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# taz.de -- Urteil zu alten Bausparverträgen: Bausparkassen dürfen kündigen
> Bausparer freuten sich bisher über gutverzinste Verträge. Bis
> Bausparkassen diese plötzlich kündigten – zu Recht, wie der BGH nun
> entschied.
Bild: Für das Bauen braucht's oft einen Bausparvertrag
Karlsruhe taz | Bausparkassen können (für sie) ungünstige Verträge nach
einer gewissen Zeit kündigen. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof
(BGH) in einem Grundsatzurteil. Der BGH schloss sich damit der
Mehrheitslinie in der Rechtsprechung an.
Beim Bausparen gibt es zwei Phasen. In der ersten Phase spart der Kunde bei
der Bausparkasse, in der zweiten Phase erhält er von der Kasse ein
Darlehen. Die Idee dahinter: In der Sparphase bekommt der Kunde weniger
Zins als marktüblich, in der Darlehensphase zahlt er aber auch weniger Zins
als üblich. Der Wechsel von der ersten in die zweite Phase ist möglich,
wenn 40 bis 50 Prozent der Bausparsumme angespart wurden und die Kasse
genug Geld im Topf hat, um ein Darlehen zu vergeben. Dann ist das
Baudarlehen „zuteilungsreif“. Der Kunde muss das Darlehen aber nicht
abrufen, sondern kann auch weitersparen.
Das machen derzeit die meisten Kunden. Denn die Niedrigzinsphase der
letzten Jahre hat das Bauspargeschäft völlig durcheinandergebracht. Die
früher vereinbarten Sparzinsen liegen weit über den marktüblichen, ebenso
die vereinbarten Zinsen für ein Baudarlehen. Die Kunden lassen deshalb das
Geld als gut verzinstes Sparguthaben bei der Bausparkasse liegen und
besorgen sich bei Bedarf einen günstigen Baukredit bei einer normalen Bank.
Die Bausparkassen haben deshalb schon mehr als 260.000 alte Verträge
gekündigt. Sie beriefen sich auf eine gesetzliche Klausel, die einem
Darlehensnehmer zehn Jahre nach „vollständigem Empfang“ des Darlehens die
Kündigung erlaubt (§ 489 BGB). Zwar ist die Bausparkasse in der ersten
Phase tatsächlich eine Art Darlehensnehmerin, aber ein „vollständiger
Empfang“ des Darlehens liegt eigentlich nicht vor. Die meisten Gerichte
haben das Kündigungsrecht der Kassen dennoch akzeptiert. Nur das
Oberlandesgericht Stuttgart entschied zugunsten der Bausparer und hielt die
Kündigung für unzulässig.
## Versäumnisse auf Kunden abwälzen
Im Kern ging es natürlich um die Frage, wer das Risiko für die
ungewöhnliche Niedrigzinsphase tragen muss. „Jeder weiß, dass sich die
Marktverhältnisse ändern können, aber Sie haben nicht vorgesorgt“,
argumentierte Peter Wassermann, der Kundenanwalt, „jetzt wollen Sie Ihre
Versäumnisse auf die Kunden abwälzen.“ Reiner Hall, Anwalt der beklagten
Wüstenrot-Bausparkasse, entgegnete: „Die augenblickliche Niedrigzinspolitik
der EZB hat mit normaler Marktentwicklung nichts mehr zu tun. Damit musste
niemand rechnen.“
Der Bundesgerichtshof stellte sich nun auf die Seite der Bausparkassen.
Diese hätten zehn Jahre nach Zuteilungsreife des Vertrags ein
Kündigungsrecht. Mit diesem Kündigungsrecht sollen alle Darlehensnehmer,
nicht nur Privatpersonen, auf unerwartete Entwicklungen reagieren können.
Gegen das Urteil sind keine Rechtsmittel mehr möglich. Die Kassen können
weiterhin für sie ungünstige Verträge kündigen, sobald die Zehnjahresfrist
ab Zuteilungsreife um ist.
21 Feb 2017
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Zinspolitik
Sparen
Finanzen
Banken
Bausparkasse
Deutsche Bank
Altersarmut
Altersvorsorge
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