# taz.de -- Die NPD und der Bundespräsident: „Widerlich, ekelig, unappetitli… | |
> Durfte Joachim Gauck die NPD harsch angehen? Darüber entscheidet nun das | |
> Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Richter tendieren zur | |
> Redefreiheit. | |
Bild: Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle legt zu Beginn der Verhandlung sein … | |
KARLSRUHE taz | Muss Bundespräsident Joachim Gauck immer neutral und | |
sachlich sein? Oder darf er die Anhänger der NPD auch mal als „Spinner“ | |
bezeichnen? Das wird demnächst das Bundesverfassungsgericht entscheiden, | |
das am Dienstag über eine Organklage der rechtsextremen Partei gegen Gauck | |
verhandelte. | |
Anlass war eine Diskussion mit Berliner Schülern im August 2013. Gauck | |
hatte damals im Zusammenhang mit der NPD Bürger gelobt, „die auf die Straße | |
gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufzeigen“. Die NPD klagte, der | |
Bundespräsident habe damit die Chancengleichheit der Parteien verletzt. | |
Die Verfassungsrichter besorgten sich daraufhin einen Tonbandmitschnitt und | |
hörten sogar noch mehr Meinungsstarkes. So bezeichnete Gauck rechtsextreme | |
Gedanken als „widerlich“, „ekelig“ und „unappetitlich“. Ein Verbot … | |
habe aber nur begrenzten Wert, denn „die Spinner, Ideologen und Fanatiker | |
haben wir damit nicht aus der Welt geschafft“. | |
NPD-Anwalt Peter Richter sah darin eine Verletzung der Neutralität: „Wer | |
über den Parteien stehen soll, darf sich nicht in den Wettbewerb der | |
Parteien einmischen.“ Gauck selbst erschien nicht vor Gericht. Dessen | |
Rechtsvertreter Joachim Wieland hielt aber dagegen: Der Bundespräsident sei | |
zwar grundsätzlich zu Neutralität verpflichtet. Die Erfüllung seiner | |
Aufgaben habe aber Vorrang. „Vor Gefahren für das Grundgesetz muss er auch | |
dann warnen, wenn sie von konkreten Parteien ausgehen.“ | |
Der NPD-Anwalt ließ das nur teilweise gelten. Angriffe, die auf Parteien | |
zielten, nannte er „ausgeschlossen“. Er erinnerte daran, dass Gaucks | |
Äußerungen mitten im Wahlkampf zur Bundestagswahl fielen. Richter pochte | |
darauf, dass der Bundespräsident sachlich bleiben müsse. „Es geht nicht, | |
dass er NPD-Mitglieder als Spinner, das heißt ’leicht geisteskrank‘, | |
bezeichnet.“ | |
Gaucks Vertreter Wieland konterte: „Der Bundespräsident muss so reden, dass | |
er verstanden wird, er darf vor Schülern also auch Worte der Umgangssprache | |
benutzen.“ Im Übrigen habe der Bundespräsident „kein Polemikverbot“. | |
## Gericht muss Maßstäbe setzen | |
## | |
Der Streit hat grundsätzliche Bedeutung, weil sich im Grundgesetz nur wenig | |
Vorgaben für die Arbeit des Bundespräsidenten finden. Das | |
Bundesverfassungsgericht muss nun also erst selbst die Maßstäbe festlegen, | |
an denen es dann die NPD-Klage messen wird. | |
Gaucks Vertreter Wieland warb darum, dem Bundespräsidenten möglichst wenig | |
Vorgaben zu machen. „Das Grundgesetz vertraut darauf, dass der | |
Bundespräsident die richtigen Worte findet.“ Er könne im Gespräch mit den | |
Bürgern auch nicht jedes Wort mit seiner Rechtsabteilung abklären. | |
Die Verfassungsrichter wollten Joachim Gauck mit der überraschend schnell | |
angesetzten Verhandlung offensichtlich einen Schuss vor den Bug verpassen. | |
Seine „Spinner“-Äußerung werden sie aber vermutlich nicht beanstanden. | |
Darauf deuteten die Fragen in der Verhandlung. Das Urteil wird in einigen | |
Monaten verkündet. | |
25 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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