# taz.de -- Warnung vor staatlicher Überregulierung: Joachim Gauck wirbt für … | |
> Der Bundespräsident findet die negative Bedeutung des Begriffs | |
> „neoliberal“ komisch. In einer Rede verteidigt er Wettbewerb und warnt | |
> vor zu viel Staat. | |
Bild: Für Wettbewerb, aber auch für die Unterstützung sozial Schwacher: Gauc… | |
BERLIN rtr/afp | Bundespräsident Joachim Gauck hat vor der Gefahr eines zu | |
stark regulierenden Staates gewarnt und den Wettbewerbsgedanken verteidigt. | |
„Ungerechtigkeit gedeiht nämlich gerade dort, wo Wettbewerb eingeschränkt | |
wird“, sagte Gauck am Donnerstag in einem Festvortrag laut Redetext in | |
Freiburg. | |
„Auch gut gemeinte Eingriffe des Staates können dazu führen, dass Menschen | |
aus- statt eingeschlossen werden“, warnte Gauck. Mit Hinweis auf die | |
„Agenda 2010“-Reformen sprach er von einer „aktivierenden Sozialpolitik�… | |
die Menschen helfen müsse, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. | |
Wenige Wochen nach Bildung der großen Koalition und des Scheiterns der FDP | |
an der Fünf-Prozent-Hürde zum Einzug in den Bundestag betonte der | |
Bundespräsident zwar, dass er sich mit Urteilen zur Tagespolitik | |
zurückhalten müsse. Er könne aber seine „Haltung“ beschreiben. | |
In den vergangenen Wochen hatten Wirtschaftsverbände kritisiert, dass CDU, | |
CSU und SPD sich in den Koalitionsverhandlungen auf eine Fülle neuer | |
Vorschriften für Unternehmen geeinigt hatten, die vom Mindestlohn über | |
Frauenquoten in den Führungsetagen der Dax-Konzerne bis zur Rente mit 63 | |
Jahren für langjährige Versicherte reichen. | |
## Politik muss Wirtschaft Grenzen setzen | |
Der Bundespräsident bezeichnete es mit Verweis auf die sogenannte | |
Freiburger Schule liberaler Wirtschaftswissenschaftler als „merkwürdig“, | |
dass der Begriff „neoliberal“ heute so negativ besetzt sei. „In unseren | |
öffentlichen Debatten ...wünsche ich mir mehr intellektuelle Redlichkeit | |
und auch etwas mehr historisches Bewusstsein und Anerkennung für das breite | |
Spektrum des Liberalismus in unserem Land“, betonte er. | |
Gauck lobte zudem, dass es in der Nachkriegszeit in West-Deutschland | |
gelungen sei, eine soziale Marktwirtschaft mit einem möglichst freien | |
Wettbewerb durchzusetzen – durchaus auch gegen den Widerstand von | |
Gewerkschaften und Industrie. | |
„Gewerkschaften hofften in den ersten Nachkriegsjahren auf Verstaatlichung, | |
Industrievertreter auf Rückkehr zu liebgewordenen Kartellen.“ Die | |
Ordnungspolitik etwa durch das Bundeskartellamt und die Europäische | |
Kommission hätten geholfen, zu große wirtschaftliche Machtballungen zu | |
verhindern. | |
Zugleich plädierte Gauck jedoch dafür, Kinder aus bildungsfernen Familien | |
mehr als bisher bei ihrer Ausbildung zu unterstützen. Außerdem müssten sich | |
global agierende Konzerne weltweiten Regeln unterwerfen, forderte Gauck. | |
Die Finanzkrise habe gezeigt, dass Politik der Wirtschaft auch einen Rahmen | |
setzen müsse. | |
16 Jan 2014 | |
## TAGS | |
FDP | |
Joachim Gauck | |
Große Koalition | |
Neoliberalismus | |
Wettbewerb | |
Bundespräsident | |
Arbeitsmarkt | |
Liberalismus | |
SPD | |
Protestbewegung | |
Freiheit | |
Schwerpunkt Finanzkrise | |
Olympische Spiele | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Die NPD und der Bundespräsident: „Widerlich, ekelig, unappetitlich“ | |
Durfte Joachim Gauck die NPD harsch angehen? Darüber entscheidet nun das | |
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Richter tendieren zur | |
Redefreiheit. | |
Globaler Arbeitsmarkt: Krise ohne Ende | |
Die Zahl der Arbeitslosen ist weltweit um fünf Millionen gestiegen. Laut | |
der Internationalen Arbeitsorganisation sind Jugendliche besonders stark | |
davon betroffen. | |
Liberalismus bei John Stuart Mill: Eine mögliche gute Regierung | |
Von der repräsentativen Demokratie sind heute viele Menschen | |
ausgeschlossen. John Stuart Mill erinnert daran, was Liberalismus sein | |
könnte. | |
Debatte Kreativität der Linken: Keine Idee, nirgends | |
SPD und außerparlamentarische Opposition leiden unter denselben Symptomen: | |
fehlende Kreativität und „Wurstegal-Haltung“. | |
Diskussion über Protest und Moral: Den Leviathan gibt es nicht | |
Kein Ausweg aus dem Neoliberalismus? Toni Negri und Byung-Chul Han | |
diskutierten am Mittwochabend in der Schaubühne. | |
Kommentar Freiheit: Das Codewort lautet Emanzipation | |
Die Opposition definiert sich über Gerechtigkeit. Der Aspekt Freiheit wird | |
dabei oftmals ausgeblendet. Das geschieht völlig zu Unrecht. | |
Politisches Buch zur Finanzkrise: Wer Schulden hat, wird regierbar | |
Die Finanzkrise ein Paradoxum? Maurizio Lazzarato versucht in seinem Essay | |
„Die Fabrik des verschuldeten Menschen“ die Entwicklungen zu erklären. | |
Neoliberales London: „Wir müssen die Klassen abschaffen“ | |
London, „Brutstätte und Multiplikator der Deregulierung“, könnte | |
Ausgangspunkt für eine neue Linke sein. Das hofft Doreen Massey, | |
kritisch-materialistische Stadtforscherin. |