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# taz.de -- Stille Reserven bei Lebensversicherungen: Härtefall mit Überschuss
> Die Bundesregierung will Lebensversicherer auf Kosten der Kunden
> entlasten – trotz üppiger Gewinne. Der Bundesrat blockt ab und ruft
> Vermittlungsausschuss an.
Bild: Allein die Allianz verwaltet laut Geschäftsbericht weltweit Kapitalanlag…
HAMBURG taz | Der Streit über die Auszahlung von Buchgewinnen der
Lebensversicherer geht erst im Januar in seine entscheidende Runde. Die
schwarz-gelbe Bundesregierung will mit einer „Härtefallregelung“
Lebensversicherer entlasten. Auf Kosten der Versicherten, wie Kritiker
befürchten.
Betroffen sind etwa drei Millionen Versicherte, deren Verträge 2013
auslaufen werden. Der Bundesrat hat am Freitag auf seiner letzten Sitzung
dieses Jahres das Gesetzesvorhaben in den Vermittlungsausschuss überwiesen
und damit vorerst gestoppt.
Erst im November hatte die Bundesregierung eine Entlastung der
Lebensversicherer beschlossen. Diese sind überwiegend auf sichere
Geldanlagen ausgerichtet und legen daher viel Kapital in festverzinsliche
Wertpapiere und Staatsanleihen an. Allein die Allianz verwaltet laut
Geschäftsbericht weltweit Kapitalanlagen von rund 1,7 Billionen Euro.
Seit der Staatsschuldenkrise gelten viele Anleihen aber nicht mehr als
sicher – zudem sind die Zinssätze seit dem Ausbruch der Banken- und
Finanzkrise 2007 auf historische Tiefststände gesunken.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will daher der Assekuranz
einen sogenannten Sicherungsabschlag bewilligen, damit ihre Substanz
erhalten bleibe: Versicherer sollten ihre Bewertungsreserven auf
festverzinsliche Wertpapiere nicht mehr wie bisher zur Hälfte an ihre
Kunden auszahlen müssen.
## Stille Reserven
Diese stillen Reserven sind infolge der Niedrigstzinssätze für neue
Wertpapiere erheblich gestiegen, denn alte, hochverzinste Wertpapiere
erzielten erhebliche Kursgewinne an den Börsen. Versicherungskonzerne
nutzen diese rechnerischen Buchgewinne allerdings meistens nicht aus. Sie
halten stattdessen an ihren Wertpapieren fest bis zum Ende der Laufzeit und
kassieren einfach nur die Zinsen.
Für Versicherte bedeutet der Schäuble-Nachlass: Sie müssen befürchten, für
ablaufende oder gekündigte Verträge 2013 noch deutlich weniger Geld
ausgezahlt zu bekommen. Genaue Zahlen wurden jedoch nicht bekannt.
Angesichts der unklaren Datenlage wurde bald aus den Oppositionsparteien
Kritik laut. Mitte Dezember besserte die Regierungskoalition dann
ihrerseits nach: Der Spielraum für die Bewertungsreserven sollte zum 21.
Dezember gedeckelt werden.
Versicherte sollten durch diese sogenannte Härtefallregelung maximal einen
Abschlag von 5 Prozent in Kauf nehmen müssen, berichtete das Fachblatt
Versicherungsjournal. Nach Einschätzung der Grünen handelt die
Bundesregierung selbst bei ihrer geplanten Nachbesserung nur halbherzig.
Notwendig sei eine Gegenleistung der Versicherungsbranche.
„Bei den Banken hat man doch auch gesagt: Wenn man sie schon retten muss,
dann muss sich im Gegenzug auch etwas ändern: bessere Beratung,
transparente Produkte und weniger Bonuszahlungen“, erläuterte der
Finanzexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick.
## Drastische Senkung
Ob die Assekuranz überhaupt Hilfe benötigt, ist jedoch durchaus umstritten.
Fast alle Lebensversicherer haben die laufende Verzinsung für 2013 schon
zum Teil drastisch gesenkt. Kunden erhalten daher ohnehin deutlich weniger
Rendite als bisher. Dabei haben die deutschen Assekuranzunternehmen im
vergangenen Geschäftsjahr über 10 Milliarden Euro Überschuss erzielt, hat
Manfred Poweleit ermittelt.
Der Chefredakteur des Finanzinfodienstes MAP-Report beruft sich auf
aktuelle Daten aus dem Finanzaufsichtsamt Bafin. Bafin-Präsidentin Elke
König hatte schon im Sommer erklärt, dass die Ertragskraft der
Lebensversicherer noch etliche Jahre ausreiche.
17 Dec 2012
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
Bundesrat
Bundesregierung
Altersvorsorge
Geldanlage
Banken
Lebensversicherung
Wolfgang Schäuble
Versicherung
Riester-Rente
Lebensversicherung
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