Das Problem der
Lebensversicherungen ist ihre Kostenstruktur. Der Vertrieb ist viel zu
teuer: Bei einem Garantiezins von heute 1,75 Prozent dauert es oft 15
Jahre, bis die Zinsen die Kosten wieder eingespielt haben, die von den
Versicherern abgezogen werden.
Was tun?
Zum Beispiel auf geförderte Rentenversicherungen ausweichen: Riestern ist
immer noch attraktiv für Angestellte und Beamte, ein Rürup-Vertrag könnte
sich für einen Selbstständigen lohnen, der Mitte 50 ist und relativ wenig
angespart hat. Generell gilt derzeit als Kurzformel für
Lebensversicherungen: Alte Verträge nicht kündigen und neue nicht
abschließen – wenn sie nicht gefördert sind.
Was raten Sie noch, wenn ich sparen kann und vorsorgen will?
Zunächst mal: Das Tagesgeldkonto mit etwa zwei Monatseinkommen für
plötzliche Ausgabenwünsche füllen, damit ich keine Dispozinsen zahlen muss.
Das können locker 11, 12 Prozent sein – so viel Rendite muss man derzeit
erst mal erwirtschaften!
Und dann?
Dann frage ich mich: Wie lange brauche ich mein Geld nicht? Vielleicht zehn
Jahre? Dann kann ich darüber nachdenken, einen Teil in Aktien oder
Aktienfonds, den anderen in Sparanlagen anzulegen – die Bausparkasse Mainz
zahlt derzeit bei einer zehnjährigen Laufzeit 3,01 Prozent Zinsen. Ich
persönlich würde zu Fifty-fifty raten.
Aktien stehen derzeit sehr hoch im Kurs – ist nicht zu erwarten, dass sie
bald im Wert fallen?
Wer eine Langfristperspektive hat, braucht nicht ängstlich sein. Aber
natürlich sind Anleger besser dran, die vor drei Jahren zugegriffen haben,
als der DAX noch bei 6.000 Punkten stand.
Die Immobilienpreise gehen in vielen Großstädten durch die Decke. Soll ich
da zuschlagen?
Immobilien sind super, wenn man preiswert gekauft hat. Die Faustregel
lautet hier: In zwanzig Jahren muss die Nettokaltmiete die Kosten wieder
einspielen. Falls diese für ein Objekt bei 1.000 Euro liegt, darf es also
rund 240.000 Euro kosten. Ist es teurer, würde ich davon als Geldanlage
abraten. Anders ist es beim Haus am See, in dem man selber wohnt.
Problematisch bei Immobilien ist ja auch, wenn nebenan plötzlich eine
Fischfabrik oder eine Ausfallstraße gebaut wird. Das ist für den Käufer oft
vorher nicht absehbar.
Wie ist es mit der klassischen Ökoanlage?
Ein Solardach kann auch heutzutage noch eine sinnvolle Investition sein:
Für den Strom gibt es zwar nicht mehr so viel wie früher, aber billiger als
Elektrizität von Vattenfall oder Greenpeace Energy ist es doch. Wenn ich
ein Dach habe, unterstütze ich damit also meine Heizung und die
Stromproduktion. Am besten natürlich, indem ich die Waschmaschine mit einer
Zeitschaltuhr mittags starten lasse, wenn gerade viel Strom produziert
wird. Spannend wird es, wenn es einmal bezahlbare Batterien gibt.
Was machen die Leute, die kein eigenes Dach haben?
Könnten auf einen Ökofonds mit einem Mix wie Greeneffects setzen. Diese
sind nicht nur nachhaltiger, sondern auf lange Sicht auch attraktiver.
Geschlossene Fonds sind nur ein Investment für Leute, die es sich leisten
können, auch Geld zu verlieren.
Für Altkunden: Muss man eigentlich Angst um seine Versicherung haben?
Derzeit zahlen Lebensversicherungen im Schnitt noch 3,15 Prozent Rendite,
Tendenz sinkend. Das ist derzeit schwer zu erwirtschaften.
Wenn die Niedrigzinsphase andauert, bekommen manche Versicherer in einigen
Jahren voraussichtlich ein Problem. Das heißt nicht, dass das Geld futsch
ist, aber dass vielleicht Versicherer einen garantierten Zins nicht mehr
zahlen können und übernommen werden müssen. Doch kein Grund zur Panik: Auch
diese Art von Pleite ist aktuell nicht absehbar.
8 Jan 2014
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Altersvorsorge
Zinsen
Zinspolitik
Allianz
Steuerfahndung
Schwerpunkt Atomkraft
Lebensversicherung
Verbraucherschutz
Altersvorsorge
Bundesrat
Unisex
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